600-Millionen-Deal Wieso Düsseldorf sich selbst das Kanalnetz verkauft

Düsseldorf · Knapp 600 Millionen Euro soll der Stadtentwässerungsbetrieb an die Stadt zahlen. Dafür bekommt er das Kanalnetz. Warum? Weil Düsseldorf dann keine neuen Schulden machen muss. Klingt kompliziert? Wir erklären die Hintergründe.

 Blick in einen Abwasserkanal in Düsseldorf.

Blick in einen Abwasserkanal in Düsseldorf.

Foto: Andreas Endermann

Die Vorbereitungen für den größten städtischen Finanz-Deal seit Jahren laufen auf Hochtouren: Nachdem der Stadtrat in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause die Übertragung des städtischen Kanalnetzes an die eigene Tochter, den Stadtentwässerungsbetrieb, beschlossen hat, geht es nun darum, den richtigen Geldgeber zu finden.

Bezirksregierung muss zustimmen - dann holt die Kämmerin Kreditangebote ein

Geprüft werden die Möglichkeiten dazu von Düsseldorfs Kämmerin Dorothée Schneider. Sie wird in den kommenden Wochen mit Banken über Angebote sprechen, Laufzeit und Verzinsung des Kredites verhandeln. Diesen muss der Stadtentwässerungsbetrieb aufnehmen, um die 599 Millionen Euro für das Kanalnetz an die Stadt zahlen zu können. Ebenso muss die Kämmerin entscheiden, ob das Geld auf einmal oder nach und nach geliehen wird. Vorher muss jedoch noch die Kommunalaufsicht dem ganzen Deal zustimmen.

"Wir müssen vor der Bezirksregierung belegen, dass wir als Stadt mit dem Geld, das wir durch den Verkauf erhalten, ausschließlich vermögensmehrende Investitionen tätigen. Ist diese Verständigung abgeschlossen, können wir beginnen, mit den Banken zu verhandeln", sagt Schneider. Der Kämmerin kommt beim Kanal-Deal eine Doppelrolle zu: Als Verwalterin des städtischen Haushaltes ist sie einerseits verantwortlich für das Geld, das die Stadt durch den Verkauf einnimmt. Weil der Stadtentwässerungsbetrieb jedoch eine städtische Tochter ist, kümmert sie sich auch um die Seite, die den Kredit aufnimmt.

Durch den Deal macht nur die Stadttochter Schulden - nicht die Stadt

Diese Zusammenhänge machen den Deal gleichermaßen einfach und kompliziert: Die Stadt braucht frisches Geld, weil ihre Rücklagen aufgebraucht sind. Das Ampel-Bündnis aus SPD, Grünen und FDP hat deshalb den Verkauf des Kanalnetzes an den eigenen Tochterbetrieb auf den Weg gebracht, kommt so an Geld, ohne selbst einen Kredit aufzunehmen und somit Schulden zu machen. Die 599 Millionen Euro Erlös sollen für Investitionen in Schulen und Bäder genutzt werden.

Schulden macht mit dem Kredit nun die Stadttochter. Für sie lohnt sich der Deal jedoch auch: Statt weiter eine Pacht für das Kanalnetz und die Klärwerke zu zahlen, bezahlt sie eben künftig einen Kredit ab. Großer Vorteil der Lösung aus Sicht der Politiker: Der Bürger merkt nichts davon, die Gebühren für das Abwasser steigen nicht.

Der clevere Plan funtioniert nur, wenn die Kämmerin einen günstigen Kredit findet

Um dies zu gewährleisten, muss Kämmerin Schneider aber auch geschickt mit den Geldgebern verhandeln. Der jährliche Zins für den Kredit soll bis zu 1,4 Prozent betragen. Laufzeit des Kredites: 30 bis 50 Jahre. "Diese Dauer ist bei solchen Summen und vor dem Hintergrund langfristiger Abschreibungsdauern von Kanälen nicht unüblich", sagt die Kämmerin. Sie glaubt nicht, dass ein Geldinstitut allein als Geldgeber reichen wird, vermutlich wird die Summe aufgeteilt.

Selten war die Zeit für eine Kreditaufnahme so günstig wie jetzt zur Niedrigzinsphase. Damit das so bleibt, will Dorothee Schneider ebenfalls verhandeln, dass der Zins nicht plötzlich während der langen Laufzeit steigt. Sie möchte sich nun so schnell wie möglich mit Banken treffen, um eine Lösung zu finden.

(lai)
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