Erben Und Vererben Eine Serie Von Rheinischer Post Und Sparkasse Duisburg Im Zweifelsfall immer beraten lassen

Duisburg · Der Ruhrorter Notar Dirk Grotstollen erklärt, wann bei Erbschaftsangelegenheiten ein Experte eingeschaltet werden sollte.

 Dirk Grotstollen ist Rechtsanwalt und Notar. Er lebt und arbeitet in Ruhrort.

Dirk Grotstollen ist Rechtsanwalt und Notar. Er lebt und arbeitet in Ruhrort.

Foto: Reichwein

Einen Notar einzuschalten, kann schnell viel Geld kosten, ob beim Verfassen und Beurkunden eines Testaments oder bei der Formulierung von Patientenverfügung, Vorsorge- und Betreuungsvollmacht. Der Ruhrorter Notar Dirk Grotstollen erklärt, wann es trotzdem ratsam ist, einen Experten einzuschalten, und wann man darauf auch verzichten kann.

Herr Grotstollen, ein Testament kann doch jeder selbst verfassen. Warum sollte ich Geld für einen Notar ausgeben?

Grotstollen Zuerst muss man wissen, ob ein Testament überhaupt nötig ist. Das braucht man ja nur, wenn man etwas anderes regeln will nach dem Tod als das, was das Gesetz vorsieht. Dazu muss man aber wiederum wissen, was genau das Gesetz vorsieht und wie die gesetzliche Erbfolge funktioniert. Wer sich da auskennt, braucht keinen Notar. Derjenige kann dann selbst entscheiden und für sich die Frage beantworten: Kann ich mit der gesetzlichen Erbfolgeregelung leben oder will ich etwas anderes? Doch wer sich nicht auskennt und unsicher ist, was er in seinem Testament wie formulieren sollte, der sollte einen Notar aufsuchen. Das Schlimmste, was Sie tun können, ist, etwas zurechtzuschustern und dabei juristische Begriffe zu verwenden, die den Erben später Probleme bereiten. Dann gibt es nur Streit, und das will sicherlich keiner.

Muss das denn ein Notar sein, kann ich nicht auch einen Rechtsanwalt hinzuziehen?

Grotstollen Ja, das kann auch ein Rechtsanwalt, vorzugsweise ein Fachanwalt für Erbrecht machen. Notare erledigen das Gleiche aber für weniger Geld. Denn der Rechtsanwalt darf nur beraten und das Schriftstück aufsetzen, nicht aber beurkunden. Das muss ein Notar machen. Also zahlt man doppelt: für die Beratung durch den Rechtsanwalt und für die Beurkundung durch den Notar. Geht man dagegen sofort zu einem Notar, ist dessen Beratung inklusive, wenn er danach auch beurkundet.

Wenn ich mein Testament selbst verfassen möchte, worauf muss ich achten?

Grotstollen Es muss komplett mit der Hand geschrieben sein, auf keinen Fall mit Schreibmaschine oder Computer. Oben sollte stehen: "Testament" oder "Mein letzter Wille", darunter das Datum und der Ort. Dann schreiben Sie "Im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte verfüge ich, dass nach meinem Tod...." Darunter müssen Sie unterschreiben - das war's.

Wer sollte auf jeden Fall ein Testament verfassen?

Grotstollen Ich rate alleinstehenden Personen ohne nähere Angehörige, Ehepaaren/Lebenspartnern ohne Kinder und Patchwork-Familien dazu. Und sie sollten sich auf jeden Fall beraten lassen. Denn viele wissen nicht: Haben zum Beispiel Ehepaare/Lebenspartner ohne Kind keinen Ehevertrag und kein Testament gemacht, erben im Falle des Todes die Eltern des Verstorbenen (und wenn die nicht mehr leben, die Geschwister) mit. Ich hatte gerade wieder einen solchen Fall: ein älteres Ehepaar, sie stirbt, er will das Grundbuch, in dem sie beide als Eigentümer stehen, auf sich umschreiben lassen. Da die Eltern der Frau verstorben waren, musste ich ihm leider sagen: Das geht nicht so einfach. Die vier Geschwister Ihrer verstorbenen Frau erben zu einem Viertel mit, jeder der Geschwister also zu einem Sechzehntel. Da die Geschwister nicht verzichten wollten, musste er ihnen dann ihren Erbteil auszahlen, was er sich kaum leisten konnte. Und so geht es ganz oft, weil viele Ehepaare sich dieser Regelung nicht bewusst sind. Böse Überraschungen wie diese lassen sich vermeiden, indem man einmal ein wenig Geld ausgibt und sich beraten lässt. Das Testament kann man ja dann immer noch selbst verfassen, indem man sich gegenseitig zum Alleinerben einsetzt. Beide unterschreiben, fertig. Dann erben die Geschwister nicht mit, denn diese haben keine Pflichtteilsansprüche.

Sie erwähnten zuvor auch Patchwork-Familien.

Grotstollen Auch ein wichtiges Beispiel, bei dem ich unbedingt zu einer Beratung rate: Ehegatten leben zusammen, haben gemeinsam ein oder mehrere Kinder, jeder hat zudem aus einer anderen Beziehung auch noch Kinder. Das ist erbrechtlich nicht einfach, auch steuerlich muss man aufpassen. Es sollte genau geklärt werden, wer das Vermögen einmal bekommen soll. Nur der Ehepartner, dann bekommen die Kinder nur Pflichtanteile. Oder aber alle bekommen das Gleiche. Hier sollte ein Notar unbedingt beraten und dann auch ganz genau formulieren. Denn wenn man das nicht macht, ist es am Ende vom Zufall abhängig, wer was bekommt. Und das sollte ja nicht sein.

Wo deponiere ich das Testament eigentlich am besten?

Grotstollen Das ist eine wichtige Frage, denn es ist ja von großer Bedeutung, dass es nach einem Sterbefall auch gefunden wird. Hat ein Notar das Testament beurkundet, hinterlegt er es beim zuständigen Amtsgericht und macht eine Meldung ans Zentrale Testamentsregister, dass dort ein Testament liegt. Beim selbst verfassten Testament dagegen muss man dafür sorgen, dass es auch gefunden wird, und zwar von der richtigen Person. Wer nicht begünstigt ist, könnte ja auch auf die Idee kommen, das Testament verschwinden zu lassen und so zu tun, als hätte es das Schriftstück niemals gegeben. Allerdings stellt das "Verschwinden lassen" eines Testaments eine Straftat dar.

Eine abschließende Fragen zum Thema Patientenverfügung, Vorsorge- und Betreuungsvollmacht: Ich kann das alles von einem Notar machen lassen. Ich kann aus dem Internet aber auch kostenlos Formulare herunterladen und ausfüllen. Warum sollte ich also Geld dafür bezahlen?

Grotstollen Die Formulare aus dem Internet sind genauso wirksam. Aber viele Menschen lesen sich gar nicht so genau durch, was sie da ankreuzen, oder sie verstehen es nicht richtig. Ein Notar wiederum liest alles vor, erklärt und stellt sicher, dass sein Gegenüber auch wirklich alles verstanden hat. Bei so einem wichtigen Thema muss jeder für sich selbst entscheiden, was für ihn am besten ist. Diskussionen mit Ärzten oder Richtern über die Wirksamkeit solcher Ankreuz-Verfügungen vermeidet man aber jedenfalls mit einer notariell beurkundeten Erklärung.

SANDRA KAISER FÜHRTE DAS GESPRÄCH MIT DIRK GROTSTOLLEN.

(RP)
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