Kolumne Maria In Kolumbien Advent auf Lateinamerikanisch

Duisburg · Die Buchholzerin Maria Esser macht seit Anfang September einen Freiwilligendienst in Medellín, Kolumbien. Heute berichtet sie wieder von ihren Erfahrungen mit Kindern, die es im Leben bislang schwer hatten.

 Viele Jungen, die in der Anlaufstelle der Salesianer Don Bosco betreut werden, haben Gewalt- und Verlust-Erfahrungen hinter sich. Beim Unterricht und beim Spielen lernen sie einen geregelten Alltag kennen.

Viele Jungen, die in der Anlaufstelle der Salesianer Don Bosco betreut werden, haben Gewalt- und Verlust-Erfahrungen hinter sich. Beim Unterricht und beim Spielen lernen sie einen geregelten Alltag kennen.

Foto: don bosco

Ciudad Don Bosco in Robledo Aures - das ist mein neues zu Hause für ein Jahr. Schon seit über drei Monaten bin ich im Rahmen meines Freiwilligendienstes hier in Medellín, der zweitgrößten Stadt Kolumbiens. Zusammen mit anderen Volontären aus der ganzen Welt wohnen wir in einem gesonderten Haus für Volontäre.

Mit Magdalena, einer anderen Deutschen, teile ich mir ein Zimmer. Nach den ersten Wochen der Orientierung hat sich mittlerweile ein Alltagsablauf bei uns etabliert. Jeden Morgen fahren wir mit dem öffentlichen Bus von der Ciudad Don Bosco, dem größten Projekt der Salesianer Don Boscos hier in der Stadt, den Berg herunter zu unserem Arbeitsplatz. Medellin liegt in einem Talkessel und die Ciudad liegt auf etwa 1600 Metern Höhe.

Mein Arbeitsplatz ist der Patio, eine Anlaufstelle für Jungen im Alter von acht bis 14 Jahren, die in ihrer Familie Gewalt erfahren, auf der Straße gelebt oder keine Verwandten mehr haben. Momentan leben 73 Jungen in dem Projekt. Viele von ihnen haben schon jahrelang Erfahrungen mit Drogen, Gewalt und Verlustängsten gemacht. Das Ziel des Don-Bosco-Projektes ist es, den Jungen einen geregelten Alltag zu bieten und Grundbausteine wie Hygiene, Lesen, Schreiben, Rechnen und zwischenmenschliches Verhalten einzuüben.

Zu meinen Aufgaben zählt es, den Kindern Englischunterricht zu geben, ihre Freizeit mitzugestalten und zu begleiten. Am Anfang war es für mich eine Herausforderung, Englischunterricht auf Spanisch, der Landessprache, zu geben. Mittlerweile habe ich aber gar keine Verständigungsschwierigkeiten mehr. Im Unterricht bringen wir den Jungen einfaches Vokabular bei; nachmittags haben die Jungen frei. Vor allem malen sie gerne Mandalas, lösen "Buchstabensuppen"-Rätsel, spielen Fußball, und auch ein Autoquartettspiel steht bei ihnen hoch im Kurs.

Im Augenblick sind Sommerferien. Mit den Jungen wird während der Ferien viel unternommen: Wir gehen zusammen in die Stadtbibliothek, in Tier- und Kinderparks und spielen viel Fuß- und Basketball. Alle Aktivitäten sprechen wir mit den Educadores, den Erziehern und der Leitung des Patio ab. Für uns Freiwillige selbst gibt es zwei Ansprechpartner im Projekt. Gemeinsam mit Ihnen und den anderen Freiwilligen unternehmen wir in unserer Freizeit auch viel: So durfte ich beispielsweise mit Padre Fabio nach Amagá, einem Projekt der Salesianer Don Boscos außerhalb Medellíns fahren, um Jurorin bei einem Talentwettbewerb zu sein. Ein anderer Ausflug ging mit allen Volontären nach Guatapé, einem bunten Dorf nahe eines Felsmassivs, etwa zwei Stunden entfernt von Medellín.

Bald steht Weihnachten vor der Tür. Bei tagsüber durchschnittlichen 30 Grad Celsius, blauem Himmel und Palmen ist es für mich ein wenig schwer, in Weihnachtsstimmung zu kommen. Schon jetzt sind die Häuser in den Barrios, wie hier die Wohnviertel heißen, über und über mit bunten Lichterketten behängt. Es gibt jeden Abend kleinere Feiern und Feuerwerke. Weihnachten wird hier nicht wie in Deutschland still und besinnlich begangen, sondern ist ein Fest, wo die Menschen laut feiern und auf die Straße gehen, um die Geburt Jesu gebührend zu begehen.

Aus dem sonnigen Kolumbien wünsche ich allen Leserinnen und Lesern der Rheinischen Post Feliz Navidad - Frohe Weihnachten!

(RP)
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