Duisburg "Die Kirche muss barmherziger werden"

Duisburg · Auf acht Seiten hat das Bistum Essen jetzt die Antworten auf den Vatikan-Fragebogen zur Vorbereitung der Familiensynode im Herbst zusammengestellt. Die zum Teil kritischen Stellungnahmen gehen nach Rom.

 In ihrer Antwort auf den Vatikan-Fragebogen an Papst Franziskus haben die Vertreter des Ruhr-Bistums deutliche Worte gefunden.

In ihrer Antwort auf den Vatikan-Fragebogen an Papst Franziskus haben die Vertreter des Ruhr-Bistums deutliche Worte gefunden.

Foto: KNA

Deutliche Kritik an der Sprache, aber auch klare Vorschläge und Wünsche für die künftige Ehe- und Familienpastoral - auf acht Seiten hat das Bistum Essen jetzt die Antworten aus dem Ruhrbistum auf den zweiten Vatikan-Fragebogen zur Vorbereitung der Familiensynode im Herbst zusammengestellt. Ein barmherziger Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen, eine neue Position der Kirche zur Empfängnisverhütung, eine Stärkung christlicher Ehepaare und eine Segnungsfeier für homosexuelle Paare lauten einige der Vorschläge, die nach Ansicht des Ruhrbistums beim großen Bischofstreffen im Oktober auf die Agenda kommen sollten.

Das Bistum hatte den Vatikan-Fragebogen auf seiner Internetseite veröffentlicht. Nun hat die Diözese eine Zusammenfassung der Antworten von Einzelpersonen und Stellungnahmen von Gremien wie dem Priester- und dem Diözesanrat - dem höchsten Laiengremium in Ruhrbistum - zur Weiterleitung nach Rom an die Deutsche Bischofskonferenz geschickt. Ebenso wie die Antworten zum ersten Vatikanfragebogen im vergangenen Jahr sind die aktuellen Ergebnisse nicht repräsentativ, wollen aber vor allem durch ihre inhaltliche Tiefe und konkrete Anregungen einen Beitrag für die Diskussionen in Rom liefern.

So geht das Dokument ausführlich auf die Situation von Geschiedenen ein. Es gehe nicht darum, die kirchliche Lehre zu relativieren, heißt es. Aber die Kirche "muss wieder eine barmherzige, zuhörende, zugewandte Kirche werden, die Schwache und Verletzte nicht ausschließt".

Dies betreffe "auch kirchliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, deren Ehe gescheitert ist". Konkret fordert das Dokument, die Diskussionen über einen Sakramentenempfang Wiederverheirateter Geschiedener nicht aus der "Perspektive einer kirchenrechtlichen Sanktion", sondern aus einer "Perspektive des Heilens" zu führen. Unter anderem sollen "Möglichkeiten der Versöhnung" geschaffen werden, die auch Wiederverheirateten Geschiedenen den Weg zum Kommunionempfang ebnen.

Mit Blick auf das Thema Empfängnisverhütung ergab der Vatikan-Fragebogen, dass "die Plausibilität der kirchlichen Lehre fast gar nicht zu vermitteln ist", schreibt das Ruhrbistum in seiner Antwort. Hier scheine eine Öffnung der kirchlichen Aussagen "auf andere moraltheologische Positionen dringend erforderlich".

Zudem plädiert das Bistum für einen "Ritus der Segnung von gleichgeschlechtlichen Paaren". Es habe in den Antworten auch einzelne Voten gegen eine solche Segnung gegeben. Dennoch erscheine ein solcher Schritt folgerichtig und glaubwürdig angesichts der immer wieder aufgestellten kirchlichen Forderung nach einer "Nichtdiskriminierung" homosexueller Menschen, heißt es in dem Dokument. Eine Segnung homosexueller Paare "würde als ein Zeichen der Gerechtigkeit verstanden und würde nicht die Grundaussage aufweichen, dass die Ehe von Frau und Mann wegen ihrer Ausrichtung auf die Nachkommenschaft eine besondere Bedeutung hat und somit in besonderer Weise zu schützen ist", betont das Bistum.

Auch im konkreten Umgang mit Familien in den Gemeinden und Pfarreien vor Ort sieht die Antwort des Ruhrbistums auf den Vatikan-Fragebogen deutliches Verbesserungspotenzial. Die Familienpastoral solle weniger Erwartungen formulieren, als zunächst Stärke und Begleitung für Familien anbieten, die ihr Leben bewusst in Beziehung zur Botschaft Jesu stellen. Viel stärker als bislang sollten sich die Gemeinden und Pfarreien zum Beispiel mit besonderen Segensfeiern darauf einstellen, dass das Zusammenleben vor der Eheschließung in Deutschland inzwischen die Regel ist. Als besonders hilfreich in der Arbeit mit Familien stellt das Antwort-Dokument des Bistums die Arbeit verheirateter Diakone heraus, die "Zeugnis und Beispiel aus dem persönlichen Lebensumfeld geben können". In Duisburg arbeitet beispielsweise Thomas Löv, zweifacher Familienvater, als hauptamtlicher Diakon.

Grundsätzlich kritisiert das Bistum den "schwer verständlichen Sprachstil und die Komplexität der Fragestellung" des Vatikan-Fragebogens. Diese habe die Beantwortung nicht nur erschwert, "sondern selbst bei wohlmeinenden Katholiken zum Teil Anlass gegeben, die gute Absicht einer breiten Befragung in Frage zu stellen".

(RP)
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