Duisburg Bereits vor dem Einstieg aussteigen

Duisburg · Salafisten suchen sich gezielt ihre Anhänger. Vor allem junge Menschen sind gefährdet. Ein Präventionsprogramm soll das verhindern.

Pierre Vogel (Abu Hamza) - Salafist und Prediger aus Deutschland
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Foto: dpa, Marius Becker

Sie gehen direkt auf Jugendliche zu oder propagieren im Internet: 8000 Salafisten gibt es bundesweit, 2500 allein in Nordrhein-Westfalen, sagte gestern das Innenministerium, das im Duisburger Rathaus das Präventionsprogramm "Wegweiser" vorstellte. Es soll helfen, dass Menschen gar nicht erst in diese radikale Szene abrutschen. Nach Städten wie Bonn oder Düsseldorf, gibt es jetzt einen Standort in Duisburg und einen weiteren für den Kreis Wesel in Dinslaken, wo bekanntlich ein junger Mann von den Salafisten angeworben worden war und in Syrien als IS-Kämpfer in Erscheinung trat. Das Präventionsprogramm "Wegweiser - gemeinsam gegen gewaltbereiten Salafismus" soll Jugendliche bereits vor ihrem Abrutschen in die radikale Szene auffangen.

Salafisten verteilen Koran in Mönchengladbach
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Oft sind laut Innenminister Ralf Jäger gerade junge Menschen, die nach Orientierung suchen, gefährdet. Sie würden sich ausgegrenzt fühlen und seien besonders empfänglich für die Ideologie. Salafisten würden im persönlichen Kontakt, aber vor allem im Internet die Jugendlichen ermutigen, sich deren radikalen Gedanken und Taten anzuschließen.

Das Programm soll vorher greifen, der Ausstieg schon vor dem Einstieg erreicht werden, so der Innenminister, der bekanntlich Duisburgs SPD-Parteichef ist. Der Bedarf sei da. Es gebe viele Nachfragen von besorgten Angehörigen, Freunden und Lehrern, die Veränderungen feststellen und Rat suchen.

Sven Lau (Abu Adam): Gründer der "Scharia-Polizei" und Hass-Prediger
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Foto: Raupold

In den bereits vorhandenen Wegweiser-Stellen gab es bisher 2700 Kontakte von Jugendlichen oder aus ihrem Umfeld. Sie reichen von einer Beratung am Telefon bis hin zu einer intensiven Betreuung - das sind derzeit 90 Fälle, so Burkhard Freier vom Verfassungsschutz. Diese müsse bei jedem individuell erfolgen, ergänzt Jäger. Die einen bräuchten Betreuung bei schulischen, die anderen bei privaten Problemen. Vor allem auf Nachhaltigkeit möchten die Städte sowie das Land setzten.

"Diese Form von Extremismus verschwindet nicht einfach morgen, sondern bleibt", sagt Ralf Jäger. Deshalb würden die betreuten Personen auch langfristig begleitet. Um das finanzieren zu können, bekommt jede Stadt - so auch Duisburg und Dinslaken - eine ganze Stelle bezahlt. Das heißt, das Land übernimmt jährlich Kosten zwischen 40.000 und 60.000 Euro. Die Betreuer sollten lokal gut vernetzt sein und mit Jugendlichen oder im sozialen Bereich gearbeitet haben.

Eine offene Beratungsstelle ist "Wegweiser" aber nicht. Wo sich das Büro findet, wird nicht bekannt gemacht. Das sei eine Schutzmaßnahme für die Beratungsstellen und für die Menschen, die dort Hilfe suchen, so Christa Janke-Horstmann von der Stadt Dinslaken. Nach dem telefonischen Kontakt würden die Berater raus zu den Betroffenen gehen.

Die Angst davor, dass Salafisten durch die Flüchtlinge ihre Szene gezielt zu erweitern versuchen, ist da. Die Mehrzahl der Menschen fliehe vor Terror und Gewalt, die Gefahr dass sie aber in diese Richtung abgleiten, sei gering, schätzt Ralf Jäger die Lage ein. Natürlich bestehe aber immer die Gefahr, dass Salafisten versuchen, die Asylbewerber abzuwerben.

Wie viele Salafisten in Duisburg und im Kreis Wesel leben, könne man nicht genau sagen. "Man darf nicht in Stadtgrenzen denken", so Jäger. Vielmehr müsse ein flächendeckendes Netz für ganz Nordrhein-Westfalen gewährleistet sein. Deshalb seien weitere Standorte geplant. In diesem Jahr zum Beispiel in Köln und Mönchengladbach, aber auch in Aachen und Münster.

Weitere Informationen über das Präventionsprojekt sind zu finden unter der Adresse www.mik.nrw.de/verfassungsschutz/islamismus/wegweiser.html

(RP)
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