Duisburg Ballett über Glauben und Zweifeln

Duisburg · Die Deutsche Oper am Rhein Düsseldorf/Duisburg übernahm jetzt Martin Schläpfers jüngsten Ballettabend "b.32" über die "Petite Messe solennelle" von Gioacchino Rossini erfolgreich in ihr Duisburger Haus.

 Szene aus Schläpfers Ballett "Petite Messe solennelle" von Gioacchino Rossini.

Szene aus Schläpfers Ballett "Petite Messe solennelle" von Gioacchino Rossini.

Foto: gert weigelt (DOR)

Das ist schon eine ungewöhnliche Messvertonung. Der vor 225 Jahren geborene Rossini (1792-1868) beendetee schon mit 37 Jahren seine Karriere als Opernkomponist, setzte sich in Paris zur Ruhe und schrieb bis zu seinem Tod nur überwiegend kurze Stücke, genannt "Pêchés de viellesse" (Alterssünden). Gut 80 Minuten dauert das mit Abstand längste dieser Werke, eben die "Petite Messe solennelle" (Kleine feierliche Messe) von 1863, für Soli, Chor, zwei Klaviere und Harmonium. Das war damals in der französischen Kirchenmusik eine durchaus übliche Besetzung, und die Uraufführung fand in einer Privatkapelle statt. Die Musik verbindet die unterschiedlichsten Einflüsse von Johann Sebastian Bach bis zu Tanzmusik, stellt mit dieser mehrdeutligen Mischung die letztlich tiefsinnigen Fragen nach Glaube und Zweifel. "Lieber Gott", schrieb Rossini an den Rand des Manuskripts, "voilà, nun ist diese arme kleine Messe beendet. Ist es wirklich heilige Musik (,musique sacrée'), die ich gemacht habem oder ist es vermaledeite Musik (,sacrée musique')? Ich wurde für die Opera buffa geboren, das weißt Du wohl! Wenig Wissen, ein bisschen Herz, das ist alles. Sei also gepriesen und gewähre mir das Paradies."

Martin Schläpfer knüpfte mit seiner jüngsten Kreation dort an, Menschen, den Kostümen nah Ende der 1940er Jahre, setzen sich auf einem italienischen Dorfplatz oder in einer Kirche (das lapidare Bühnenbild von Florian Etti lässt beide Deutungen zu) eben mit Glaube und Zweifel auseinander. Auch den hintergründigen Humor hat der Choreograph mit dem Komponisten gemeinsam. Und wie in der Komposition, finden sich auch in der Vertanzung sowohl vertrautes Vokabular ihrer Schöpfer als auch verblüffend Neues. Der erste Teil erscheint eher anekdotisch, im besten Sinne unterhaltsam, während es im zweiten Teil ans Eingemachte geht. Doch schon vor der Pause beeindruckt das "Cruzifixus", das hier die zentrale Frage stellt: Wenn Jeus am Kreuz gestorben ist, um uns zu erlösen, wieso hat sich dann in den letzten 2000 Jahren nichts geändert? Camille Andriot, behängt mit unendlich vielen Rosenkränzen, zu denen sie im Laufe dieses Solos eine hasserotische Beziehung entwickelt, steigert sich in glühende Präsenz. Höhepunkt ist ganz am Schluss das "Agnus Dei", in dem sich die Bitte um Frieden in eine Mobbing-Szene auflöst. Es gibt viel zu sehen, ohne dass die - ohnehin nicht schwer zu verstehende - Musik überfrachtet würde.

Den Orchestergraben füllen diesmal 24 Sängerinnen und Sänger des Chors der Deutschen Oper am Rhein, den man selten so klar und klangbewusst gehört hat. Dazu die vier vorzüglichen Solisten Sarah Ferede (Sopran), Susan Maclean (Alt), Ovidiu Purcel (Tenor) und Torben Jürgens (Bass). Wolfgang Wiechert und Dagmar Thelen bedienen zwei restaurierte Original-Hammerflügel von Pleyel, deren weicher Klang sich besser mit den Gesangs-Stimmen und dem gleichfalls historischen Harmonium aus dem Besitz des Duisburger Theaters (Patrick Francis Chestnut) mischt. Die souveräne Gesamtleitung hat Chordirektor Gerhard Michalski.

Die nächsten Aufführungen sind am Samstag, 21. Oktober, und Donnerstag, 16. November, jeweils um 19.30 Uhr, sowie am 12. November, um 15 Uhr. Karten am einfachsten im Internet unter karten@theater-duisburg.de.

(RP)
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