Duisburg Die goldenen Jahre des Sports

Duisburg · Eigentlich hat sich Dittmar Dahlmann einen Namen als Osteuropa-Experte gemacht. Sport und speziell der Fußball waren aber immer schon die Leidenschaft des früheren Lehrstuhlinhabers für Osteuropäische Geschichte an der Universität Bonn. Seit 2015 befindet sich der Düsseldorfer im Ruhestand.

 So wie hier in Duisburg sahen die Tribünen in den deutschen Stadien lange aus.

So wie hier in Duisburg sahen die Tribünen in den deutschen Stadien lange aus.

Foto: Frank Augustin

Am Dienstag referierte er im Rahmen der Veranstaltungsreihe "Geschichte(n) in Bewegung" des Landesarchivs über den "Sport im Rheinland in der Zwischenkriegszeit". Der Geschichtswissenschaftler machte deutlich, dass es in den Jahren zwischen 1890 und 1910 zu einer Sportvereins-Gründungswelle kam, die dem Sport eine neue Bedeutung zukommen ließ.

 Das alte Wedaustadion und die angrenzenden Sportanlagen in Luftaufnahme aus den 1980-er Jahren.

Das alte Wedaustadion und die angrenzenden Sportanlagen in Luftaufnahme aus den 1980-er Jahren.

Foto: Andreas Probst

Zuvor gab es nur die 1868 gegründete Deutsche Turnerschaft, deren Vertreter den neuen Sportarten äußerst skeptisch gegenüber standen. "Sport wurde messbar", erläuterte Dahlmann den wesentlichen Unterschied zur bis dahin dominierenden Turnbewegung, die sich an den Idealen von "Turnvater" Friedrich Ludwig Jahn orientierte und das Turnen vornehmlich als "Leibeserziehung" definierte.

Einen Schub erhielt die um die Jahrhundertwende einsetzende Sportbewegung mit dem Beginn des Ersten Weltkrieges (1914 - 1918). "Der Sport setzte sich bei den Militärs durch", so Dittmar Dahlmann. Die Militärführer nutzten die sportlichen Betätigungsmöglichkeiten für ihre Zwecke. Damit sollte nicht nur Ablenkung von den Schrecken des Krieges geboten, sondern auch "Körper und Geist gestählt" werden. Nach Ende des Krieges setzte sich diese Entwicklung fort. Waren früher Tennis, Segeln und Reiten nur dem Adel oder dem vermögenden Großbürgertum vorbehalten, sorgten neue Sportarten wie Fußball, Rad- oder Boxsport für ständig wachsende Mitgliederzahlen bei den immer zahlreicher werdenden Sportvereinen. Eine bedeutende Rolle bekamen dabei die Arbeitersportvereine und die konfessionell geprägten Sportverbände wie die evangelischen Eichkreuz-Vereine, die katholisch geprägte Deutsche Jugendkraft (DJK) und die jüdische Maccabi-Sportbewegung.

Der Sport wurde in der Zeit der Weimarer Republik zu einer Massenbewegung. Zunehmend erhielten Sportveranstaltungen Event-Charakter und zogen zahlreiche Zuschauer an. Dazu gehörten Fußballspiele, Radsportveranstaltungen, Boxkämpfe und Auto- und Motorradrennen.

Das gewachsene Interesse am Sport schlug sich auch in der Presseberichterstattung nieder, die Artikeln von sportlichen Großereignissen mit eigenen Sportseiten Rechnung trug.

Große neue Sportarenen wurden gebaut, dazu gehörte der 1927 eingeweihte Nürburgring genauso wie zahlreiche Multifunktions-Stadien. Eines der ersten und größten war das Duisburger Wedaustadion, das 1921 gebaut wurde und ein Fassungsvermögen von 40.000 Zuschauern hatte. Andere Städte wie Düsseldorf, Köln und Wuppertal zogen erst später nach. Aber auch in den Stadtteilen und im ländlichen Raum gewannen Sportvereine immer mehr an Bedeutung. "Der Sport war aus allen Lebensbereichen nicht mehr wegzudenken", erläuterte Dahlmann.

Gleichzeitig kam es zu einer Kommerzialisierung des Sports. Damit war nach 1933 Schluss. Die Nationalsozialisten nahmen Einfluss auf die Vereinsstrukturen, die Verbände verloren ihre Eigenständigkeit, jüdische Sportler wurden ausgeschlossen und der Berufssport verboten. Bis auf eine Ausnahme. Max Schmeling durfte weiter boxen. Die Popularität der Boxlegende nutzen die neuen Machthaber gerne für ihre eigenen Propagandazwecke.

(RP)
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