Serie Duisburger Geschichte und Geschichten Kleine Duisburger Fahrradgeschichte

Duisburg · "Wie auf Adlers Flügeln so sicher und leicht, wird mit der Schwalbe das Ziel erreicht." So hieß einst ein Werbeslogan der in Wanheimerort ansässigen Fahrradfabrik Schwalbe, die in der Stadt Marktführer war, aber 1930 stillgelegt wurde.

 Briefkopf der Duisburger Fahrradfabrik Schwalbe.

Briefkopf der Duisburger Fahrradfabrik Schwalbe.

Foto: christoph reichwein (Fundstellen: Stadtarchiv Duisburg)

Von den heutigen Hightech-Rädern konnten die Radler vor fast 120 Jahren nur träumen. Gleichwohl waren die damaligen sportlichen Leistungen absolut beeindruckend. Der Champion, Karl Todt aus Duisburg, bezwang die 620 Kilometer lange Strecke Basel-Kleve 1908 in sensationellen 25,52 Stunden - nonstop wohlgemerkt.

Die Weiterentwicklung der Fahrradtechnik schaffte die Voraussetzungen für die Ende des 19. Jahrhunderts einsetzende Massenproduktion. In den 1880er Jahren war der Kettenantrieb in England auf den Markt gekommen. Dann ging es Schlag auf Schlag: John Boyd Dunlop erfand den Luftreifen und 1903 wurde der Freilauf "Torpedo" herausgebracht, auch schon mit Rücktrittbremse. Damit wurde das Fahrrad zum Alltagsverkehrsmittel der Moderne. "Velocypeds" waren der Renner im Duisburg des vorigen Jahrhunderts.

 Die "Schwalbe" Nr. 25 wurde im Katalog als "sehr apartes Modell" mit "vollkommenster Konstruktion" angepriesen.

Die "Schwalbe" Nr. 25 wurde im Katalog als "sehr apartes Modell" mit "vollkommenster Konstruktion" angepriesen.

Foto: Christoph Reichwein

Mit steigender Nachfrage nach industriell gefertigten Fahrrädern schlug auch die Stunde der Fahrradproduktion in Duisburg. Gleich zwei Fabriken entstanden hier. Marktführer war die Fahrradfabrik "Schwalbe" in Duisburg-Wanheimerort, Schmiedestraaße 12. Die Geschäfte der Familie Bieber liefen gut. Legendär ist der Werbeslogan für das Modell "Schwalbe": " Wie auf Adlers Flügeln so sicher und leicht, wird mit der Schwalbe das Ziel erreicht". Mit steigender Nachfrage entschieden sich die Eigentümer für eine Erweiterung an der Düsseldorfer Chausee 61/63. Die Mitarbeiterzahl wuchs auf 60. 1929/30 wurde die Fabrik allerdings still gelegt. Gerüchte über den aufwendigen Lebenswandel der Familie Bieber und Fehler in der Unternehmensführung kursierten damals.

Aber es gab in Neudorf, Bismarckstr. 118/120, noch eine weitere Fahrradfabrik: 1925 firmierte sie unter "A.W.C. - Amelung, Wittig & Co." Der Betrieb überstand die Weltwirtschaftskrise und die Verkaufszahlen stiegen wieder an. Der Zweite Weltkrieg war eine gewaltige Zäsur, aber mit der Montage gebrauchter Fahrradteile gelang 1947 auf der Heerstraße 202 der Neustart. Amelung kooperierte damals mit dem Großhändler Heinrich Maaßen. Der Vertrieb erfolgte unter dem Markennamen "Mercator-Räder". In den 50er und 60er Jahren wurde die Produktpalette mit Jugend- und Klapprädern erweitert. Sogar ein Moped wurde produziert. Alte Duisburger erinnern sich an das legendäre Moped "Hexe", das nach dem Familienhund benannt wurde. Doch die Marktverhältnisse änderten sich. Die Firma geriet in schwieriges Fahrwasser. Motorisierung und Billigkonkurrenz aus dem Ausland führten dazu, dass das Duisburger Unternehmen 1972 schließen musste. Nach Ölkrise und Strukturwandel wurde die Fahrrad- und Zubehörproduktion zunehmend nach Asien verlagert.

 Ausschnitt aus einer Zeitungsanzeige.

Ausschnitt aus einer Zeitungsanzeige.

Foto: Christoph Reichwein

Jedes zweite in Deutschland verkaufte Fahrrad wird übrigens importiert. Wichtigstes Herkunftsland mit mehr als einer halben Million Rädern ist Kambodscha, gefolgt von Taiwan, dem Sitz von Weltmarktführer Giant. Der Fahrradtourismus auf dem Ruhrtalweg boomt und schafft neue Arbeitsplätze in der Gastronomie. Heute ist Fahrrad fahren wieder angesagt und der "elektrische Rückenwind" steigert die Lust am Radeln. "2,42 Mrd. € und 12 % Umsatzsteigerung im Vergleich zum Vorjahr", meldet der Zweirad-Industrie-Verband (ZIV). Noch ist der erste Radschnellweg - RS1 - der Republik eine optimistische Vision: Ein Schnellweg für Pendler, Touristen und alle, die sich mit dem Fahrrad schnell auf der Achse zwischen Hamm und Duisburg bewegen möchten. Schöne Perspektiven - jetzt muss nur noch das Wetter mitspielen.

Quelle: Dr. Susanne Sommer, Frisch Auf ! Eine kleine Duisburger Fahrradgeschichte, KSM, Infoblattsammlung Nr.13, 1998.

(RP)
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