Kolumne "Made in Düsseldorf" Wirtschaftsschaden durch Rolltreppen-Fehlverhalten

Düsseldorf · Die neue Wehrhahn-Linie ist fertig und die Düsseldorfer - übrigens egal wie sie früher zu ihr standen - sind stolz und begeistert. Die U-Bahn verleiht dem "Dorf" am Rhein etwas weltläufiges. Fast wie in einer richtigen Großstadt, könnte man spöttisch sagen. Doch die Sache hat einen Haken.

Das Verhalten auf den neuen langen Rolltreppen, denn die Wehrhahn-Linie ist viel tiefer im Schacht als die alten Untergrundbahnen. Entsprechend länger dauert die Fahrt aus dem Loch. Daher haben sich in den Metropolen der Welt knallharte U-Bahn-Benimm-Regeln entwickelt. Und die wichtigste lautet auf Rolltreppen: "Rechts stehen, links gehen". Wer in München, London oder Frankfurt dagegen verstößt, wird sofort vom U-Bahn-Mob dafür (zu Recht) hart bestraft. Die Sanktionen reichen von freundlicher Ansprache über Antippen, Anmotzen und Wegdrängeln zu Schubsen oder dem Ruf nach einem polizeilichen Durchgreifen.

Doch so weit sind die neo-urbanen Düsseldorfer leider noch nicht. Das zeigt die neue U-Bahn. In aller Seelenruhe, sich fälschlich in Unschuld wiegend, stehen Junge wie Alte, Männer wie Frauen rechts und links. Zum Verdruss der Menschen, die es wirklich eilig haben.

Als selbst ernannter Hobby-Chefvolkswirt kann ich Ihnen vorrechnen, wie groß der ökonomische Schaden durch die Falschsteherei ist. 50.000 Menschen benutzen die neuen Linien pro Tag. Angenommen sie fahren morgens zur Arbeit und abends heim, dann benutzen sie die Rolltreppen täglich vier Mal mindestens. Meine Messung (Mittwoch, ca. 18.40 Uhr, Heinrich-Heine-Allee) hat ergeben, dass die Benutzung der Rolltreppe gehend 56 Sekunden dauert, stehend dagegen eine Minute und 49 Sekunden oder 109 Sekunden. Die Differenz pro Fahrt: 53 Sekunden. Multipliziert mit vier Fahrten pro Tag sind das 212 Sekunden. 252 Arbeitstage pro Jahr hat 2016 (ohne Urlaub), macht also 53.424 Sekunden. Anders gesagt: Dadurch, dass die Düsseldorfer zu ignorant sind, links zu gehen, verliert ein Arbeitnehmer auf der neuen U-Bahn pro Jahr 14 Stunden, 50 Minuten und 24 Sekunden.

79.725 Euro an Bruttoinlandsprodukt (BIP) erwirtschaftet ein Düsseldorfer laut Wirtschaftsförderung pro Jahr. Geteilt durch 1909 durchschnittliche Arbeitsstunden, die ein deutscher Arbeitnehmer im Jahr leistet (Quelle: IAB-Forum 2007), erarbeitet ein Düsseldorfer also etwa 42 Euro Wirtschaftsleistung pro Stunde. Bei den knapp 15 Stunden, die uns die Rolltreppe kostet, sind das 630 Euro Schaden pro Kopf und Jahr. Für alle U-Bahn-Passagiere zusammen sogar 31,5 Millionen Euro pro Jahr weniger BIP für Düsseldorf. Daher die Bitte an alle U-Bahn-Nutzer, denen der Wohlstand unserer Stadt am Herzen liegt: Rechts stehen, links gehen - und Düsseldorfs Wirtschaft brummt.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort