Duisburg Der Blick von oben auf die "Queen Mary 2"

Duisburg · Am Sonntag wird im Museum der Deutschen Binnenschifffahrt eine Ausstellung mit Kunstwerken von Dirk Brömmel eröffnet. Ein einziges Foto-Werk des Künstlers besteht aus bis zu 380 Einzelfotos.

 Dirk Brömmels Fotokunst bietet manch ungewohnte Ein- und Anblicke in seiner Ausstellung der Serie "Kopfüber".

Dirk Brömmels Fotokunst bietet manch ungewohnte Ein- und Anblicke in seiner Ausstellung der Serie "Kopfüber".

Foto: Christoph Reichwein

Es dauert nur ein bis zwei Minuten, bis die 345 Meter lange "Queen Mary 2" eine Brücke unterquert hat. Diese kurze Zeitspanne muss Dirk Brömmel gut ausnutzen, um ein solches fotografisches Kunstwerk zu schaffen, wie es jetzt im Museum der Deutschen Binnenschifffahrt zu sehen ist. Vor allen Dingen müssen die Lichtverhältnisse stimmen. Besonders tückisch sind Wolken, die sich für wenige Augenblicke vor die Sonne schieben können und damit alle Vorbereitungen des Künstlers zunichte machen. Denn mit einer einzigen gelungenen Aufnahme ist es nicht getan. Dirk Brömmels Fotokunstwerk von der "Queen Mary 2" setzt sich aus 380 Einzelaufnahmen zusammen, die mit Hilfe eines Computerprogramms in akribischer Arbeit zu einem einzigen Werk zusammengesetzt werden.

Ein Jahr hat Dirk Brömmel am "Blick von oben" auf das Luxuspassagierschiff im heimischen Studio gearbeitet. Zwar nicht täglich, aber fast täglich, ungezählte Stunden lang. Das erklärt auch den Preis von 25 000 Euro für ein solches Fotowerk, dessen Auflage mit zwölf Exemplaren gering gehalten wird.

Die "Queen Mary 2" von Dirk Brömmel kann man als Prunkstück der Duisburger Ausstellung bezeichnen. Die anderen 29 Arbeiten der Schau sind nicht ganz so aufwendig in der Gestaltung gewesen, aber deshalb nicht minder interessant. Alle Arbeiten gehören zu Brömmels Serie "Kopfüber". Der Titel deutet die Arbeitsweise des vielfach ausgezeichneten Künstlers an: Brömmel fotografiert Schiffe immer von Brücken herab. Kopfüber hängt dabei sein Kameraobjektiv über den Schiffen, um jeden Meter digital zu erfassen. Am Ende bildet eine Vielzahl von Einzelaufnahmen das Material für seine am Computer zusammengefügten Werke.

Charakteristisch für Brömmels Aufsichten ist, dass die Schiffe "freigestellt" präsentiert werden, losgelöst vom Wasser und der Umgebung. Sie werden am Schluss auf einfarbige Acrylglasflächen montiert, deren Farbton irgendwo auf dem Schiff wiederzufinden ist. Diese Verfahrensweise lassen die fotografierten Schiffe wie ungewöhnliche Grafiken aussehen, die weder der gegenständlichen, noch der abstrakten Kunst zuzuordnen sind. Für diese faszinierenden Arbeiten gibt es keine künstlerischen Schubladen. Die Werke der Duisburger Schau bilden einen Querschnitt aus zwölf Jahren Brömmelscher "Kopfüber"-Kunst. Auf der ganzen Welt fotografierte Brömmel Personenschiffe, Frachtschiffe, Gondeln, "schwimmende Märkte" und neuerdings Flöße. Bevor Brömmel seine Kamera schultert, muss er immer erst recherchieren, von welcher Brücke er sein Motiv am besten einfangen kann. Bei der "Queen Mary 2" war es beispielsweise eine Brücke bei Bergen in Norwegen. Das Werk, das nun im Museum hängt, entstand übrigens erst bei Brömmels zweitem Versuch: Beim ersten Mal stand er auf der Bergener Brücke, konnte vom weltbekannten Liner aber nur das Signalhorn sehen, weil der Nebel undurchdringlich war. Drei Jahre später hatte er Glück und die lange Reise eigens für dieses Werk war von Erfolg gekrönt.

Brömmel kann viele schöne Geschichten von seiner Arbeit erzählen. Für eine Auftragsarbeit fuhr er beispielsweise von Brücke zu Brücke einem Binnenschiff hinterher. Immer wieder machten die Lichtverhältnisse einen Strich durch die Aufnahmen. Am Schluss schien alles gut zu gehen, bis buchstäblich in der letzten Sekunde die besagte tückische Wolke heraufzog. In seiner Not rief Brömmel den Kapitän des Frachters an. Und der habe Mitleid mit ihm gehabt und tatsächlich den Rückwärtsgang eingelegt...

Wie man sieht, hat sich die Gefälligkeit gelohnt.

(RP)
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