Interview mit Polizeipräsidentin Kontrollen in Marxloh zeigen Wirkung

Duisburg · Seit Juni geht die Polizei im Duisburger Norden, vor allem in Marxloh, verstärkt auf Streife und zeigt Präsenz. Das ist möglich, weil das NRW-Innenministerium Duisburg einen Zug mit bis zu 38 Einsatzkräften der Bereitschaftspolizei zur Verfügung gestellt hat. Polizeipräsidentin Dr. Elke Bartels zieht eine erste Bilanz.

Nachts unterwegs in Duisburg-Marxloh
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Foto: Christoph Reichwein

Frau Dr. Bartels, wir bekommen regelmäßig Wasserstandsmeldungen über die Einsätze in Marxloh. Ein Großteil handelt von Verkehrskontrollen. Da wurde einer mit dem Handy am Ohr erwischt, ein anderer hatte den Gurt nicht angelegt. Sind diese vermeintlich "kleinen" Delikte wirklich die, die Sie bestrafen wollen? Hat Marxloh nicht ganz andere Probleme?

Bartels Verkehrskontrollen sind natürlich nicht alles, was wir machen. Sie sind nur ein Baustein. Die Kripo ermittelt zum Beispiel auch - und das sehr erfolgreich. Wir konnten der Staatsanwaltschaft in acht Wochen 78 Strafanzeigen vorlegen, beispielsweise wegen Raubes oder Körperverletzung. Das ist eine gute Quote. Aber für Außenstehende ist das natürlich nicht so offensichtlich. Anders als die Verkehrskontrollen: Mit denen treffen wir die Klientel dort oben sehr hart. Wir zeigen vor allem den jungen Männern, dass sie sich nicht alles erlauben können. Und das trifft diese Machos richtig hart, wenn sie plötzlich unterlegen sind und etwas vorgeschrieben bekommen. Wenn man ihnen konsequent die Folgen ihres Handels aufzeigt. Das sind kleine Pikser, die richtig wehtun. Das ist Teil unserer Strategie.

 Polizeipräsidentin Dr. Elke Bartels vor dem Polizeipräsidium an der Düsseldorfer Straße.

Polizeipräsidentin Dr. Elke Bartels vor dem Polizeipräsidium an der Düsseldorfer Straße.

Foto: Christoph Reichwein

Und zeigt diese Strategie Wirkung?

 Einsatz der Polizei auf der Grillostraße in Marxloh.

Einsatz der Polizei auf der Grillostraße in Marxloh.

Foto: reichwein

Bartels In acht Wochen gab es 452 Platzverweise, 466 Ordnungswidrigkeitsanzeigen und 1670 Verwarngelder. Das ist nicht schlecht - und zeigt zweifellos Wirkung. Die Szene hält sich auffällig zurück. Wenn wir so weitermachen, wird sich langfristig auch Erfolg einstellen, davon bin ich überzeugt. Wir müssen nur einen langen Atem haben, und das werden wir.

Duisburg-Marxloh: Angela Merkel beim Bürgerdialog
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Angela Merkel besucht Duisburg-Marxloh

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Foto: dpa, rwe mg

Sollen die Schwerpunktkontrollen denn weitergehen? Hieß es nicht, die Einsatztruppe stehe Ihnen nur bis zum Jahresende zur Verfügung?

Bartels Zunächst einmal, ja. Aber ich bin überzeugt, dass das Ministerium uns auch über 2015 hinaus seine Hilfe anbietet und uns weiter unterstützt. Die Kontrollen wird es so lange geben, wie es nötig ist. Aber eines ist auch klar: Wir können das als Polizei nicht alleine lösen. Wir müssen uns da auch weiter mit der Stadt Duisburg absprechen. Eine enge Verzahnung ist notwendig. Das ist Teil des Integrierten Handlungskonzepts, dass wir entworfen und auf dessen Grundlage wir die Unterstützung aus Düsseldorf überhaupt erst bekommen haben.

Leisten Polizisten eigentlich gerne Dienst in Problemstadtteilen wie Marxloh? Das ist doch sicherlich nicht einfach.

Bartels Der Beruf ist immer hart. Das weiß jeder, der in die Ausbildung geht. Dass es in Duisburg und vor allem im Duisburger Norden noch ein wenig härter sein kann und die Arbeit ihnen dort mehr abverlangt als anderswo, ist ihnen auch klar. Aber viele wählen den Beruf ja auch gerade weil sie helfen wollen. Und wir versuchen auch, sie bestmöglich zu schützen. Wem das doch zu viel ist, der hat auch die Möglichkeit, zu wechseln. Da legen wir keinem Steine in den Weg.

Ist einem Polizisten schon etwas zugestoßen im Rahmen der Schwerpunktkontrollen?

Bartels Zum Glück noch nicht.

Werden Sie und Ihre Polizisten eigentlich auch mal gelobt für die Arbeit im Duisburger Norden?

Bartels Mich erreichen naturgemäß mehr Beschwerden als Danksagungen. Aber meinen Polizisten auf der Straße wurde schon oftmals gedankt. Vor allem angestammte Mitbürger aus dem Duisburger Norden sagen, dass es schon deutlich besser geworden sei, dass sie sich sicherer fühlten.

Wären solche Schwerpunktkontrollen nicht auch in anderen Stadtteilen sinnvoll? Etwa in Hochfeld?

Bartels Im Duisburger Norden machen sie momentan am meisten Sinn. Denn dort gibt es gleich mehrere Gruppierungen, die uns Sorgen bereiten: die großen Familienclans, die Zuwanderer aus Südosteuropa und die vor allem türkischstämmigen Rocker, die ihr Gebiet verteidigen wollen. Das ist eine explosive Mischung, die es in anderen Stadtteilen in der Form nicht gibt.

Wird sich die Situation durch die vielen Flüchtlinge jetzt noch verschärfen? Sind Sie darauf vorbereitet?

Bartels Bis auf ein, zwei Fälle war das bislang noch kein polizeiliches Problem. Es kann aber natürlich sein, dass Konflikte entstehen, wenn viele Ethnien ohne Perspektive auf engem Raum zusammenleben müssen. Dessen sind wir uns bewusst.

Und was ist mit den Konflikten zwischen Türken und Kurden? Werden die auch in Duisburg ausgetragen?

Bartels Türken und Kurden leben vor allem in Hamborn und Marxloh seit vielen Jahren relativ friedlich nebeneinander. Das kann natürlich umschwenken, wenn der Konflikt in der Türkei eskaliert. Das wissen wir. Aber bislang ist es relativ ruhig.

SANDRA KAISER FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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