Interview Achim Winkler "Ein Gehege ist ein guter Kompromiss"

Duisburg · Achim Winkler (55) bleibt noch mindestens bis 2021 Zoodirektor am Kaiserberg.

 Achim Winkler ist seit 2007 Direktor des Duisburger Zoos - und wird es auch weitere fünf Jahre bleiben.

Achim Winkler ist seit 2007 Direktor des Duisburger Zoos - und wird es auch weitere fünf Jahre bleiben.

Foto: Reichwein

Ist es richtig, dass Ihr Vertrag gerade verlängert wurde?

 Gerade sind im Zoo drei Schneeeulen geboren worden. Tierhaltung trägt hier zum Artenschutz bei. In manchen Fällen können Tiere dafür fit gemacht werden, wieder in die freie Natur zurückzukehren.

Gerade sind im Zoo drei Schneeeulen geboren worden. Tierhaltung trägt hier zum Artenschutz bei. In manchen Fällen können Tiere dafür fit gemacht werden, wieder in die freie Natur zurückzukehren.

Foto: Reichwein

Winkler Ja, das stimmt. Der Zoo hat befristete Vorstandsverträge - fünf Jahre ist hier üblich. Mein jetziger Vertrag läuft bis Ende dieses Jahres und wurde gerade für weitere fünf Jahre verlängert.

Was bedeutet es für Sie, Direktor des Zoos zu sein?

Winkler Mein Kindheitstraum war es seit eh und je, Zoodirektor zu werden. Ich habe mein ganzes Leben und die berufliche Entwicklung so aufgebaut, um irgendwann mal auf einem solchen Chefsessel sitzen zu können. Ich habe das Studium und die praktische Arbeit so angelegt, um die Grundlage für ein solches Berufsbild zu schaffen. Ich habe früher auch als Tierpfleger gearbeitet und Biologie studiert, in England und Südafrika.

Warum im Ausland?

Winkler Ich habe ganz bewusst im Ausland studiert, um meinen Horizont zu erweitern. In Südafrika war ich nach meinem Studium einige Jahre für die Nationalparkbehörde tätig, um die andere Seite der Zoo-Welt zu erfahren, das zu sehen, was man allgemein als die goldene Freiheit bezeichnet.

Schlägt Ihnen viel Kritik von Menschen entgegen, die Zootierhaltung kritisieren?

Winkler Tierschützer finden Zoos schon gut, Tierrechtler vielleicht nicht. Deshalb war es für mich auch wichtig, die andere Seite der Medaille zu erleben. Egal in welchen Schutzgebieten man sich aufhält, das sind letztlich auch nichts anderes als Zoos in Großformat. Natürlich können sich die Tiere dort weitgehend frei bewegen. Was wir hier im Zoo versuchen, ist nichts anderes, als die Natur zu kopieren. Denn auch in der freien Natur haben sie ihre festen Reviere. Das ist hier natürlich deutlich komprimierter, aber das bestreitet ja auch keiner.

Aber ist es nicht diese Komprimiertheit, die Tierrechtler kritisieren?

Winkler Komprimierter ist aus dem Grund in Ordnung, weil den Tieren hier in ihrem künstlichen Umfeld das geboten wird, was sie brauchen, während sie es sich in ihrem natürlichen Revier mühsam suchen und erarbeiten müssen. Speziell was die Nahrung anbelangt. Hier im Zoo wird sie vorbereitet und in kleinen Portionen über den Tag verteilt gegeben, so dass die Tiere beschäftigt sind. Ein Pflanzenfresser beispielsweise muss in der Natur von Pflanze zu Pflanze ziehen, bis er am Ende ausreichend Nahrung gefunden hat, ein Raubtier etliche Jagdversuche starten, bis es zum Erfolg kommt. Die Tiere benötigen hierfür natürlich viel mehr Platz.

Brauchen denn Tiere nicht die Bewegung?

