Karneval Echte Narren lassen sich das Feiern nicht vermiesen
Duisburg · Im Duisburger Hof kamen all die zusammen, die eigentlich im Rosenmontagszug hätten mitziehen sollen.
Mit traurigem Blick und einem müden Lächeln auf den Lippen nippen einige der Anwesenden an ihrem Bier, traurig über die Zugabsage. Auch der Versuch, dagegen zu halten, fällt gestern buchstäblich ins Wasser: Die Ehrengarde Blau-Weiß gerät auf ihrem Weg vom Prinzenfrühstück im Rathaus zur Feier im Wyndham Hotel Duisburger Hof in einen heftigen Schauer und wird pitschnass.
Monatelang haben aktiven Karnevalisten an ihren Kostümen und Tanzchoreographien gefeilt, Kamelle besorgt, an den Prunkwagen geklebt, gepinselt und geschraubt. "Heute Morgen habe ich geweint", gesteht ein jecker Gast. Für die Absage hat er wenig Verständnis. "Der Rosenmontag ist doch ein verrückter Tag", sagt er. "Warum kann man da nicht mal sagen - um acht Uhr am Morgen beginnt der Zug? Dann wären wir rechtzeitig durch gewesen."
Doch die meisten Narren zeigen Verständnis und halten die Entscheidung für richtig. "Wenn man sich das Wetter draußen anguckt, weiß man, dass es richtig war", sagt Dagmar Scheelen, Präsidentin der KG Königreich Duissern. Bitter finde sie es trotzdem, dies stehe außer Frage. Sie und die anderen Duisserner Jecken haben die Hoffnung allerdings noch nicht aufgegeben: "Es geht das Gerücht um, dass der Zug zu einem neuen Termin stattfinden soll." Der Kamelle-Vorrat wird daher aufbewahrt. Zumindest der Teil, der nicht verderben kann. Denn die rund 5000 für die Zuschauer bestimmten "Berliner" hat die Karnevalsgesellschaft aus Duissern gestern bereits verteilt - in Seniorenheimen, Kindergärten, Schulen, und im Kinderheim an der Rotdornstraße. Ähnlich wie die königliche Truppe machen es auch andere Karnevalsgesellschaften. Bei der Feier im Duisburger Hof verteilt beispielsweise die Duisburger Römergarde ihre Blumen, und auch viele andere Narrenvereine berichten, ihre Kamelle an Seniorenstifte und Kinderheime verschenkt zu haben.
Beim morgendlichen Prinzenfrühstück im Rathaus zeigt Prinz Michael I. sich zuversichtlich. Die Feier war eigentlich im Zelt vor dem Rathausgebäude geplant, findet nun wegen der Sturmwarnung aber wie gewohnt im Rathaus statt. "Trotzdem ist das eine große Ehre für mich", so der Prinz. Er lässt sich nichts anmerken von der großen Enttäuschung. Dagmar Scheelen fühlt mit dem Narrenoberhaupt: "Für den Prinzen ist es eine Schande, wenn er nicht ziehen kann." Doch von Trauermiene ist bei Michael I. zumindest auf der Bühne keine Spur. OB Sören Link findet als Schiffskapitän in seiner Büttenrede, gemünzt auf den 300. Geburtstag des Hafens in diesem Jahr, lobende Worte und würdigt die Stadt als sein bestes Schiff: "Die "MS Duisburg" ganz allein, soll meine wahre Seebraut sein." Und auch für die Schiffsmannschaft reimt er lobend: "Mit reichlich Wasser unterm Kiel, bewegen wir in Duisburg viel."
Nach der traditionsgemäßen Schlüssel- und Thronübergabe ist der tapfer gegen die Traurigkeit kämpfende Prinz jeck auf ein Lied und einen Tanz und greift zum Mikrofon: Laute Beats und närrische Lieder schallen durch den Festsaal, während die Narren und Närrinen auf der Tanzfläche in funkelnden Trachten und wallenden Röcken freie Bahn haben.
Zwar spielt das Wetter gestern tatsächlich so verrückt wie im April, das Narrenvolk nutzt aber jeden Moment aus, an dem sich der Himmel lichtet und die Sonne sich blicken lässt. So auch die Ruhrpott Guggis in ihren bunten Kostümen: Als die Wolken der Sonne kurz weichen, steht die Kapelle in Reih und Glied auf den Stufen des Duisburger Theaters und schmettert in einem kurzen Konzert eine ganze Menge jecker Karnevalshits. Mit lauten Stimmen und fröhlichem Klatschen feuerte das (eher spärliche) Publikum am Fuße der improvisierten Bühne das bunte Narrenorchester lautstark an.