Duisburg Die Schiedsrichterei ist nicht nur Männersache

Duisburg · Über das Vorurteil, dass Frauen nicht wissen, was Abseits ist, können Bianca Jüntgen (20) und Eda Fidan (20) nur lachen. Die beiden sind Schiedsrichterinnen beim Fußballverband Niederrhein mit Sitz in Wedau. In ihrem Amt sind sie zwei von 100 Frauen - zum Vergleich: 2650 Männer pfeifen am Niederrhein.

 Bianca Jüntgen (l.) und Eda Fidan wissen genau, wann sie auf dem Spielfeld die gelbe oder die rote Karte ziehen müssen.

Bianca Jüntgen (l.) und Eda Fidan wissen genau, wann sie auf dem Spielfeld die gelbe oder die rote Karte ziehen müssen.

Foto: Reichwein

Eine geschlechterspezifische Trennung gibt es bei der Schiedsrichterei nicht. Jüntgen pfeift seit sieben Jahren. Sie steht sowohl bei der Bezirksliga Herren als auch der B Juniorinnen Bundesliga auf dem Platz. Ebenso assistiert die Auszubildende zur Gesundheits-und Krankenpflegerin in der Zweiten Frauen Bundesliga. Fidan ist seit sechs Jahren dabei und pfeift in der Frauen Regionalliga sowie der Herren Kreisliga. Assistentin ist die Duisburgerin, die Umweltingenieurswissenschaften studiert, in der B-Juniorinnen Bundesliga. Seit ihrer Kindheit war sie selbst als Spielerin aktiv und kam wie Jüntgen zum Schiedsrichteramt. "Eigentlich fängt jeder Schiedsrichter so an."

Eines wird schnell klar, wenn die Frauen über ihr besonderes Hobby reden: Es ist ein hartes Amt, bei dem die Verantwortlichen kritikfähig sein müssen. Bei jedem Spiel werden die jungen Damen von einem Vertreter des Deutschen Fußballverbands (DFB) beobachtet. Er verteilt Punkte an die Schiedsrichter. Je höher die Punkte, desto höher die Ligen.

Strenger als die DFB-Beobachter sind nur noch die Zuschauer, gerade die Eltern von Jugendlichen. "Geh wieder hinter den Herd oder zum Stricken" sind da nur Frotzeleien. Manchmal werden die beiden aber auch herbe beleidigt. Freunde, die Fidan zu Spielen begleiten, sagten oft: "Meine Güte, wie kannst du dir das jedes Wochenende antun."

Mittlerweile würde man da einfach weghören, so die Studentin. Dazu gehöre auch, dass sie von Anfang an zeige, wer auf dem Platz das Sagen hat. Dafür sei das richtige Auftreten wichtig. "Man muss sich in den ersten Minuten Respekt verschaffen", sagt die 20-jährige Fidan: "Brust raus, gerade stehen und Nase hoch". So sei es auch kein Problem, zwischen 22 Männern auf dem Platz zu stehen. Denn am Ende entscheiden die Damen darüber, ob es ein Foul war oder nicht. Alles zu sehen, sei aber gar nicht möglich, gesteht Jüntgen. "Wichtig ist, dass man die existenziellen Dinge sieht".

Liegt es an der Verantwortung, dass so wenige Frauen pfeifen? Auf jede Schiedsrichterin kommen in der Region 265 Männer. Das liege daran, dass Fußball männerdominiert sei. Außerdem würden viele lieber spielen als pfeifen. Denn beides zugleich sei nicht möglich, bedauern die Frauen. Schließlich stehen sie jedes Wochenende mit Pfeife und Karten auf dem Platz. Ebenso müssen die Solingerin und die Duisburgerin immer erst zu den Spielen, die bei Fidan NRW-weit und bei Jüntgen deutschlandweit stattfinden, fahren. Neben der Ausbildung bleibt wenig Zeit für Freunde und Familie, denn die Frauen müssen regelmäßig trainieren.

Mit Ausdauersport, Fitness oder Klettern halten sich die 20-Jährigen fit. Ihr besonderes Hobby würden sie trotz Kritik und Zeitaufwand für nichts eintauschen wollen. Deshalb spiele auch die geringe Aufwandsentschädigung von meist unter 50 Euro pro Spiel keine Rolle. Es mache ihnen einfach nur Spaß.

(RP)
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