Winkler Ein Zoogehege muss so gestaltet sein, dass ein Tier sein natürliches Verhaltensmuster ausleben kann. Deshalb sieht man ja, dass die Zoos sich im Laufe der Jahre drastisch gewandelt haben. Früher wurden die Tiere in kleinen gekachelten Gehegen gehalten, wo sie geistig und körperlich in keiner Weise gefordert wurden. Heute sind die Gehege großflächig, naturnah mit verschiedenen Gestaltungselementen, wo sich die Tiere austoben, verstecken, baden und interagieren können. Ein modernes Zoogehege ist zwar immer noch ein Kompromiss, aber ein guter.

Woher kommt dieser Kampf ums Image?

Winkler Das hat sich über die Jahre entwickelt, als die Menschen Fernreisen starteten, als das Fernsehen sich mehr und mehr ausgedehnt hat und die Menschen in Naturfilmen gesehen haben, wie Tiere draußen im Freiland leben. Da kam erstmals der Gedanke auf, dass Zootierhaltung vielleicht nicht so ganz das Richtige ist, jedenfalls nicht so, wie es damals war. Die Menschen, die heute noch Zoos kritisieren, haben die ganze Entwicklung nicht mitbekommen oder wollen es vielleicht auch nicht. Ein Zoo kann nie das Ideal darstellen, aber das Freiland ist es auch nicht mehr.

Warum ist Zootierhaltung so wichtig?

Winkler Um den Menschen faszinierende Tiere zu zeigen und ihnen einen schönen Tag zu ermöglichen, an dem sie im besten Fall etwas über Tiere lernen. Wichtiger denn je ist der Natur- und Artenschutz. Die Natur ist mittlerweile dermaßen geschunden, und überall verschwinden Tierarten aufgrund von Lebensraumzerstörung und Wilderei. Da hat der Zoo als ein sicheres Refugium eine wichtige Funktion, Reservepopulationen für die bedrohten Tierarten aufzubauen, um letztlich der Ausrottung vorzubeugen. Daraus werden Nachzuchten im Rahmen erfolgreicher Wiederansiedlungsmaßnahmen.

Wieviele Besucher kommen denn jährlich zum Kaiserberg?

Winkler Die Zahl ist seit Jahren relativ konstant und bewegt sich immer so um die eine Million. Das ist eine stattliche Zahl in einer nicht ganz so wohlhabenden Region. Damit zählen wir zu den zehn am besten besuchten Zoos in Deutschland. 80 Prozent der Besucher kommen von auswärts, 20 Prozent hiervon aus den Niederlanden.

Von Besuchern allein kann der Zoo nicht leben. Wie steht es um die Finanzen?

Winkler Das Grundproblem bei jeder Kultureinrichtung ist, sie kann nicht selbsttragend sein. Nur sollte ein Zoobesuch für alle Menschen machbar sein. Deshalb versuchen wir sozialverträgliche Preise zu haben. Das bedeutet aber, dass die Eintritte nicht kostendeckend sind. Darum sind wir auf die Unterstützung Dritter angewiesen. Da kommt ein fester Betrag, der reicht, um den Haushalt zu deckeln, aber eben nicht, um ihn weiterzuentwickeln.

Ist da etwas Konkretes geplant?

Winkler Wir haben ein paar Dinge, da kommen wir nicht drum herum. Zum Beispiel das Affenhaus. Es stammt aus den 1960er Jahren und war damals das größte und beste weltweit. Jetzt ist es vielleicht immer noch eines der größten, aber nicht mehr das beste Affenhaus.

Gibt es noch mehr, das dringend erneuert werden muss?

Winkler Oh ja. Wir brauchen dringend eine neue Toilettenanlage oder einen neuen Sozialtrakt für die Mitarbeiter. Dafür Sponsoren zu finden ist allerdings nicht so einfach. Welcher Sponsor möchte sich schon mit einer Toilettenanlage schmücken?

Was wünschen Sie sich für die Zukunft für den Zoo?

Winkler Die finanziellen Möglichkeiten, uns immer weiterentwickeln zu können. Wir haben etliche Bereiche, wo etwas getan werden muss. Wir sparen an allen Ecken und Enden, aber irgendwann ist die Sparmöglichkeit ausgereizt. Aber trotz der bescheidenen Mittel zählt der Zoo zu den Top-Zoos in Deutschland und Europa.

Das Gespräch führte Carolin Skiba

(RP)
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