Rp-Serie Duisburger Geschichte Und Geschichten Haniel mit Gespür für Marktchancen

Duisburg · Die Havarie der "Caledonia" markiert den Startschuss der Dampfschifffahrt auf dem Rhein vor 200 Jahren.

 Die "Caledonia" sorgte einst für Aufsehen: "Es laufen Räder durch das Wasser, welche durch Feuer angetrieben werden". Die Zeichnung des Dampfschiffs wird im Haniel-Archiv aufbewahrt.

Die "Caledonia" sorgte einst für Aufsehen: "Es laufen Räder durch das Wasser, welche durch Feuer angetrieben werden". Die Zeichnung des Dampfschiffs wird im Haniel-Archiv aufbewahrt.

Foto: haniel archiv

Die "Caledonia" ist der zweite Dampfer auf dem Rhein, schon 1816 hat die "Definance" durch eine Fahrt bis Köln die Anwohner zum Staunen gebracht. "Es laufen Räder durch das Wasser, welche durch Feuer angetrieben werden", beschreibt damals Matthias Mänß aus Wanheim seine Eindrücke. 1817 fährt James Watt junior, der Sohn des englischen Dampfmaschinen-Pioniers, mit der "Caledonia" auf dem Rhein stromaufwärts. Das Schiff ist in seiner Firma "Boulton, Watt & Co." mit zwei 25 PS-Dampfmaschinen ausgerüstet worden - ein "Hightech Produkt" . Es geht um den Leistungs- und Qualitätsnachweis der aktuell verfügbaren Technik. Doch ein Bruch des Balanciers (Dampfmaschinenteil) erschwert bei Wesel jäh die Weiterfahrt. James Watt junior fährt mit Hilfe der noch funktionierenden zweiten Maschine nach Ruhrort, baut den Balancier aus und bringt ihn nach Sterkrade. Die "Hüttengewerkschaft und Handlung Jacobi, Haniel & Huyssen" (JHH) baut das Dampfmaschinenteil aus Gusseisen nach. Keine einfache Reparatur, aber nach einigen Versuchen klappt es. Während seines Aufenthaltes in Ruhrort besucht James Watt Franz Haniel, Mitinhaber der JHH, der ihn zum Mittagessen im Ruhrorter Packhaus einlädt. Watt jr. lädt ihn im Gegenzug zu einer Probefahrt ein. Haniel erkennt sofort die Chancen der neuen Technologie aus England.

Die Begegnung mit James Watt jr. und seinem Raddampfer "Caledonia" habe ihn angeregt, selbst Dampfschiffe zu bauen, berichtet Franz Haniel in seinen Lebenserinnerungen. Mit dem Bedarf der jungen Dampfschifffahrtsgesellschaften am Rhein ist dann ab den 1820er Jahren der Anlass gegeben. Das Know-how kommt von der Fijenoord-Werft in Rotterdam: Von dort wirbt die JHH ein komplettes Team englischer und holländischer Schiffsbauer unter der Leitung des Engländers Nicholas Oliver Harvey ab. Sehr zum Ärger des Rotterdamer Werftdirektors. Englische Ingenieure sind gefragt. Fast alle deutschen Industriellen und Ingenieure pilgern nach England, um sich mit dem neuesten Stand der Maschinen-und Schiffsbautechnik vertraut zu machen. Im Ruhrgebiet herrscht Aufbruchstimmung. Unter Leitung Harveys errichtet die Hüttengewerkschaft und Handlung Jacobi, Haniel & Huyssen (JHH) im neuen Ruhrorter Inselhafen eine Halle für den Bau von Dampfschiffen sowie eine Werkstatt für den Dampfkesselbau. Die Dampfschiffswerft wird in der Rekordzeit von neun Monaten errichtet. Danach geht es Schlag auf Schlag. Die Werft beginnt mit der Konstruktion und dem Bau des ersten eigenen Dampfers. Dazu werden englische und holländische Werftarbeiter ins Land geholt. Der Einkauf des know how der englischen Arbeiter hat ihren Preis. Deren Jahresgehalt beträgt fast 900 Taler, nur 200 Taler weniger als das von Direktor Lueg. Bald darauf ist es soweit: Im Jahr 1830 erfolgt der Stapellauf der "Stadt Mainz", dem ersten auf einer deutschen Werft erbauten Raddampfer. Wieder einmal hatte Franz Haniel das Gespür für neue Marktchancen bewiesen. Er beherrscht wie kein anderer die Kunst, sich veränderten Bedingungen geschickt anzupassen. Das gilt bis zum heutigen Tage. "Die Geschichte der Haniels ist die eines Chamäleon-Unternehmens", schreibt das Handelsblatt. Es ist noch da, weil es sich immer anpassen konnte. So ist die Haniel-Reederei längst Geschichte. Stattdessen will man am Franz-Haniel-Platz, das Unternehmensportfolio neu ausrichten. Der Haniel Vorstand hat nunmehr die Pioniere im Silicon Valley im Blick. Ziel ist es, herauszufinden, welche der dortigen Entwicklungen Impulse für die eigenen Geschäfte liefern können.

So wandelt sich das Unternehmen zum globalen Handels- und Dienstleistungskonzern, der digitale Produkte entwickelt und diese in kürzester Zeit zur Marktreife bringen will.

(RP)
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