Duisburg Das muss man erlebt haben!

Duisburg · Als Duisburger Premiere stellte der neue Ballettdirektor der Rheinoper, Martin Schläpfer, seinen dreiteiligen Ballettabend "b.01" vor. Die Duisburger Philharmoniker setzten das Tüpfelchen aufs "i".

Martin Schläpfer, seit dieser Spielzeit neuer Ballettdirektor der Deutschen Oper am Rhein Düsseldorf/Duisburg, hat eine für einen Choreographen extrem wichtige Fähigkeit: Er kann mit seinen Arbeiten das Musikgefühl verdichten, er kann den Tanz die Musik zugleich erfüllen und hinterfragen lassen. So auch in dem dreiteiligen Ballettabend "b.01", der jetzt ins Duisburger Haus der Rheinoper übernommen wurde.

Zunächst in Schläpfers "Marsch, Walzer, Polka" auf vier Werke der Strauß-Dynastie. Die Wien-Ekstase wird hier zugleich angeschoben und ausgebremst. Das ist trotz Donau-Walzer weit mehr als ein "Anti-Neujahrskonzert", das ist eine liebevoll-kritische Hommage an den Geist der Donau-Metropole. Das spürt mit dem Walzer "Sphärenklänge" von Josef Strauß auch dem melancholischen Unterstrom dieser Kultur nach.

Das ist aber auch witzig, etwa wenn zur Annen-Polka eine Tänzerin einen Nervenzusammenbruch mimt oder zum Radetzky-Marsch ein Tänzer alles Militaristische durch den Kakao zieht - frei nach Mauricio Kagel ein Marsch, um den Sieg zu verfehlen.

Wo dieser Neo-Neoklassizismus unter anderem herkommt, zeigt sich dann in dem Ballett "Frank Bridge Variations" von Hans van Manen, in dem der große niederländische Choreograph die Charaktervariationen für Streichorchester von Benjamin Britten über ein Thema seines verehrten Lehrers Frank Bridge kongenial in puren Tanz übersetzt. Diesmal sogar mit der finalen Utopie, dass Liebe zwischen Mann und Frau vielleicht doch möglich ist.

Das sind jedoch nur leichte Vorspiele zu der abschließenden, äußerst kraftvollen Uraufführungs-Produktion von Schläpfers "3. Sinfonie" auf die gleichnamige Komposition von Witold Lutoslawski. Ob das Stück nun mehr über einen steinzeitlichen Stamm handelt, die polnische Geschichte streift oder ganz zeitlos die Frage nach Freiheit und Lebensgestaltung stellt, erscheint nicht entscheidend. In jedem Fall ist es eine Herausforderung.

Den ganzen meisterhaften Ballettabend muss man erlebt haben. Nicht zuletzt die Duisburger Philharmoniker, deren überwältigende Klarheit und filigrane Feinarbeit sicherlich auch auf das Konto des 1980 geborenen Ausnahme-Dirigenten Christoph Altstaedt gehen.

(RP)
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