Tour de France in Düsseldorf "Wir hoffen auf einen Effekt wie bei der WM 2006"

Düsseldorf · Der Chef von Düsseldorf Marketing/Düsseldorf Tourismus, Frank Schrader, erläutert, wie die Tour wirken kann, wo man am Wochenende hingehen sollte und wann der Grand Départ der Architektur ansteht.

Frank Schrader auf dem Balkon seines Büros am Carlsplatz

Frank Schrader auf dem Balkon seines Büros am Carlsplatz

Foto: Andreas Bretz

Wissen Sie noch, wo die Tour de France 2010 gestartet ist?

Frank Schrader War das in England?

Nein, England war 2014.

Schrader Dann vielleicht in Holland... Nein, ich weiß es nicht mehr.

Holland ist gut, es war Rotterdam.

Schrader Stimmt, jetzt habe ich auch wieder die Plakate vor Augen.

Was sagt Ihnen das über den Wert des Tour-Starts in Düsseldorf, wenn Sie nicht mehr wissen, wo die Tour 2010 gestartet ist?

Schrader Sieben Jahre sind eine lange Zeit. Ein solches Ereignis hat einen einmaligen Nutzen, entscheidend ist, dass man für die langfristige Wirkung sorgt.

Wie meinen Sie das konkret?

Schrader In der Werbung für eine Marke baut man ein Depot auf, das sich allmählich leert und das man immer wieder befüllen muss. Übertragen auf die neue Dachmarke von Düsseldorf bedeutet das: Wir fangen gerade an, das Depot aufzubauen. Der Grand Départ wird ein enormer Anschub dafür sein und dann geht es darum, das Bild von Düsseldorf zu verstetigen.

Welches Bild haben Nicht-Düsseldorfer von Düsseldorf?

Schrader Wir haben bei der Entwicklung der Marke eine Umfrage unter 8000 Menschen aus allen wesentlichen internationalen Kernmärkten gemacht. Die standen für eine Grundgesamtheit von 800 Millionen Menschen. 78 Prozent der Befragten kannten den Namen Düsseldorf, aber von diesen 78 konnten nur sieben Prozent Bilder mit Düsseldorf verbinden. Ohne Vorstellung von einer Stadt schafft es diese aber nicht auf die Liste möglicher Ziele für einen Städte-Trip.

Und welche Düsseldorf-Bilder sollen nach dem Grand Départ hängen bleiben?

Schrader Es wird nicht das eine Bild sein. Köln hat zwar den gefühlten Vorteil, ein Wahrzeichen zu besitzen, aber der Dom löst eben immer auch ein primär traditionelles Bild aus. Wir haben es leichter, aus vielen Motiven ein Gesamtbild zu schaffen. Das setzt sich zusammen aus dem Rhein, der Architektur, den Menschen, der Gastronomie. Für uns sind die Kö und Flingern gleich wichtig.

Teil des Konzepts zur Dachmarke war es bisher auch, den Namen Düsseldorf kleinzuschreiben, weil dies sympathischer wirkt. Inwieweit konterkariert ein Großereignis wie die Tour einen solchen Ansatz?

Schrader Die Kleinschreibung war für uns erst einmal eine Fingerübung für die spätere Gestaltung. Das ist sehr diametral aufgenommen worden. Wir gehen jetzt noch einmal in eine Marktforschung und sind offen, wie die Leute das aufnehmen. Das Konzept hängt nicht an der Groß- oder Kleinschreibung.

Bleiben wir bei dem Grundgedanken: Wie kann Düsseldorf sich von seinem Leistungs-Image entfernen, wenn es Gastgeber für ein riesiges Hochleistungs-Sportereignis ist?

