Duisburg Feinzeichnung und Orchester-Kracher

Duisburg · Im Philharmonischen Konzert in der Mercatorhalle dirigierte Aziz Shokhakimov, geboren 1988 und seit 2015 Kapellmeister an der Rheinoper, ein rein russisches Programm.

 Aziz Shokhakimov

Aziz Shokhakimov

Foto: Iliya Kononov

Er ist schon ein Überflieger, der 1988 in der usbekischen Hauptstadt Taschkent geborene Aziz Shokhakimov. Sein Debüt als Dirigent gab er im Alter von 13 Jahren mit dem Nationalen Sinfonieorchester Usbekistan, seit 2015 ist er Kapellmeister an der Deutschen Oper am Rhein Düsseldorf/Duisburg. Da waren viele Zuhörer gespannt, wie er das jüngste, vierte Philharmonische Konzert gestalten würde.

Doch zuerst die Dame. Das mittlere der drei Werke auf dem rein russischen Programm waren die Variationen über ein Rokoko-Thema für Violoncello und Orchester op. 33 (1876/77) von Peter Tschaikowsky. Die Solistin war die russische Cellistin Tatjana Vassiljeva, die einst in Berlin bei David Geringas studierte. Sie stürzte sich mit Feuer und Flamme in die beliebte Komposition, schoss dabei aber leider manchmal über das Ziel hinaus. Einige Stellen liefen aus dem Rubato-Ruder, und das hier war sicherlich nicht das klangliche Optimum ihres Stradivari-Cellos. Das kam bei weitem nicht heran an die erstklassige Aufführung dieses Stückes vor gut acht Jahren am selben Ort durch Sol Gabetta und die Dirigentin Anu Tali. Interessant immerhin Vassiljevas Zugabe, das Präludium aus der ersten Cellosuite von Johann Sebastian Bach.

War in den Rokoko-Variationen Feinzeichnung gefragt, gab es als Rahmen zwei Orchester-Kracher. Der eine war die klangvolle und überhaupt meisterhafte Suite aus der 1904 vollendeten Oper "Die Legende von der unsichtbaren Stadt Kitesch und der Jungfrau Fewronia" von Nikolai Rimsky-Korsakow. Die Konzertfassung erstellte Rimskys Lieblingsschüler Maximilian Steinberg, der übrigens (wie Geringas) aus Duisburgs heutiger litauischer Partnerstadt Vilnius stammte. Ort der legendären deutschen Erstaufführung dieser Oper mit dem vielleicht längsten Titel überhaupt im Jahr 1935 war das Theater Duisburg. Der andere Kracher war jene dreiviertelstündige Sinfonie Nr. 5 d-Moll op. 47, mit deren Neo-Mahlerismen Steinbergs bedeutendster Schüler Dmitri Schostakowitsch 1937 die stalinistische Kulturbürokratie überlistete und zugleich den Durchbruch zu seinem Weltruhm schaffte.

Der 28 Jahre junge Dirigent wandelt schon recht beachtlich auf dem schmalen Grat zwischen Detailbewusstsein und leidenschaftlichem Musizieren. Das ist vielversprechend, auch wenn noch nicht alles ausgereift erscheint. Manchmal stimmt die Balance zwischen den verschiedenen Orchestergruppen nicht, und alles wirkt etwas zu laut. Die Duisburger Philharmoniker halfen ihm vor allem mit ihrer enormen Schostakowitsch-Kompetenz.

(hod)
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