Duisburg Die schönsten Bücher für das Weihnachtsfest

Duisburg · Christiane Bays, Bibliothekarin in der Zentralbibliothek, und Sabine Thom, Leiterin der Stadtteilbibliothek Hamborn, empfehlen Bücher für Erwachsene und Kinder. Darunter sind ganz aktuelle Titel, aber auch Klassiker der Weltliteratur, die heute noch genau so aktuell sind wie damals. Viel Spaß beim Lesen!

 Christiane Bays, Bibliothekarin in der Zentralbibliothek, mit "Rosaleens Fest" von Anne Enright.

Christiane Bays, Bibliothekarin in der Zentralbibliothek, mit "Rosaleens Fest" von Anne Enright.

Foto: Christoph Reichwein

Unromantischer Familienroman

Rosaleen ist 75 Jahre alt; ihre Kinder sind schon lange aus dem Haus. Besonders sympathisch ist Rosaleen nicht. Sie wird als Frau geschildert, die selber nichts tut, von anderen jedoch alles erwartet. Die irische Autorin Anne Enright, die besonders durch ihren Roman "Anatomie einer Affäre" international erfolgreich geworden ist, beschreibt eine irische Familie mit ihren Verflechtungen und Abhängigkeiten. Besonders fesselnd sind in dem Roman die Lebensgeschichten der vier Geschwisterkinder eingeflochten. Anlass diese zu erzählen, ist ein Weihnachtsfest, das zum letzten Mal im alten Familienhaus gefeiert werden soll. Danach will die Mutter das Haus, auch ein wenig aus Rache gegenüber ihren Kindern, die ihr nichts recht machen können, verkaufen. Das Weihnachtsfest ist geprägt von Streit. Aber es zeichnet sich auch ganz zart ein Silberstreif am Horizont ab. Der Roman sei, so Christiane Bays, spannen, psychologisch dicht und brillant geschrieben.
(Anne Enright: Rosaleens Fest. Deutsche Verlagsanstalt, 2015. 19,99 Euro)

 Sabine Thom, Leiterin der Stadtteilbibliothek Hamborn, mit ihrem Lieblingsbuch "Am 4. Advent morgens um vier".

Sabine Thom, Leiterin der Stadtteilbibliothek Hamborn, mit ihrem Lieblingsbuch "Am 4. Advent morgens um vier".

Foto: Christoph Reichwein

Vergänglichkeit und Liebe

Vor diesem Tag fürchtet sich Cecilie schon lange: ihre an Alzheimer erkrankte Mutter kommt nicht mehr alleine zurecht und muss ins Pflegeheim. Beim Ausräumen des Elternhauses findet die Tochter in einer Schublade ein Bündel Papiere, auf denen die Mutter über vierzig Jahre hinweg die Weihnachtsgeschenke der Familie notiert hat. Mit den Namen, Jahreszahlen und den meist sorgsam ausgewählten Geschenken kommen Erinnerungen an geliebte Menschen und gemeinsam Erlebtes auf. Dramen, Schicksalsschläge, aber auch viele Szenen voller Glück, Wärme und Humor. Der norwegischen Autorin ist hier ein wunderbares Trost spendendes, durchaus auch autobiografisches Buch gelungen über die Kraft der Familie und über die Freude, die das Schenken bereitet.
(Cecile Enger: Die Geschenke meiner Mutter. Deutsche Verlagsanstalt, 2014. 18,99 Euro)

Menschen im Mietshaus

Advent ist in der Sternstraße 24 in München-Schwabing der saisonale Höhepunkt von familiären Komödien und Tragödien, von hoffnungsvollen Erwartungen und herben Enttäuschungen, von Krisen und Überraschungen. Die verschiedenen Parteien wohnen in dem altehrwürdigen Mietshaus: Singles und Paare, Alte und Junge, Wohlhabende und weniger gut Betuchte. In Maries kleinem Wein- und Delikatessenladen im Parterre treffen sie sich oft zu einem Glas oder zwei, zum Sinnieren und Philosophieren, zu Klatsch und Tratsch. Christine Grän, die ansonsten eher im Genre Kriminalroman zu Hause ist, wirft in ihrem neuen Buch, das wie ein Adventskalender 24 Geschichten enthält, einen messerscharfen Blick auf das Allzumenschliche. Das Buch ist komisch, tragisch und facettenreich wie das Leben selbst.
(Christine Grän: Sternstraße 24. ars vivendi, 2015. 17,90 Euro)

Muntere Online-Omi

Omi Renate Bergmann aus Spandau, 82 Jahre jung, will Weihnachten bei ihrer Tochter im Sauerland verbringen, doch steigt sie in Berlin versehentlich ins falsche Flugzeug und landet in London. Nach dem ersten Schreck erinnert sich die rüstige Seniorin an eine angeheiratete Nichte. Die nimmt sie gerne bei sich auf und zeigt ihr die britische Hauptstadt. Und da lernt die muntere Seniorin natürlich auch Prinz William kennen, über den sie sonst nur in den Illustrierten liest. Ganz nebenbei gelingt ihr die Finanzierung ihres Aufenthaltes auf der britischen Insel: Ihre selbstgefertigten Topflappen gehen weg wie warme Semmeln. Torsten Rohde alias Renate Bergmann weiß, wie man sein Publikum unterhält: Der gerade mal 40-jährige Autor mit dem kultigen Oma-Pseudonym lässt seine liebenswerte Protagonistin, die den Computer samt "Fäßbuck" für ihr Mitteilungsbedürfnis entdeckt hat und deshalb "Online-Omi" genannt wird, frisch von der Leber weg in Ich-Form erzählen. Dass sie zu vielem eine Meinung hat und gerne Lustiges aus ihrer bewegten Vergangenheit zum besten gibt, macht den Roman umso vergnüglicher. Das Buch knüpft an den Erfolg von "Ich bin nicht süß, ich hab' bloß Zucker" und "Das bisschen Hüfte, meine Güte. Die Online-Omi muss in Reha" an.
(Renate Bergmann: Über Topflappen freut sich ja jeder. Weihnachten mit der online-Omi. rororo, 2015. Acht Euro)

