Serie Leben In Der Paulsmühle (teil 9) Wie der Bunker an seine Streifen kam

Düsseldorf · Am 20. Juni 1973 schrieb das Benrather Tageblatt über die Idee des Benrather Bauunternehmers Josef Pollok, den Weltkriegs-Bunker in der Paulsmühle auf seine Kosten mit Farbe der grauen Tristesse zu entreißen.

Doch das ist nur die eine Seite des erfolgreichen Unternehmers. Im September 1996 wurde er laut eines Zeitungsartikels der WZ in einem Bestechungs-Prozess zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe verurteilt. Das Düsseldorfer Landgericht befand den Unternehmer für schuldig, fünf Mitarbeiter des Bauamtes über Jahre mit Sach- und Geldspenden bestochen zu haben. Zudem musste Pollok als Bewährungsauflage 1,5 Millionen Mark zahlen, eine Million floss an die Stadt, der Rest an die Staatskasse. Desweiteren wurden ihm Manipulationen beim Schreiben von Rechnungen nachgewiesen, unter anderen über die geleistete Arbeiten. Diese höheren Einnahmen steckte er sich jedoch nicht in die eigene Tasche, sondern sie flossen in karitative Projekte, wie in den Farbanstrich des Paulsmühler Bunkers und den Innenausbau, damit die Paulsmühler Jecken ihn ab 1976 nutzen konnten.

Doch in den 70er Jahren war von dieser Seite des bekannten Baulöwens - der selbst in der Paulsmühle lebte und mit dessen Engagement sich vor allem die Christdemokraten schmückten - noch lange nicht die Rede. In dem Artikel aus dem Benrather Tageblatt vom Juni 1973 ist zu lesen, dass Pollok den Bunker mit Farbe versehen wollte, "um dem tristen Betonklotz wenigstens nach außen hin eine umweltfreundlichere Note zu geben und ihn damit einem Wohngebiet, wie das der Paulsmühle ein wenig anzupassen." Die zuständigen Ämter - unter anderem die Bundesvermögensstelle als Eigentümer des Bauwerks - signalisierten vorsichtige Zustimmung. Fast auf den Tag genau drei Jahre vergingen jedoch, bis am 27. Juni 1976 mit einem Fest am Bunker die neue farbliche Gestaltung gefeiert werden konnte.

Doch der Reihe nach: 1974 traf Unternehmer Josef Pollok bei einer privaten Feier auf den Urdenbacher Künstler Cl-an Barthelmess. Beide kamen miteinander ins Gespräch. Sprachen über dies und das, das Engagement von Pollok in der Paulsmühle, und kamen dabei auch zu dieser Kernfrage: "Was können wir mit dem Bunker machen?" Sie verabredeten ein weiteres Treffen zu zweit, um ihre Überlegungen zu konkretisieren. Pollok hatte zwischenzeitlich in einem bundesweit erscheinenden Magazin ein Foto von einer von Barthelmess an der Einsiedelstraße in der Paulsmühle farbig gestalteten Giebelwand gesehen. "Daraufhin hat mich Pollok gefragt, ob ich nicht einen Entwurf für eine farbige Gestaltung des Bunkers machen wolle - natürlich ohne Bezahlung", erzählt Cl-an Barthelmess lachend.

Er wollte, weil auch er den grauen Betonklotz - dieses traurige Überbleibsel aus dem Zweiten Weltkrieg - wie er sagt "grässlich" fand. Doch so schnell ging das alles nicht. 1974 stellte sich zunächst einmal das Bundesvermögensamt quer. Dort hatten die Beamten kalte Füße bekommen. Sie sorgten sich um mögliche Folgekosten: Man könne weder die Haftung für etwaige Schäden übernehmen, noch die Kosten für einen erneuten Anstrich. Erst im Juli 1975 gab es für die Aktion endlich Grünes Licht. Der Künstler verpasste dem Bunker viele, vor allem quer verlaufende Streifen in den typischen warmen Farbtönen des französischen Künstlers Charles Braque: braun, dunkelrot und ocker. So richtig überzeugt sei Pollok beim ersten Anschauen des Entwurfs nicht gewesen, erinnert sich Barthelmess: "Er konnte sich das Ergebnis nicht vorstellen."

Durch die Querstreifen sollte der Eingangsbereich optisch verschwinden: "Ich wollte, dass man auf den Bunker ein anderes Sichtfeld hat." Das Benrather Tageblatt berichtete am 13. März 1976 mit folgenden Worten über die öffentliche Präsentation des Entwurfs: "Fast ausnahmslos zeigten sich die Teilnehmer der Veranstaltung begeistert. Mit breiten Farbbändern in den Farben Braun, Rot und Weiß, zum Teil diagonal angeordnet, zum Teil aber auch gegeneinander versetzt, löst der Künstler die schwere Flächigkeit der Betonwand, die in der Grundfarbe weiß werden soll, auf und teilt sie damit in miteinander korrespondierende Felder ein."

Barthelmess hat die gesamten Arbeiten eines Malermeisters damals vor Ort begleitet. Auch dieser hätte überzeugt werden müssen. Wie es Pollok am Ende gefallen hat? "Natürlich gut" sagt Barthelmess und lacht. Der noch aktive Künstler lässt auf den Bauunternehmer nichts kommen: "Er hat ganz viel für den Süden und vor allem die Paulsmühle getan. Ich fand' es nicht gut, wie man ihn dann hat fallen lassen." Über die rege Bautätigkeit entlang der Telleringstraße würde sich der 2002 gestorbene Pollok bestimmt freuen, ist sich Barthelmess sicher.

41 Jahre später blättert die Farbe am Bunker zwar an einigen Stellen ab und sie ist zudem verblasst, doch die Grundidee lässt sich immer noch gut erkennen. Die Sorgen des Bundesvermögensamtes waren also unbegründet.

(rö)
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