Duisburg Ab 4.30 Uhr den Vögeln auf der Spur

Duisburg · Wann Tobias Rautenberg zur Arbeit geht, ist oftmals vom Sonnenaufgang abhängig. Der Wissenschaftler arbeitet für die Biologische Station Westliches Ruhrgebiet im Landschaftspark Nord.

 Das Fernglas ist eines der wichtigsten Handwerkszeuge von Tobias Rautenberg. Damit ist er an der Biologischen Station in diesen Tagen schon vor Sonnenaufgang unterwegs.

Das Fernglas ist eines der wichtigsten Handwerkszeuge von Tobias Rautenberg. Damit ist er an der Biologischen Station in diesen Tagen schon vor Sonnenaufgang unterwegs.

Foto: Andreas PRobst

Die Außenstelle der Biologischen Station ist an der Lösorter Straße beheimatet. Hier hat er seinen Büroarbeitsplatz und verarbeitet die Daten, die er während seiner Arbeitszeit in der freien Natur gesammelt hat. Sein Schwerpunkt ist die Vogelkunde. Und da gibt es gerade schlechte Nachrichten: Die Zahl der Kiebitze in der Region Westliches Ruhrgebiet ist rückläufig.

 Tobias Rautenberg zeigt Eine Wasserschnecke aus der Alten Emscher.

Tobias Rautenberg zeigt Eine Wasserschnecke aus der Alten Emscher.

Foto: Andreas Probst

,Was juckt mich der Kiebitz' wird da vermutlich der eine oder andere denken. Doch für die Wissenschaftler wie den Ornithologen Tobias Rautenberg ist so etwas immer alarmierend. "Der Norden von Essen, der Süden von Bottrop und der Süden von Duisburg haben die Art seit 2014 vollständig verloren", heißt es in dem gerade veröffentlichten Bericht der Biologischen Station. Die Ursachenforschung beginnt, doch schon jetzt scheint ein Grund festzustehen: Der Kiebitz leidet unter dem Flächenverbrauch im Ruhrgebiet.

Tobias Rautenberg ist nicht nur im Landschaftspark Nord unterwegs, denn die Biologische Station ist zuständig für die Städte Duisburg, Essen, Bottrop, Oberhausen und Mülheim. Wenn im Frühling die Brutzeit beginnt, ist er ab Sonnenaufgang auf Tour, um unter anderem festzuhalten, welche Vogelarten in welcher Anzahl Nester bauen und den Nachwuchs aufziehen. "Das geht dann bis Ende Juni, dann ist die Brutzeit weitestgehend beendet." Und in dieser Jahreszeit beginnt seine "Schicht" morgens in aller Herrgottsfrühe um 4.30 Uhr, wenn es langsam hell wird.

Ist die Brutzeit der Vögel vorbei, übernimmt Tobias Rautenberg auch die Aufgabe, nach den klassischen Tieren des Sommers wie Libellen oder Heuschrecken Ausschau zu halten. "Im Herbst und im Winter sind wir dann damit beschäftigt, die Jahresberichte zu verfassen. Zur Zeit sind wir für den Bericht 2016 in der Endphase." Der etwa 140 Seiten umfassende Bericht soll bald vorgelegt werden.

Sein Aufgabengebiet umfasst nicht nur das Kartografieren der Vogel- und Insektenbestände. "Wir gehen in Schulen, erstellen Unterrichtsmaterial und unterstützen Veranstaltungen wie den ,GeoTag der Natur', der am 17. und 18. Juni auf der Zeche Zollverein in Essen stattfindet", erklärt der junge Wissenschaftler, der aus Bochum stammt, in Trier studierte und vor seiner Anstellung bei der Biologischen Station als Freiberufler u.a. in Ägypten arbeitete, wo er an Umweltverträglichkeitsgutachten für den Bau eines Windparks mitwirkte.

Seit er seine Tätigkeit für die Biologische Station begann, konnte er beobachten, wie sich vor allem durch die Renaturierung der Alten Emscher im Landschaftspark wieder Arten angesiedelt haben, die auf der Liste bedrohter Tierarten stehen. So finden sich heute im Landschaftspark 35 verschiedene Arten von Libellen. Viele Tiere fanden und finden auf den Industriebrachen den geeigneten Rückzugsraum.

"Das setzt aber auch eine nachhaltige Grünpflege voraus", beschreibt der Vogelkundler eine der Voraussetzungen, dass dies nur so bleiben kann, wenn auf Fauna und Flora Rücksicht genommen wird und nicht mit dem Rasenmäher sämtliche Blüten vernichtet werden, die Insekten anlocken. Und die bilden vor allem während der Brutzeit wiederum die Nahrungsgrundlage für den Vogelnachwuchs.

Dass aus den bebauten Gebieten immer mehr Vögel wie der Mauersegler und der Haussperling verschwinden, liegt nach seiner Meinung daran, dass durch die Sanierung älterer Häuser die Brutmöglichkeiten unter alten Dächern oder in Mauerritzen fehlen.

Außerdem denken viele Gartenbesitzer nicht mehr daran, welche Auswirkungen es hat, wenn sie aus einem blühenden- einen vielleicht schön anzuschauenden Steingarten machen. Dabei würde es vielleicht schon reichen, es in einer Ecke des Gartens blühen und wachsen zu lassen, wie es will, den Rasen mal nicht zu mähen, wenn es auf der Wiese blüht. "Wenn man ein wenig darauf achtet, dass Nahrung für die verschiedenen Tierarten vorhanden ist, hilft das am Ende auch den Vögeln." Beerensträucher für den Herbst locken Vögel, ein Gartenteich lockt Libellen, Molche und Kröten.

Welche positiven Auswirkungen Rücksicht auf Fauna und Flora hat, zeigt sich im Landschaftspark, wo sich mittlerweile fast 600 Pflanzenarten finden, die auf einer Fläche von zwei Quadratkilometern Insekten und Vögel anlocken.

(awin)
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