Schrader Erst einmal ist es ja gut, dass wir eine Stadt sind, in der richtig was geleistet wird - davon wollen wir gar nicht weg. Es geht aber um die Wahrnehmung, also darum, nicht ausschließlich als Leistungsstadt wahrgenommen werden. Wir können es uns nämlich auch leisten, mal die Seele baumeln zu lassen. Wir sind eine schnelle Stadt, aber man kann hier auch schnell von Work auf Life umschalten. Das bestätigen uns zum Beispiel viele Menschen, die aus der ganzen Welt zum Arbeiten nach Düsseldorf kommen.

Wo sollen diese Bilder beim Grand Départ entstehen?

Schrader Es werden ja auch Bilder vom Rand der Strecke gezeigt. Wir hoffen da auf einen Effekt wie bei der Fußball-WM 2006. Damals haben die Menschen in der ganzen Welt drei Dinge über Deutschland wahrgenommen beziehungsweise sich gemerkt: Hier ist immer schönes Wetter, die Menschen sind total nett und man kommt schnell ins Gespräch. Und ganz wichtig: Das hat auch das Selbstverständnis der Deutschen nachhaltig verändert. Wenn wir das nach außen und innen erreichen, haben wir unseren Job gut gemacht.

Welche Rolle für die Wahrnehmung einer Stadt spielen Bilder, auf denen radelnde Menschen zu sehen sind?

Schrader In vielen Düsseldorfer Büros gibt es inzwischen Räder, die alle Mitarbeiter nutzen können. Das heißt: Es ist smart geworden, mal das Rad und nicht das Auto zu nehmen. Deshalb muss eine Stadt auch fahrradfreundlich sein oder werden, um als modern wahrgenommen zu werden.

Wenn das mit den richtigen Bildern beim Grand Départ so klappt, wie Sie sich das vorstellen, wie verstetigen Sie den Effekt danach?

Schrader Wir müssen die Menschen, die sich jetzt eine Vorstellung haben, in der nächsten Zeit immer wieder mit Motiven zu versorgen, die ihr Düsseldorf-Bild bestätigen, auffrischen oder ergänzen.

Welche Motive sollten das sein? Weitere Sportereignisse wie das angedachte Beachvolleyball-Turnier oder die Fußball-EM 2024?

Schrader Beides würde die Eindrücke vertiefen, ich denke auch, dass wir sehr gute Chancen haben, ein Spielort der EM zu werden und hier drei oder vier Spiele auszutragen. Es darf aber nicht nur Sport sein, denn wir sind nicht nur Sportstadt.

Was muss dazukommen?

Schrader Das Kulturangebot ist ganz wichtig für die Entscheidung bei einem Städte-Trip.

Welche Schauspiel-EM oder Kunst-WM hat Düsseldorf denn zu bieten?

Schrader Für 2020 hat das Schauspielhaus den Zuschlag als Theater der Welt erhalten. Der neue Chef des Museums Kunstpalast, Felix Krämer, kommt aus Frankfurt, was uns sehr freut, denn Frankfurt ist Spitze in der Frage, wie man Kultur medial spielt. Und auch Architektur ist ganz wichtig: Wenn der Kö-Bogen II eröffnet wird, dann ist das eine Art Grand Départ der Architektur.

Welchen Einfluss auf das Düsseldorf-Bild hätte es, wenn sich später herausstellt, dass ein Fahrer während der Etappen hier gedopt war?

Schrader Ich gehe nicht davon aus, dass das passiert, denn das kann sich der Sport nicht erlauben, und der Veranstalter A.S.O. hat bei dem Thema nach meinem Eindruck die richtigen Schritte vollzogen. Die Auswirkung für den Standort würde ich als sehr gering einschätzen.

Was sind Ihre Geheimtipps fürs Tour-Wochenende?

Schrader Man sollte sich früh einen Ort nahe der Tour suchen, um die einmalige Mischung aus Volksfest und Spitzensport zu erleben. Und das Volksfest hört sicher nicht auf, wenn der letzte Fahrer vorbeigekommen ist.

CHRISTIAN HERRENDORF FÜHRTE DAS INTERVIEW.

(RP)
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