Aufruf auf Facebook Duisburger rühren mit "Bevor ich sterbe"-Liste für ihre Tochter

Duisburg · Jenny und Sven Otterbein aus Duisburg rechnen damit, dass ihre kleine Tochter bald sterben muss. Vorher wollen sie mit ihrem Kind noch so viel wie möglich erleben – und bitten auf Facebook um Vorschläge. Damit wollen sie anderen Mut machen. Und sich selbst.

 Erster Punkt der Liste: Vater und Tochter gehen gemeinsam joggen.

Erster Punkt der Liste: Vater und Tochter gehen gemeinsam joggen.

Foto: Facebook / Regina Otterbein / Screenshot

Jenny und Sven Otterbein aus Duisburg rechnen damit, dass ihre kleine Tochter bald sterben muss. Vorher wollen sie mit ihrem Kind noch so viel wie möglich erleben — und bitten auf Facebook um Vorschläge. Damit wollen sie anderen Mut machen. Und sich selbst.

"Die Diagnose kam relativ schnell nach der Geburt", sagt Sven Otterbein. Seine Tochter Regina, die im Herbst 2016 zur Welt kam, leidet an einer sogenannten semilobären Holoprosencephalie, einer Gehirnfehlbildung. Ihre Lebenserwartung sei deshalb gering, hat er von den Ärzten erfahren. In den vergangenen zwei Wochen hat sich der Zustand der Tochter drastisch verschlechtert. "Die Ärzte haben uns gesagt, dass wir uns jetzt im letzten Kapitel befinden."

Anfang der Woche veröffentlichten er und seine Frau Jenny deshalb einen Aufruf auf Facebook: "Wir brauchen Eure Hilfe." Sie würden den Tod ihrer Tochter nicht einfach abwarten, sondern mit ihr noch viel erleben wollen — und zwar alles, "was man mindestens einmal in seinem Leben gemacht haben muss". Die Zeit, die ihrem Kind noch bleibe, solle "so aufregend und schön" werden, "wie es uns unter diesen Umständen möglich ist". Seitdem bekommen sie immer mehr Vorschläge für ihre BID-Liste. Die Abkürzung steht für: "Before I Die", auf deutsch: "Bevor ich sterbe".

Jenny und Sven Otterbein haben auch schon damit begonnen, die Punkte nach und nach zu erledigen. Der Vater schnallte sich zum Beispiel seine Tochter in einer Trage vor die Brust und ging mit ihr joggen. Er veröffentlichte davon auch Fotos auf Facebook — aus mehreren Gründen, wie er sagt: Die Krankheit sei sehr selten, im Internet seien nur wenige Informationen darüber zu finden. Er und seine Frau wollten zeigen, dass Betroffene "dennoch alles machen können". Wer im Netz nach der Krankheit suche, solle "auch schöne Bilder" sehen.

"Wir brauchen eine Art Ventil"

Es helfe aber auch ihnen selbst, wenn sie auf Facebook über die Krankheit ihrer Tochter schreiben, sagt Sven Otterbein. "Wir brauchen eine Art Ventil, um damit fertig zu werden." Die Liste werde ihnen den "kurzen oder langen Weg bis zum bitteren Ende erträglicher" machen. Sie seien von der Diagnose der Ärzte so schockiert gewesen, dass sie selbst kaum Ideen gehabt hätten. "Deshalb haben wir uns entschlossen, andere Leute zu fragen, was man gemacht haben muss." Die Resonanz auf den Aufruf sei "überwältigend". Er sei beeindruckt, wie viele Menschen ihnen ihr Mitgefühl ausdrückten. "Diese Aktion hat uns nicht nur einmal zu Tränen gerührt."

Für die nächsten zwei Wochen hat sich Sven Otterbein Urlaub genommen. "Für die Bewältigung der Liste und für unser familiäres Gemeinwohl." Er und seine Frau wollen mit Regina in Köln den Dom besichtigen, zum See nach Xanten fahren sowie mit Familie und Freunden eine Party feiern. Auch ein Besuch im Tiergehege ist geplant. Von allen Erlebnissen wollen sie Fotos machen und auf ihrer Facebookseite veröffentlichen. Jedes Mal soll eine Supergirl-Figur dabei sein. Sie stammt aus dem Kinderzimmer des Mädchens. Ihr Vater, ein Comic-Fan, hat sie für seine Tochter direkt nach ihrer Geburt gekauft.

(wer)
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