Von Frau Zu Frau Arbeitsagentur-Chefin - kein leichter Job

Duisburg · Gibt es eigentlich für erfolgreiche Frauen im Job eine kennzeichnende Frisur? Natürlich nicht! Aber wenn es sie gäbe, dann wäre es vielleicht die von Astrid Neese.

 Astrid Neese steckt voller Elan und guter Ideen, um Duisburgs Arbeitsmarkt positiv zu beeinflussen. Vertrauen in ihre Mitarbeiter ist ihr dabei ganz wichtig.

Astrid Neese steckt voller Elan und guter Ideen, um Duisburgs Arbeitsmarkt positiv zu beeinflussen. Vertrauen in ihre Mitarbeiter ist ihr dabei ganz wichtig.

Foto: reichwein

Die Geschäftsführerin der Agentur für Arbeit in Duisburg ist ganz offensichtlich ein Energiebündel, zu dem die blonde Kurzhaarfrisur bestens passt. Wer sich mit der 55-Jährigen unterhält, gewinnt den Eindruck, dass sie ihr Temperament zwar Zügeln kann, aber nur mit Mühe. Da drängt sich die Frage, ob sie ungeduldig ist, förmlich auf. Ohne Umschweife bejaht sie das. Sie scheint eben nicht nur durchsetzungsstark und ideenreich zu sein, sondern auch ehrlich.

Duisburg gehört im Land NRW zu den Städten mit der höchsten Arbeitslosigkeit. Ausweglos scheinen alle Versuche zu sein, das zu ändern. Doch Astrid Neese ist alles andere als eine Frau, die sich dadurch beeindrucken oder ausbremsen lässt. Sie will etwas bewegen, daran besteht kein Zweifel.

 Täglich fährt Astrid Neese von Haldern bei Rees zu ihrem Arbeitsplatz an der Wintgensstraße in Duissern.

Täglich fährt Astrid Neese von Haldern bei Rees zu ihrem Arbeitsplatz an der Wintgensstraße in Duissern.

Foto: Christoph Reichwein

Von ihrem Büro in der siebten Etage des Agenturgebäudes an der Wintgensstraße in Duissern hat sie einen weiten Blick über ihr "Arbeitsgebiet", zu dem auch die Industrie im Norden und Westen der Stadt gehören, wo früher Zentausende einen Job hatten. Der Strukturwandel hat das geändert. Und er hat teilweise selbst andere Strukturen hinterlassen. Wer hier keine Stelle hat, der ist nicht alleine, ist in manchen Stadtteilen sogar in eine Gemeinschaft einbettet, die das gleiche Los verbindet. Unheilvoll sei das, sagt Astrid Neese. Wo nicht der eine auf den anderen aufpasst und ihn drängt, arbeiten zu gehen, sei es schwer zu vermitteln, dass es keine Lösung sein könne, sich in sein Schicksal zu vergraben und aufzustecken.

Astrid Neese kennt solche Entwicklungen auch aus ihrer Tätigkeit bei der Agentur für Arbeit in Dortmund. Dort sei die Lage vergleichbar. Um so wichtiger ist es ihr, dass den Kunden des "Arbeitsamtes" nicht lediglich eine Stelle angeboten wird, sondern dass ihnen auch Mut gemacht wird, Neues zu wagen; dass sie möglichst optimal und individuell beraten werden, um den Weg zurück auf den Arbeitsmarkt zu finden; dass sie aufgebaut werden, wenn es nicht auf Anhieb klappt. Tag für Tag versuchen das ihre rund 300 Mitarbeiter immer wieder aufs Neue, ist sie fest überzeugt. Dass es dabei mal zu Fehlern oder Pannen kommt, redet Astrid Neese nicht klein.

Das Vertrauen in ihre Mannschaft ist dennoch sehr groß. Und so will sie ihre derzeitige Hospitanz in den verschiedenen Abteilungen in keinem Fall als Kontrollbesuch gewertet wissen. "Ich halte es einfach für wichtig, die Kernerarbeit hautnah zu erleben und nicht nur theoretisch darüber zu sprechen", sagt sie. Außerdem bekommt sie bei solchen Besuchen den vermutlich authentischsten Eindruck von den Kunden, der möglich ist.

Astrid Neese ist Juristin, eine "Spätberufene", wie sie selbst sagt. Nach dem Abitur absolvierte sie zunächst eine Verwaltungsausbildung, bevor sie mit 27 Jahren ihr Studium aufnahm. Geboren und aufgewachsen in Lippe, sind ihr die Eigenarten des Ruhrgebietes vertraut. Sie liebt die offene und direkte Art der hier lebenden Menschen, sagt sie. Und sie könne auch gut damit umgehen, selbst mit einem Kommentar, der für Auswärtige schon wie eine Beleidigung klingt.

Dortmund hat Astrid Neese nicht ganz ohne Wehmut verlassen. Immerhin hatte sie auch dort ein tolles Team um sich herum. Daher floss beim Abschied auch das eine oder andere Tränchen - auch bei ihr, sagt sie. Doch die Duisburger machten es ihr von Anfang an leicht, sich an der Wintgensstraße einzufinden. Von Duisburg kannte sie bereits das Museum Küppersmühle und hat inzwischen auch die weniger "künstlerischen" Seiten kennengelernt, so zum Beispiel Marxloh, eben jenen Stadtteil, der nicht nur der Polizei viele Sorgen bereitet, sondern in dem auch ein besonders großer Teil der Kunden von Arbeitsagentur bzw. Jobcenter lebt. Sie war schon zu Besuch beim Unternehmerinnenstammtisch und bei Arbeitgebern in unserer Stadt. Einladungen, die ihr dabei helfen, Duisburg und die Duisburger besser kennenzulernen, "nehme ich gerne an". Aber dazu fehlt ihr oft die Zeit, denn Arbeit gibt es für sie an der Wintgensstraße reichlich.

Ihre knappe Freizeit - sie ist dadurch etwas länger geworden, dass sich ihr Weg zwischen Arbeit und Wohnort durch den Wechsel etwas verkürzt hat - verbringt die sympathische Agentur-Chefin am liebsten da, wo sie die Arbeitsmarktprobleme Duisburgs für kurze Zeit vergessen kann. Mit ihrem Lebensgefährten wohnt sie in Haldern in einer Umgebung, in der ihr Dobermann noch reichlich Auslauf hat, in der sie zur Ruhe kommt und ihrem liebsten Hobby (der Bewegung in der Natur) nachgehen kann. Dort findet sie nicht nur Zeit, zu schwimmen, zu lesen und auch mal fernzusehen, sondern auch, um hin und wieder zu kochen, "am liebsten Herzhaftes." Für Kuchen und anderes Süßes, da sei sie nicht zuständig, "das kann man Partner viel, viel besser".

HILDEGARD CHUDOBBA

(RP)
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