Weihnachten mit Astrid Lindgren

Die Geschichte "Weihnachten im Stall" von Astrid Lindgren stammt aus dem Jahr 1961. "Es ist im Grunde die klassische Weihnachtsgeschichte. Ich mag sie vor allem in Kombination mit den Illustrationen von Lars Klinting, wie man sie im Sammelband ,Weihnachten mit Astrid Lindgren' findet", sagt Sabine Thom, Leiterin der Stadtteilbibliothek Hamborn. Klinting zeige nicht den bärtigen Josef und die Maria im dunkelblauen Gewand, wie man sie kenne. "Dies sind ganz moderne Menschen, wie sie einem auch heute begegnen könnten. Das liebe ich so an den Bildern."
(Anne-Kristin zur Brügge (Hrsg.): Weihnachten mit Astrid Lindgren. Oetinger, 2013. 22,95 Euro)

Im Stile von Wimmelbildern

"Wo der Weihnachtsmann wohnt" aus dem Jahr 1982 von Mauri Kunnas ist ebenfalls ein Klassiker. Es geht um den Weihnachtsmann, wie er in Lappland lebt und sich mit seinen Wichteln das ganze Jahr über auf das nächste Weihnachtsfest vorbereitet und alles sammelt, was Kinder erfreut. "Man kann sagen: Das ist eines der ersten Wimmelbücher. Da gibt es ganz viel zu gucken und zu entdecken. Mit meinen Kindern habe ich viele, viele Stunden damit verbracht", erinnert sich Thom.
(In: Mauri Kunnas: Das Große Weihnachtsbuch. Oetinger, 2015. 16,99 Euro)

Liebenswert-chaotische Familie

Die Geschichte "Es weihnachtet sehr, brummt Vater Bär" hat Sabine Thom ihren Kindern "hunderttausendmal" vorgelesen, schätzt sie lachend. Bei Familie Bär, erzählt sie, weihnachte es mit allen kleinen und großen Katastrophen, die die Vorweihnachtszeit so mit sich bringe. "Der Weihnachtsschmuck ist verschollen, auf dem Weihnachtsmarkt rutscht Papa Bär aus und verstaucht sich den Fuß, die Katze ruiniert das Weihnachtsspiel - aber alle tragen es mit Fassung. Und so wird es trotzdem ein wunderbares Fest. Eine tolle Geschichte, und die Illustrationen sind einfach zauberhaft", so Thom.
(Annet Rudolph und Christa Wisskirchen: es weihnachtet sehr, brummt Vater Bär. Coppenrath, 1996. Vergriffen, aber in Bibliotheken erhältlich)

Neues von Pettersson und Findus

Weiter empfiehlt Sabine Thom die Geschichte "Pettersson kriegt Weihnachtsbesuch" von Sven Nordqvist. Hierin verdreht sich der alte Pettersson den Fuß, und so sitzen er und sein sprechender Kater Findus zu Hause und wissen nicht, wie sie die Weihnachtsvorbereitungen stemmen sollen. Sie haben weder einen Baum, noch genügend Lebkuchenteig. Deshalb sind sie sehr traurig. Doch dann kommt die ganze Nachbarschaft vorbei, jeder bringt etwas zu essen mit, und so wird es doch noch ein tolles Fest. "Thom: Das Buch ist auch sehr schön illustriert, es gibt ganz viel zu schauen. Da kann man sich Stunden mit beschäftigen."
(Sven Nordqvist: Pettersson kriegt Weihnachtsbesuch. Oetinger, 2015. 12,95 Euro)

Klassiker von Charles Dickens

"Und dann habe ich noch einen Klassiker auf meiner Liste", sagt Sabine Thom: Charles Dickens' "Eine Weihnachtsgeschichte". Es gebe sie in vielen verschiedenen Ausführungen, zum Beispiel als Comic in der Brockhaus-Reihe "Weltliteratur im Comicformat". Oder, ganz neu, als Neuillustration von Roberto Innocenti. Thom: "Er ist ein Meister der realistischen Illustrationen. Sie sind etwas düster, aber toll."
(Charles Dickens: Eine Weihnachtsgeschichte. Brockhaus Literaturcomics, 2013. 23 Euro; Charles Dickens und Roberto Innocenti (Ill.): Eine Weihnachtsgeschichte. Gerstenberg, 2015. 22,95 Euro)

Thoms absoluter Favorit

Für den Schluss hat sich Sabine Thom ihr absolutes Lieblings-Weihnachtsbuch aufgehoben: "Am 4. Advent morgens um vier" - eine Geschichte von 1990, die inzwischen neu aufgelegt wurde. "Es geht um den Gedanken, dass sich Glück vermehrt, wenn man es teilt", erzählt die Bibliothekarin. In der Geschichte geht es um einen armen Jungen, der sich Glück wünscht. Auf einen Rat hin schreibt er dies in den Schnee. Daraufhin taucht ein Mann auf, der es ihm ermöglicht, wohlhabend zu werden. Echtes Glück findet der Junge, jetzt ein Mann, aber erst, als es nicht nur ihm selbst, sondern auch den anderen Menschen im Dorf gut geht. "Eine sehr schöne Geschichte, an der mein Herz hängt", sagt Thom.
(Klaus Kordon und Jasmin Schäfer (Ill.): Am 4. Advent morgens um vier. Beltz, 2013. 12,95 Euro)

(pk)
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