Trinkhallen In Duisburg Dem Kiosksterben entgegenwirken

Duisburg · Viele Kioskbesitzer haben zu kämpfen. Ruhr-Tourismus will mit einem Ehrenjahr auf die Hallen aufmerksam machen.

 Das blaue Büdchen an der Amtsgerichtsstraße macht auch mit beim Tag der Trinkhallen. Es existiert schon seit 1905.

Das blaue Büdchen an der Amtsgerichtsstraße macht auch mit beim Tag der Trinkhallen. Es existiert schon seit 1905.

Foto: Christoph Reichwein (crei)

Mittags im "Buchholzer Treff" an der Lüderitzallee: Kinder rennen in den Kiosk, suchen sich Süßigkeiten aus und hüpfen freudestrahlend zur Kasse. "Ich weiß ja nicht, ob sie sich davon nicht eher ein Brötchen kaufen sollten", sagt Helmut Kirsten und lacht. Dabei ist ihm eigentlich gar nicht so sehr zum lachen zumute, denn das Kiosk-Geschäft ist nicht mehr das, was es einmal war.

Vorbei sind die Zeiten, als Scharen von Kindern mit wenig Geld in der Tasche Brausepulver und lose Bonbons kauften, die in großen verschlossenen Gläsern allzu verführerisch wirkten, um einfach vorbeizugehen. Fast vergessen sind die Zeiten, an denen sich nach Feierabend Männer auf ein Bierchen an der Bude verabredeten - zum Klönen und Philosophieren. Kioske, das waren einmal die Nachrichtenzentralen im Viertel, wo kleine und große Politik gemacht und Probleme diskutiert wurden. Und wer aus dem Revier wegzog, der musste verwundert feststellen, dass es anderswo in der Regel keine solche Büdchenkultur gab.

 Helmut Kirsten mag die Arbeit in seinem Kiosk, auch wenn es nicht immer einfach ist. Vor allem freut er sich, wenn viele Gäste kommen.

Helmut Kirsten mag die Arbeit in seinem Kiosk, auch wenn es nicht immer einfach ist. Vor allem freut er sich, wenn viele Gäste kommen.

Foto: Reichwein

Der 53-jährige Helmut Kirsten muss kämpfen - jeden Tag aufs Neue. "Als wir noch die Mark hatten, war bei den Leuten eher Geld da", meint er. Jetzt merke man vielen an, dass das Geld fehle. Dabei kostet ein Kaffee im "Buchholzer Treff" gerade einmal 1,20 Euro.

2016 ist das Jahr der Kioske - ausgerufen vom Ruhr-Tourismus. Vor 150 Jahren gab es das erste Büdchen im Ruhrgebiet, dem viele Hunderte folgten. Auch für Helmut Kirsten machen die Büdchen die Region aus. "Aber die Kioske sterben aus", sagt der 53-Jährige. Das liege unter anderem an den immer höheren gesetzlichen Auflagen. Im "Buchholzer Treff" gibt es schon seit 20 Jahren Zeitungen, Lebensmittel, Alkohol, alkoholfreie Getränke und Zigaretten. Die würden sich am besten verkaufen. Lebensmittel würden die Leute inzwischen eher in den großen Supermärkten besorgen - außer sonntags. Wichtiges, das beim Großeinkauf vergessen wurde, ist dann bei ihm gefragt.

Sein Büdchen hat fast immer geöffnet. Täglich stehen entweder Kirsten oder seine Ex-Frau hinter dem Tresen - von 7 bis 21 Uhr. Urlaub habe er in den vergangenen Jahrzehnten nicht mehr gehabt. "Ich arbeite jeden Tag", sagt Kirsten. Täglich kämen sogar Gruppen zum Frühstücks-Plausch in seinen Kiosk. "Aber es sind zu wenige", sagt er. Denn Spaß mache es vor allem dann, wenn viele Leute in seinem kämen, mit denen man sich unterhalten und einen Kaffee trinken könne. Oder denen man eine Freude machen könne, indem man einfach mal nur zuhöre.

Warum es in vielen Kiosken mittlerweile schlechter läuft, liegt für Axel Biermann, Geschäftsführer von Ruhr Tourismus, an der starken Konkurrenz durch die Tankstellen-Shops und durch das erweiterte Ladenschlussgesetz mit Öffnungszeiten bis 24 Uhr. Der Tourismusverband will daher mit dem Tag der Trinkhallen am 20. August ein Zeichen setzen. "Die Kioske sollen gewürdigt werden". Gleichzeitig sollen sie auch Grund für eine Reise nach Duisburg sein. Mit einer Budentour, bei der es Kabarett, Musik oder Lesungen in den einzelnen Büdchen gibt, sollen Besucher angelockt werden. Axel Biermanns Meinung nach könnte es durch den demografischen Wandel auch noch einmal zu einem Comeback der glorreichen Kioskzeit kommen. Denn gerade ältere Menschen könnten von Kiosken in ihrer Nähe profitieren, wenn der nächste Supermarkt weiter weg sei - oder wenn einfach mal jemand nötig ist, der zuhört.

Haben Sie vielleicht einen Lieblingskiosk? Wie wichtig ist Ihnen der Erhalt der kleinen Läden? Schreiben Sie uns: redaktion.duisburg@rheinische-post.de.

(RP)
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