Duisburg Gefühlsexplosionen auf der Bühne

Duisburg · Die englischsprachige Theatergruppe der Universität feierte Premiere mit dem großartigen Schauerstück "Am Katzenmoor" der irischen Autorin Marina Carr. Das Schauspiel-Ensemble bekam für seine respekteinflößende Leistung einen Riesenapplaus.

 Die Eltern streiten sich ums Kind. Szene mit Elisabeth Kiene als rachsüchtige Kämpferin Hester Swane, Shaheryar Sha als zweifelnder Heiratsschurke Carthage Kilbride und Nora Kubernus als siebenjährige Josie.

Die Eltern streiten sich ums Kind. Szene mit Elisabeth Kiene als rachsüchtige Kämpferin Hester Swane, Shaheryar Sha als zweifelnder Heiratsschurke Carthage Kilbride und Nora Kubernus als siebenjährige Josie.

Foto: Duet

Man konnte es schon im Vorfeld ahnen, dass die Aufführung in dramatische Grenzbereiche führen wird. Und so ist es denn auch, wie man jetzt bei der Premiere der aktuellen Produktion der englischsprachigen Schauspielgruppe der Universität Duisburg-Essen (DUET) erleben konnte: "Am Katzenmoor" (im englischen Original: "By the Bog of Cats") ist schlichtweg eine Wucht. Die Bühnenakteure müssen ihr Äußerstes geben, um die Gefühlsexplosionen, die die irische Autorin Marina Carr ins Textbuch geschrieben hat, umzusetzen. Sie machen es mit Bravour!

Das Stück spielt in einer irischen Moorlandschaft. Im Mittelpunkt steht Hester Swane, eine 40-jährige Frau, die als Siebenjährige von ihrer Mutter verlassen wurde. Das Stück setzt an dem Tag ein, als Hester wiederum verlassen werden soll. Und zwar von dem Mann, mit dem sie jahrelang zusammenlebte und der Vater ihrer siebenjährigen Tochter ist. Carthage Kilbride (hervorragend gespielt von dem bewährten Ensemblemitglied Shaheryar Shah) verlässt Hester, um die junge Caroline zu heiraten, deren Vater dem Bräutigam eine ganze Farm als Mitgift verspricht. Dass all das nicht gutgehen kann, steht von Anfang an fest. Hester ist keine Frau, die ein zweites Mal verlassen werden möchte. Hester ist sogar viel mehr: Sie ist eine irische Medea, deren Rachebedürfnis auch vor der Selbstzerstörung nicht Halt macht.

All das wird vom englischsprachigen Uni-Theater, das vom bewährten Regieduo Nicole Winkler und Ulrike Wright durch die moorigen Abgründe des Schauerstücks sicher geleitet wird, schauspielerisch gekonnt rübergebracht. Besonders von der Darstellerin der Hester (Elisabeth Kiene) wird viel verlangt. Sie ist zum einen eine bemitleidenswerte, vom Glück und vom Mann Betrogene, zum anderen aber auch ein weibliches Monster, das seinen Willen mit allen Konsequenzen durchsetzt. Auch vor Mord hat sie nicht zurückgeschreckt, wie im Laufe des Stücks klarwird. Mit Vernunftgründen ist dieser Hester nicht beizukommen.

Autorin Marina Carr überhöht die Geschichte der grauenvollen Rächerin, indem sie das Geschehen teilweise dem Wirklichkeitsbereich entzieht. Da tritt beispielsweise gleich zu Beginn ein Sensenmann aus dem Jenseits auf, der unverrichteter Dinge abzieht, weil er den Sonnenaufgang mit dem Sonnenuntergang verwechselt hat. Eine hexenartige Frau, "The Catwoman", ist eine skurrile blinde Seherin, die kundtut, dass Hester nicht länger leben wird als ein schwarzer Schwan. Und genau jenen hat Hester am Morgen tot und erfroren gefunden... Und nicht zuletzt taucht Hesters Halbbruder (Julian Friedl) mit durchgeschnittener Kehle aus dem Jenseits auf, ermordet von Hester, weil sie einst eifersüchtig auf die Liebe der Mutter zu ihrem Sohn war.

Kann man das alles als Zuschauer ertragen? Ja!, heißt die eindeutige Antwort. Das Stück ist ein Fest für Schauspieler, die die Amplitude der menschenmöglichen Gefühlsregungen voll auskosten können. Nicht zuletzt gibt es immer wieder emotionale Pausen fürs Publikum, das an einigen Stellen befreit lachen kann. Etwa wenn die überkandidelte Mutter des Bräutigams ihre selbstverliebten Tiraden loslässt (herrlich gespielt von Nadine Kreischer) oder auch die trockene Prophezeiung von Catwoman (exzellent: Eva Heinold), die als einzige "gute Vorhersage" von "zwei getrennten Grabsteinen" für das Hochzeitspaar spricht. Vorzüglich spielt Nora Kubernus die siebenjährige Tochter mit ihrer fatalen Naivität.

Applaus verdienen auch Technik und Bühne sowie das nette Programmheft, in dem sich die Ensemblemitglieder selber kurz vorstellen. Michelle Breutkreutz, die im Stück Nachbarin Monica spielt, verrät da sogar ihr Lebensmotto: "Akzeptiere, was du nicht ändern kannst, ändere, was du nicht akzeptieren kannst."

Weitere Aufführungen sind heute um 19.30 Uhr und am Samstag um 17.30 Uhr in der Aula an der Geibelstraße 41 (Duisburg-Neudorf).

(pk)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort