Duisburg Bildungspaten kümmern sich um Kinder

Duisburg · Marxloh gilt als Problemviertel. Das Projekt "Tausche Bildung für Wohnen" will mit Hilfe von Bildungspaten das Image des Stadtteils ändern und Kindern aus Marxloh eine Perspektive bieten.

 Die Ehrenamtlichen Liliana Correia de Almada und Lisa Marie Peters helfen in ihrer Bildungs-WG Kindern bei den Hausaufgaben.

Die Ehrenamtlichen Liliana Correia de Almada und Lisa Marie Peters helfen in ihrer Bildungs-WG Kindern bei den Hausaufgaben.

Foto: Stefan Arend

Übersichtlich angeordnet stehen eine Milchtüte, Olivenöl, Kakao, Brot und weitere Lebensmittel in der Küche auf einem Regal. Alle Produkte sind mit weißen Zetteln mit der deutschen Bezeichnung gekennzeichnet. Am Morgen haben die Bewohner der Bildungs-WG in Marxloh hier Flüchtlingskindern Deutsch beigebracht. Auch die Betreuung von Asylsuchenden übernimmt das Projekt "Tausche Bildung für Wohnen" mittlerweile. Daneben sind die sechs Mitarbeiter, die Bildungspaten genannt werden, in ihrer WG vor allem für die Kinder aus der Nachbarschaft da.

Sie helfen ihnen beim Lernen, kickern oder spielen mit ihnen. Das besondere daran: Die Bildungspaten können im Gegenzug für ihre Arbeit in einer der beiden Wohnungen des Vereins "Tausche Bildung für Wohnen" in Marxloh umsonst wohnen. Die jungen Leute absolvieren teils einen Bundesfreiwilligendienst in dem Projekt, teils studieren sie oder machen eine Ausbildung. Daneben kümmern sie sich zwischen 30 und 100 Stunden pro Monat um Kinder aus dem Stadtteil, der bundesweit als Problemviertel gilt.

Marxloh zählt bekanntlich zu den ärmsten Stadtteilen in Deutschland und hat eine überdurchschnittlich hohe Kriminalitätsrate. In dem Viertel mit 19.000 Einwohnern liegt die Arbeitslosigkeit bei 16 Prozent. 64 Prozent der Menschen haben ausländische Wurzeln. "Unser Ziel ist es, vorhandene Stärken bei den Kindern auszubauen und nicht immer nur auf die Schwächen zu verweisen", sagt die Initiatorin von "Tausche Bildung für Wohnen", Christine Bleks.

Die Kinder würden ständig mit Defiziten konfrontiert. "Mit so einem Blick auf das eigene Leben können sie sich nicht vernünftig entwickeln." Im Projekt solle ihnen bewusst werden, dass ihr Leben nicht an der Stadtteilgrenze von Marxloh ende, sondern noch weiter gehen könne, sagt Bleks.

"Am Anfang dachte ich: Marxloh, mein Gott", sagt Projektmitarbeiterin Liliana Correia de Almada, die nach dem Fachabitur für ihren Bundesfreiwilligendienst aus Aachen nach Duisburg zog. "Aber es ist hier gar nicht so schlimm, wie alle immer sagen."

Rund 50 Jungen und Mädchen von der ersten bis zur sechsten Klasse kommen nun regelmäßig zu den Bildungspaten in Marxloh. Viele von ihnen stammen aus Familien, die Unterstützung vom Staat erhalten. Die Bildungspaten kochen mit ihnen, helfen bei den Hausaufgaben und planen Freizeitaktivitäten. "Wir sind Vorbilder für die Kinder", sagt Lisa Marie Peters, die ebenfalls einen Bundesfreiwilligendienst bei dem Projekt im Duisburger Norden absolviert.

Die Bildungspaten sollen durch ihren Anwesenheit auch den Stadtteil aufwerten und selber zu Botschaftern werden, die ein besseres Bild von Marxloh nach außen tragen, sagt Projektleiterin Christine Bleks. Vielleicht könne so langfristig eine Wende in der sozialen und städtebaulichen Abwärtsspirale geschafft werden. Nicht jeder sei für den Job geeignet, räumt Bleks ein. "Wir brauchen Mitarbeiter, die improvisieren und organisieren können. Dafür bekommen sie aber auch ein Betätigungsfeld mit viel Gestaltungsfreiheit."

Geboren wurde die Idee zu "Tausche Bildung für Wohnen" im Rahmen des Kulturhauptstadtjahrs im Ruhrgebiet 2010. Mit der Projektidee gewann Bleks mit einem Kollegen einen Förderpreis der Vodafone Stiftung, der mit 40.000 Euro dotiert war. Inzwischen finanziert sich das Projekt nach ihren Worten aus Mitteln des Bildungs- und Teilhabepakets des Bundes und Spenden.

Mittlerweile ist auch die Flüchtlingskrise bei dem Projekt angekommen. Für den Sprachunterricht für die Flüchtlingskinder bekommt der Verein zurzeit noch keine zusätzlichen Mittel, übernimmt ihn aber trotzdem. Neun Kinder zwischen sieben und 13 Jahren aus dem Irak und Syrien nehmen am Deutschunterricht teil, berichtet Bleks und fügt hinzu: "Die Kinder sind unheimlich wissbegierig."

(RP)
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