Duisburg Im goldenen Überwachungsstaat

Duisburg · Die Deutsche Oper am Rhein Düsseldorf/Duisburg übernahm ihre neue Produktion der Oper "Don Carlo" nach Schiller von Giuseppe Verdi erfolgreich in ihr Duisburger Haus. Das Bühnenbild von Alfons Flores ist der Star des Abends.

 Eine großartige Bühnenkulisse und ein vorzügliches musikalisches Niveau: Die Aufführung des "Don Carlo" war der Rheinoper würdig. Für die weiteren Aufführungen gibt es noch Karten.

Eine großartige Bühnenkulisse und ein vorzügliches musikalisches Niveau: Die Aufführung des "Don Carlo" war der Rheinoper würdig. Für die weiteren Aufführungen gibt es noch Karten.

Foto: Hans Jörg Michel

Für menschliche Beziehungen, ob Freundschaft oder Liebe, ist im Spanien Philipps II. - das war historisch um 1560 - kein Platz. Der König muss mit Marquis Posa einen Geistesverwandten töten lassen, sein Sohn Carlo muss Elisabetta aufgeben, die ihm einst versprochen war, und verliert am Ende ebenfalls sein Leben. Allein die Macht des Großinquisitors ist ungebrochen und stärker denn je. In seiner Oper "Don Carlo" nach Schillers Schauspiel "Don Carlos" (1787) findet Giuseppe Verdi erstmals zu einer Melodik, die ganz im Dienst des Dramas steht, und zu einer charakterisierenden Instrumentation, etwa wenn der Idealist Posa fast einen Heiligenschein aus hohen Holzbläsern erhält, der finstere Großinquisitor dagegen unter anderem das besonders tiefe Kontrafagott.

An der Deutschen Oper am Rhein, jetzt eben auch in Duisburg, wird die gängige Fassung in italienischer Sprache und in vier Akten gegeben, die 1884 in Mailand uraufgeführt wurde. Der Regisseur Guy Joosten zeigt im doppelten Sinne brennende Menschen: innerlich für ihre Ideale und äußerlich bei der Ketzerverbrennung. Alle Figuren sind in dieser Inszenierung Opfer der Macht eines Vaters - also eines Mannes, der "von oben" kommt, mit dem von der Kirche missbrauchten Gott an der Spitze. Die Traumszene zu Beginn ist inspiriert von dem historisch verbürgten Ereignis, dass dem geistig verwirrten Infanten Carlos zwecks Schocktherapie die Leiche seiens Großvaters, also Kaiser Karls V., ins Bett gelegt wurde. Für den Schluss wurde hier eine auch von Verdi autorisierte Version gewählt, bei der Philipp II. seinen Sohn tötet und die Stimme Karls V. Erlösung von allem irdischen Leben im Tod verheißt. Die kluge Personenführung erfreut den ganzen Abend hindurch. Dessen eigentlicher Star ist aber das Bühnenbild von Alfons Flores, das einen goldenen Überwachungsstaat zeigt, angeregt durch den Palazzo dei Diamanti in Ferrara. Schon bei Schiller wissen immer alle schon alles - hier wird es endgültig sinnfällig, dass die Wände nicht nur Ohren, sondern auch Augen haben.

Das musikalische Niveau war vorzüglich und somit der Rheinoper würdig. Die Hauptrollen sangen gute Gäste, nämlich die Titelpartie Gianluca Terranova, Filippo II. war Liang Li, und als Elisabetta rührte uns Celine Byrne. Sensationell intensive Rollendebüts gaben auch die beiden Ensemblemitglieder Sarah Ferede als Eboli und Bogdan Baciu als Rodrigo di Posa. Unbedingt erwähnt werden müssen Chor und Extrachor der Rheinoper, elegant auf den Punkt einstudiert von Gerhard Michalski. Als Dirigent ermunterte der Rheinopern-Kapellmeister Lukas Beikircher die Sänger und die Duisburger Philharmoniker zu einer hervorragend intonierten Legatokultur, die freilich etwas mehr Feuer hätte haben können.

Es gibt noch Karten für die weiteren Aufführungen am 17., 23. und 29. Juni sowie am 1. Juli, jeweils um 19.30 Uhr.

(RP)
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