Rp-Serie Duisburger Geschichte Und Geschichten 420 Jahre Einhorn-Apotheke

Duisburg · Duisburgs ältestes Unternehmen übersteht Jahrhunderte Seuchen, Kriege und Wirtschaftkrisen.

 Der Verkaufsraum (Offizin) der Einhorn-Apotheke mit dem Wahlspruch "Salus aegroti suprema lex" ("Das Wohl des Kranken sei höchstes Gesetz). Foto: Stadtarchiv Duisburg.

Der Verkaufsraum (Offizin) der Einhorn-Apotheke mit dem Wahlspruch "Salus aegroti suprema lex" ("Das Wohl des Kranken sei höchstes Gesetz). Foto: Stadtarchiv Duisburg.

Foto: Stadtarchiv Duisburg

Wen nachts extremer Schmerz oder Atemnot quält, der sucht heute den Apotheken-Notdienst auf. Vor gut 420 Jahren sah das für die Menschen in Duisburg noch ganz anders aus. Abgesehen von Seuchen konnte bereits Atemnot oder eine Entzündung zum Tode führen. Umso erfreuter waren die Stadtoberen, dass im Juni des Jahres 1597 ein gewisser Johann Breckerfeld als Neubürger aufgenommen werden konnte. Seine Erfahrungen als "Feldscherer" und "Aptheker" sollten die Gesundheitsversorgung verbessern. Damit begannen die ersten Anfänge der ältesten Apotheke Duisburgs.

Die chronologischen Aufzeichnungen der Archivarin Elisabeth Korn sind eine wahre Fundgrube, um die spannende Geschichte der ältesten Duisburger Apotheke zu erzählen. Ohne Unterbrechung ist die Liste der Inhaber bis zum heutigen Tage nachvollziehbar. Seuchen, Kriege, Wirtschaftskrisen - diese Apotheke hat alles überstanden. Ein Novum. Die Inhaberchronik spiegelt die ganze Bandbreite erfolgreicher und tragischer Familiengeschichten wider. So wurde im Jahr 1666 der dritte Inhaber, Gerhard Breckerfeld, "wahnsinnig". Die Stadt bewies Fürsorge, damals keine Selbstverständlichkeit. Er wurde als Gärtner für die Betreuung des botanischen Gartens der Alten Universität übernommen. Der Garten befand sich damals an der Steinschen Gasse; in der in unmittelbarer Nähe der heutigen Einhorn-Apotheke. Die Nachfolger sorgten für die kontinuierliche Arzneiversorgung.

Im Jahre 1728 wurde in der Chronik zum ersten Male der Name zum "güldenen Einhorn" an der Ecke Knüppelmarkt und Holzgasse erwähnt - Nähe Rathaus. Nach vielen Auf und Ab mit Besitzerwechsel und Konkurrentenklagen erhielt 1846 Wilhelm Theodor Löbbecke die Konzession zur Führung der Einhorn Apotheke, die er 1854 endgültig übernahm. Er wirkte daneben als Gelehrter und naturkundlicher Sammler. Was viele nicht wissen: Die Tradition des heutigen Löbbecke Museum in Düsseldorf geht auf seine Privatsammlung zurück. Nach Löbbecke ging die Einhorn Apotheke durch viele Hände. 1884 verlegte Gustav Lorenz die Einhorn-Apotheke vom Knüppelmarkt zum Friedrich-Wilhelm-Platz 3, wo sie "neu und elegant" eingerichtet wurde. Vermutlich war der Konflikt mit der Elefanten-Apotheke der Anlass für den Umzug. 1893 folgte der Apotheker Valentin Rübsam, der sich auch als bedeutender Chemiker auszeichnete.

Zum 1. Januar 1929 - neun Monate vor der Weltwirtschaftskrise - kaufte Theodor Schulte Herbrüggen die Einhorn-Apotheke. Sofort nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges wurde ihm das Amt des Kreisapothekers angetragen. Es gelang ihm, die Arzneimittelversorgung der Duisburger Bevölkerung sicher zu stellen. Von 1959 bis 1982 führte Dr. Kurt Schulte Herbrüggen die Einhorn-Apotheke.

Der heutige Inhaber, Ulrich Schulte Herbrüggen, kann sich heute noch gut an seine Kindheit am Friedrich-Wilhelm-Platz erinnern. "Die Apotheke war für uns Kinder ein Spielparadies. Wir konnten mit dem Lastenaufzug fahren und erfreuten uns an Lakritz- und Pfefferminzbonbons, die in der Apotheke hergestellt wurden."

Unerfreulich war dagegen der "Zwangsumzug" zur Steinschen Gasse. Viele ältere Duisburger erinnern sich ein wenig wehmütig an die wunderbare Fassade der Einhorn-Apotheke, den Verkaufsraum mit den großen duftenden Teegefäßen und der Wartebank, auf der man Platz nahm, bis die Medikamente für die Kunden hergestellt waren.

Seitdem hat sich viel verändert. Heute ist die Herstellung von Medikamenten im Labor deutlich zurückgegangen. Der Kunde sieht heute einen modernen Verkaufsraum (Offizin). Laboratorium, Lagerraum, Nachtdienstzimmer, Rezeptur und ein altes Kellergewölbe befinden sich hinter den Kulissen. Nostalgisch anmutende Schubladenlager sind passé, heute lagern 7000 Arzneimittelpackungen in klimatisierten Kommissionierautomaten.

Ulrich Schulte Herbrüggen, heute Chef von drei Apotheken in Duisburg, sieht die Entwicklung des Online-Handels gelassen. Die Qualität der Nahversorgung bleibt entscheidend. Gerade die demografische Entwicklung erhöht den Beratungsbedarf. Schulte Herbrüggen führt die Apotheke in dritter Generation. Um die Nachfolge muss man sich nicht sorgen. Einer seiner Söhne studiert Pharmazie. Das sind doch gute Perspektiven für das 450-jährige Bestehen.

Zum Weiterlesen: Elisabeth Korn, Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein.

(RP)
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