Duisburg Der Charakterkopf

Duisburg · Am 21. Oktober feiert Duisburgs Altoberbürgermeister Josef Krings seinen 90. Geburtstag. Von 1975 bis 1997 stand er an der Spitze des Stadtrates.

Er sei gerne Oberbürgermeister gewesen, hat Josef Krings immer wieder gesagt. Sein alter Vertrauter, der spätere Bundespräsident Johannes Rau bestätigte ihn in dieser Auffassung, als er meinte: "Das Oberbürgermeisteramt ist auch ein sehr schönes Amt." Von 1975 bis 1997 war Josef Krings der Repräsentant der Stadt Duisburg, die er zweifellos prägte. Und auch in den Jahren danach blieb Krings ein Mann von Einfluss. Am 21. Oktober wird er 90 Jahre alt. Eine große Feier wird Krings wohl nicht haben wollen. Er erholt sich zurzeit von einem bösen Sturz. "Altwerden ist nichts für Feiglinge", zitierte er kürzlich einen bekannten Denkspruch.

Im Gegensatz zu seinen Nachfolgern war Krings kein haupt-, sondern ehrenamtlicher Oberbürgermeister der Stadt. Im Hauptberuf war er Lehrer für Deutsch und Geschichte, viele Jahre arbeitete er als Rektor der Realschule Broich in Mülheim. Obwohl Krings kein Verwaltungschef war und deshalb keine unmittelbare Entscheidungsbefugnis hatte, verfügte er als Vorsitzender des Stadtrates und als Mitglied in verschiedenen Gremien über eine gewisse Macht. Unabhängig davon war Krings, der 1962 in den Duisburger Stadtrat einzog, einflussreich. Das lag an seiner Persönlichkeit und seinem Auftreten. Die Duisburger hatten bei ihm immer das Gefühl, dass er die Geschicke der Stadt führt, obwohl dies eigentlich eher Sache der damaligen Oberstadtdirektoren war.

Krings' Oberbürgermeisterzeit war geprägt vom Strukturwandel, zu dem auch der Arbeitskampf in Rheinhausen gehörte. Und da muss natürlich jene legendäre Szene in Erinnerung gerufen werden, als Krings einen von protestierenden Arbeitern zum Rathaus gebrachten Schienenstrang schulterte, um seine Solidarität zu bekunden. Da konnte man erleben, dass pfeifende Demonstranten plötzlich innehielten und einem Stadtoberhaupt, also einem "von oben", Beifall zollten.

Viele nannten Krings einen "Kulturoberbürgermeister", ein Beiname, der ihm gar nicht gefiel. Man dürfe die Bereiche Kultur, Soziales, Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung nicht gegeneinander ausspielen, war und ist sein Credo. Krings bemühte sich in seinem Oberbürgermeisteramt immer wieder darum, Investoren für die Stadt zu gewinnen. Dabei half ihm sein großes kommunikatives Talent, das wohl oftmals dazu beitrug, dass distanzierte Unternehmensvertreter ihre anfänglich ablehnende Haltung gegenüber der Stadt Duisburg aufgaben. Krings betonte bei Verhandlungen mit auswärtigen Politikern und Managern immer die Internationalität der Stadt Duisburg. Den Kreis möglicher Partner wollte er immer so groß wie möglich ziehen. "Duisburg braucht eine kommunale Außenpolitik", sagte er mit Überzeugung. In seinem Buch "Begegnungen" hat Krings einige dieser außenpolitischen Treffen lebendig geschildert. Wobei er auch die Begegnungen mit einfachen Menschen würdigte.

Immer wieder gern zitiert wird Krings' Begründung, in Duisburg ein kommunales Kino, das spätere Filmforum, zu installieren. Als Vorsitzender des Kulturausschusses las Krings einfach das damals aktuelle Sex- und Schmonzetten-Kinoprogramm aus der Tageszeitung ab. Der Stadtrat votierte daraufhin einstimmig für das Filmforum, das seit dem 1. September 1970 anspruchsvolles Kino in Duisburg bietet. Es ist das erste kommunale Kino in Deutschland. Für Krings war es selbstverständlich, dass er viele Jahre später zu den Gründungsmitgliedern des Vereins "Freunde des Filmforums" gehörte. Der Erhalt der denkmalgeschützten Liebfrauenkirche ist ihm eine Herzensangelegenheit. Dass die Mercator-Halle abgerissen wurde, wird ihn geschmerzt haben. Aber er setzte ein Zeichen der Versöhnung, als er zusammen mit seiner Frau Claire demonstrativ das erste Philharmonische Konzert in der neuen Halle besuchte.

Gewiss hat Krings auch dazu beigetragen, dass sich seine Partei, die SPD, der er seit 1957 angehört, letztlich für den Ankauf der Lehmbruck-Sammlung aussprach, der durchaus nicht unumstritten war.

Viele rechneten es Krings hoch an, dass er nach der Loveparade-Katastrophe jene Worte und Gesten fand, die bei anderen Repräsentanten der Stadt vermisst wurden. Der damalige Oberbürgermeister Adolf Sauerland hätte wohl besser auf Krings' Ratschlag gehört, freiwillig abzutreten. Dass Krings seinem Nachfolger diesen Ratschlag gab, war durchaus bemerkenswert. Schließlich hatte Sauerland (CDU) seinen Vorgänger Krings wieder mit repräsentativen Aufgaben betraut. Bärbel Zieling war zwar wie Krings in der SPD, stellte ihren unmittelbaren Vorgänger aber gewissermaßen kalt. Für Krings war Zielings Missachtung gewiss eine Kränkung.

Getrübt wurde Krings Ansehen vor zwei Jahren mit der Führerschein-Affäre. Krings wurde beim Autofahren erwischt, obwohl er keinen Führerschein mehr besaß. Er selber sprach von einem "unverzeihlichen Fehler". Es wird gedauert haben, bis er diese selbstverschuldete Rufschädigung verkraftet hat. Dabei hilft ihm vielleicht die Erkenntnis, die er wiederholen kann: "Altwerden ist nichts für Feiglinge."

(pk)
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