Rp-Serie Duisburger Geschichte Und Geschichten Exotenschauen fürs staunende Volk

Duisburg · "Rothäute", Afrikaner und Chinesen wurden vor mehr als hundert Jahren dem staunenden Duisburger Publikum präsentiert. Später löste das Kino die Exotenschauen ab. Aber der unterschwellige Rassismus blieb.

Die herabwürdigende Zurschaustellung von Menschen aus anderen Kulturkreisen war Ende des 19. Jahrhunderts im Kaiserreich sehr beliebt. Pionier war Carl Hagenbeck mit seiner Völkerschau mit Lappländern. "Exoten" wurden damals in Wild-West-Shows, Varietés und Gaststätten präsentiert - auch in Duisburg mit seiner blühenden Industrie und einem aufstrebenden Bürgertum.

Eine spektakuläre Attraktion war am 19. Mai 1891 die Buffalo Bill Show. Die wilden indianischen Reiter mit den grellbemalten Gesichtern und ihr schrilles Kriegsgeschrei faszinierten die Duisburger. Spektakuläre Indianertänze und fiktive Gefechte mit Trappern erzeugten bei vielen Zuschauern ein Gefühl der Überlegenheit des weißen Mannes. Dass weiße Soldaten wenige Monate zuvor in Wounded Knee Hunderte Sioux niedermetzelten und ohne Gnade auf Frauen, Kinder, Flüchtende schossen, blieb unerwähnt. Der Duisburger Reporter ging nur am Rande auf diese Tragödie ein. Mit unverhohlenem Rassismus schrieb er: "Der jüngste Indianerkrieg hat die Rothäute abermals dezimiert und in wenigen Jahrzehnten werden sie ebenso wie die Büffel von der Erde verschwunden sein."

Aber nicht nur Indianer wurden als Exoten den neugierigen Blicken der Duisburger preisgegeben. Die Besucherwerbung "Ein Tag in Togo" im Jahr 1899 erfolgte durch große Anzeigen in der Presse. Die Getreide Börse am Beginn der Düsseldorfer Straße warb 1899 mit Kriegs- und Nationaltänzen, die von "fünfunddreißig Eingeborenen aus unserer deutschen Colonie Togo" vorgeführt wurden. Dazu wurden afrikanische Speisen im großen Saal serviert. Die Nachfrage des Publikums nach derartigen Vergnügungen wuchs. Andere Gaststätten und "Singspielhallen" zogen nach. Gastwirt Holtschneider an der Beekstraße ließ beispielsweise im Kaisersaal neben Akrobaten auch chinesische Damenkapellen auftreten, die den jeweils mehreren Hundert Zuschauern eine exotische Zerstreuung mit großen "Concerten" und tänzerischen Nummern lieferten. Für positive Stimmung sorgte der Ausschank von Salvatorbier. Für derartige "Lustbarkeiten" mussten die Veranstalter Steuern zahlen. Die Stadt Duisburg zeigte sich schon damals äußerst kreativ bei der Gestaltung der Steuereinnahmen.

Nach dem Ersten Weltkrieg sank die Beliebtheit für derartige "Events". Nicht nur wegen des Verlustes deutscher Kolonien. Hinzu kam, dass mit dem aufkommenden Medium Film eine starke Konkurrenz entstand, die noch spektakulärere Bilder aus einer exotischen, fremden Welt liefern konnte. Durch die Begeisterung des Duisburger Publikums für bewegte Bilder lösten die Kinos in den 20er Jahren die "Völkerschauen" allmählich ab. Das Medium wechselte, aber der mehr oder weniger starke Rassismus blieb.

Der Afrodeutsche Theodor Michael beschrieb in einer Lesung am 5. Juni im Kultur- und Stadthistorischen Museum eindringlich seine persönlichen Erfahrungen. Er hatte keine Wahl. Die Nische zum Überleben für Afrikaner boten damals nur Völkerschauen und das Filmgeschäft. Er übernahm Rollen als Komparse in rassistischen Filmen wie "Münchhausen", "Kongo-Express" oder "Carl Peters". Eine Postkarte "Mohameds Ostafrikaschau" aus dem Jahr 1928 zeigte ihn und seine Geschwister als primitive Afrikaner verkleidet, mit Federn im Haar, sie halten Lanzen und Schutzschilde in den Händen. Michael, auf dem Bild drei Jahre alt, steckt in einem Baströckchen. Selbst die NS-Filmstudios nutzten schwarze Statisten, die häufig in serviler Pose zu spielen hatten, um die vermeintliche Überlegenheit der angeblichen "Herrenrasse" herauszustellen. Zum Weiterlesen: Theodor Michael: "Deutsch sein und schwarz dazu: Erinnerungen eines Afro-Deutschen".

(RP)
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