Duisburg Identitäten im Fluss und im Hafen

Duisburg · In einer grandiosen Doppelausstellung präsentiert das Lehmbruck-Museum zum einen mit Lynn Hershman Leeson eine Pionierin der Medienkunst und zum anderen mit Jakub Nepras einen überzeugenden jungen Medienkünstler.

 Lynn Hershman Leeson in einer ihrer Installationen.

Lynn Hershman Leeson in einer ihrer Installationen.

Foto: Chr. Reichwein

Lynn Hershman Leeson (Jahrgang 1941) hat Kunstgeschichte geschrieben. Sie war "immer schon einen Schritt weiter als die anderen" heißt es über sie. Heute gilt die kalifornische Künstlerin als Pionierin der modernen Medienkunst. Am Samstag, 27. Februar, 16 Uhr, wird im Lehmbruck-Museum ihre Ausstellung "Liquid Identities" eröffnet, in der Schlüsselwerke aus den vergangenen 50 Jahren bis hin zu ganz neuen Arbeiten zu sehen sind. Parallel zu dieser Ausstellung zeigt das Lehmbruck-Museum als Beitrag zu den Akzenten eine Schau mit Werken des jungen tschechischen Künstlers Jakub Nepras (1981 in Prag geboren). Man könnte fast sagen, dass die Grande Dame der Medienkunst zusammen mit ihrem höchst talentierten Nachwuchs in Duisburg ausstellt. Die Doppelausstellung ist überwältigend; nicht zuletzt beweist sie, dass gute Medienkunst wirklich bedeutend sein kann und sich nicht in technischen Spielereien erschöpft.

 Jakub Nepras vor einem seiner ausgeklügelten Werke.

Jakub Nepras vor einem seiner ausgeklügelten Werke.

Foto: Chr. Reichwein

Lynn Hershman Leeson ging eigentlich aus der amerikanischen Frauenbewegung hervor. Als sie in den 60er Jahren in der Kunstszene Fuß fassen wollte, erkannte sie, dass ihr viele Türen verschlossen blieben, weil sie als Frau nicht ernst genommen wurde. Das änderte sich, als sie künstlerisch ganz neue Wege ging. Dazu gehörte beispielsweise, dass sie sich über Jahre eine zweite Identität zulegte; nämlich die der fiktiven Roberta, die sogar ein Bankkonto besaß: echter geht's nicht. Die Duisburger Ausstellung dokumentiert das. Natürlich kann man im Lehmbruck-Museum auch jene Werke von Lynn Hershmann Leeson erleben, die zu den Anfängen der interaktiven Kunst überhaupt führen. Da lockt beispielsweise ein Frauenlachen die Besucher an und animiert dazu, in eine fernglasartige Linse zu schauen. In dem dort gezeigten Video fordert eine schöne Frau den Betrachter auf, doch gefälligst wegzuschauen... Und wer durch ein kleines Loch in einem Vorhang linst, der blickt in einen Raum, wo eine nackte Frau den Betrachter zum Voyeur macht.

In ihren neueren Arbeiten beschäftigt sich Hershman Leeson mit künstlicher Intelligenz, Biotechnologie und dem Ringen um die eigene Identität, die permanent bedroht ist. Dabei nutzt sie äußerst fantasievoll die die Möglichkeiten der Computertechnik, die genau jene virtuellen Welten hervorzaubern, die einem Zauberlehrling zum Verhängnis werden können.

Während Lynn Hershman Leeson als künstlerische Direktorin technisch versierten Assistenten ihre Ideen nahebringt, die diese dann umsetzen, macht der junge tschechische Medienkünstler Jakub Nepras alles selber. Er schafft faszinierende Bildwelten, bei denen das Zusammenspiel von technischer Raffinesse und poetischer Schönheit faszinert. Man kann seine Werke als Metaphern für den Kulturtransfer eines Hafens sehen.

Die Ausstellungen bleiben bis zum 5. Juni im Lehmbruck-Museum. Die Sparkasse Duisburg hat die Ausstellung "Liquid Identities" von Lynn Hershman Leeson mit 25.000 Euro ermöglicht. In den vergangenen zehn Jahren unterstützte die Sparkasse das Lehmbruck-Museum mit insgesamt 750.000 Euro.

(pk)
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