Rp-Serie Duisburger Geschichte Und Geschichten Duisburg als Angriffsziel

Duisburg · Im 14. Jahrhundert wurde Duisburg immer wieder in Fehden verwickelt. Die Stadt beschaffte neue Waffentechnik und erwies sich als wehrhaft. Jahrhunderte später versuchte man durch eine Neutralitätspolitik das Schlimmste zu verhindern.

 Hakenschützen mit der Armbrust.

Hakenschützen mit der Armbrust.

Foto: Küst

12. März 1445 - Die Kölner Angreifer wollten gerade mit ihren Sturmleitern die Stadtmauern ersteigen, aber der geplante Überraschungsangriff stieß auf massive Gegenwehr der Duisburger Verteidiger. Ein Hagel von Pfeilgeschossen löste sich von den Mauern der Stadtbefestigung. Kübel mit heißem Wasser und glühendes Pech ergossen sich über die Kölner Angreifer, und die ersten Reihen der Angreifer wichen zurück. Schmerzensschreie und wüstes Fluchen erfüllten die Nacht. Erzbischof Dietrich, der Führer der Kölner Angreifer, wendete sein Schlachtross und gab seinen zurückströmenden Soldaten das Zeichen zum Rückzug. Der geplante Überraschungsangriff war kläglich gescheitert.

Die Duisburger hatten sich wieder einmal als wehrhaft erwiesen. Die Stadtrechnungen verzeichneten zwischen 1349 und 1449 genau 30 Fehden und Kriege. Mit Kanonen, Büchsen, Armbrüsten und Schwertern konnten Überfälle abgewehrt werden. Damals leistete sich Duisburg einen eigenen Waffenmeister zur Anfertigung und Instandhaltung der Schleudermaschinen und Armbrüste. Meister Hinsen erhielt einen ansehnlichen Lohn, mehr als Förster, Turmwächter und Boten.

 Abwehr des Erzbischofs Dietrich von Köln vor dem klevischen Duisburg. Ölgemälde im Ratshaussaal.

Abwehr des Erzbischofs Dietrich von Köln vor dem klevischen Duisburg. Ölgemälde im Ratshaussaal.

Foto: Küst

Zu Meister Hinsens Zeiten (Mitte des 14. Jahrhunderts) besaß Duisburg staatliche 104 Wurfmaschinen für Steine und Pfeile. Neben den verschiedenen Arten der "Baliste" gab es auch "Wippen", mit denen man von der Höhe der Tortürme herab ganze Ladungen von Steinen auf die Angreifer schleudern konnte. Die als Wurfgeschosse dienenden Steine wurden an der Ruhr gesammelt, auf die Stadtmauer transportiert und an den "Erkern" aufbewahrt. Zusätzlich stand flüssig gemachtes Pech bereit, das die Verteidiger auf den Toren den Anstürmenden gossen. Neben der Armbrust und Wurfmaschinen hatte bereits im 14. Jahrhundert ein neuer Explosivstoff seinen Siegeszug angetreten.: Das Schwarzpulver. Das stellte der Franziskanermönch Berthold Schwarz um 1351 in Freiburg nach mehreren Versuchen her.

Neben Salpeter (Kalium- oder Natriumnitrat) und Schwefel gehörte zur Rezeptur auch Holzkohle. Diese Zutaten soll Schwarz nach einer Legende in einem Mörser mit einem Reibewerkzeug (Stößel) zerkleinert und vermengt haben, dann stellte er alles auf einen Ofen und ging hinaus. Von einem lauten Knall angelockt, fanden die Mönche den Stößel im Deckengebälk wieder. Der erste Explosivstoff erwies sich als ideales Treibmittel für Geschosse. Nach dieser Entdeckung kamen rasch Kanonen und bald danach Feuerwaffen auf.

Die Durchschlagskraft war gewaltig: Keine Stadtmauer bot davor sicheren Schutz. Die neuen Feuerwaffen verdrängten allmählich die Schleudermaschinen und Armbrüste. Dennoch existierten beide Waffenarten noch lange Zeit nebeneinander. 1372 erfasste der Duisburger Waffenmeister acht "Donnerbüchsen" (pixides tonitruales). Das waren an beiden Enden offene, geschmiedete oder gegossene Kanonen auf einem Holzgestell. Neben den inzwischen weiter entwickelten Kanonen schaffte die Stadt Duisburg seit 1400 sogenannte "Handbüchsen" an, meist aus Kupfer gegossene Rohre kleineren Kalibers mit angesetztem Kolben. In den Geschützstellungen auf den Plattformen der Stadtbefestigung befand sich ein "Topf mit Kraut" . Kraut bedeutet Pulver. Das Pulver wurde im Krautturm am Eselsdöhr zwischen Koblenzer Turm und Stapeltor gelagert. Der zur Herstellung des Pulvers benötigte Salpeter wurde "gestoßen" und mit den anderen Bestandteilen "getempert"; d.h. gemischt. Aber die städtischen Geschütze wurden im 16. Jahrhundert nicht mehr eingesetzt. Als klevische Stadt wurde Duisburg in den einsetzenden Befreiungskampf der Niederlande und des Dreißigjährigen Krieges hineingezogen. Duisburg verfolgte eine Neutralitätspolitik. Gleichwohl litt sie unter wechselnden Einquartierungen der Kriegsparteien. Tributzahlungen, Erpressungen der Soeldner und Befehlshaber, dazu Überfälle auf den Handelsstraßen, ließen die Stadt verarmen.

Nach dem Dreißigjährigen Krieg war der Bestand an Feuerwaffen und Kanonen laut Lagerbuch arg geschrumpft. "Als 1678 ein französisches Heer nahte, holte man die Kanonen von den Türmen und versteckte sie ", so Walter Ring, ehemaliger Duisburger Stadtarchivar. Eine kluge Entscheidung. Den Duisburgern blieben zumindest Brandschatzungen und massive Kriegszerstörungen ihrer Stadt bis zum Zweiten Weltkrieg erspart.

Quelle: Walter Ring, Duisburger Heimatkalender 1942

(RP)
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