Duisburg 50 000 sahen Hitler im Wedau-Stadion

Duisburg · Jüdisches Leben war in Duisburg einst ganz normal. Das - und auch die lokale Geschichte von Vertreibung und Deportation - zeigt ab Sonntag eine umfassende Ausstellung im Kultur- und Stadthistorischen Museum.

 v.l.: Museumsdirektorin Dr. Susanne Sommer, Kuratorin Anne Ley-Schalles, Michael Rubinstein (Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinde).

v.l.: Museumsdirektorin Dr. Susanne Sommer, Kuratorin Anne Ley-Schalles, Michael Rubinstein (Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinde).

Foto: Andreas Probst

Am kommenden Sonntag wird im Kultur-und Stadthistorischen Museum die Ausstellung "Noch viele Jahre lang habe ich nachts von Duisburg geträumt - Jüdisches Leben in Duisburg von 1918 bis 1945" eröffnet. Das Zentrum für Erinnerungskultur, Menschenrechte und Demokratie greift damit einen Schwerpunkt seiner Arbeit auf.

Den optischen Blickfang der Ausstellung bilden die großen schwarz-weiß-Fotografien, die wichtige Orte jüdischen Lebens in Duisburg zu damaliger Zeit zeigen. Ergänzt werden diese durch kleinere Farbfotografien derselben Örtlichkeiten zu heutiger Zeit (ins Bild gesetzt von dem langjährigen RP-Fotografen Andreas Probst). Ein altes Panoramabild beispielsweise zeigt 50 000 Zuhörer beim Besuch Adolf Hitlers im Wedau-Stadion.

Die Geschichte von Ausgrenzung, Verfolgung, Vertreibung und Deportation fand nicht "irgendwo" statt, sondern ist auch ein ganz realer Teil Duisburger Stadtgeschichte. Das wird besonders eindrücklich anhand ausgewählter Biografien von Duisburger Juden, die das Geschehen, das viele heute nur noch aus Geschichtsbüchern kennen, um ganz persönliche Bezüge erweitern. "Die Gründung einer jüdischen Volksschule in Duisburg war sein Verdienst. Auch die Entstehung des ,Jüdischen Gemeindeblattes' ging auf Epstein zurück", ist zum Beispiel auf einer Infotafel zu erfahren, die Auskunft über die Biografie von Harry und Bertha Epstein - beide in Duisburg geboren - gibt. Über Jahrhunderte hinweg waren Juden Teil der Duisburger Stadtgesellschaft. Sie arbeiteten zusammen mit Nicht-Juden, waren Besitzer großer, modernster Kaufhäuser an der Beekstraße oder führten kleinere Einzelhandelsgeschäfte und Schneidereien, in denen bis zu den Boykotten jüdischer Geschäfte Jedermann einkaufte, und die vor allem im Zentrum das Stadtbild mitprägten.

Dass diese Duisburger jüdischen Glaubens "Leute wie Du und ich" waren, macht auch das Motiv auf Ausstellungsflyer und dem Plakat deutlich: Nicht der orthodoxe Jude in schwarzem Anzug und mit Hut ist da zu sehen - sondern eine ganz "normale" Familie: Männer und Frauen, Jungen und Mädchen, die sich gegenseitig in den Arm nehmen und miteinander lachen. Es ist die Familie von Walter Kaufmann der in Duisburg aufwuchs und hier das Steinbart-Gymnasium besuchte. Während seine (Adoptiv-)Eltern nach der Reichskristallnacht 1938 verhaftet wurden, zunächst ins Konzentrationslager (KZ) Theresienstadt kamen und schließlich im KZ Auschwitz ermordet wurden, gelang dem Jungen mit einem Kindertransport im Jahr 1939 die Flucht aus dem Deutschen Reich nach Großbritannien. Im Juni ist Kaufmann im Rahmenprogramm zur Ausstellung im Zeitzeugengespräch zu Gast(siehe Infokasten).

(RP)
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