Düsseldorf Wie behinderte Kinder schwimmen lernen

Düsseldorf · Das Projekt "Gemeinsam Nass" der Bädergesellschaft und des Lebenshilfe-Sportvereins soll Kindern mit Behinderungen individuelle Schwimmkurse ermöglichen. Ziel ist die Inklusion im schulischen Schwimmunterricht und im Alltag.

 Filmdreh im Hallenbad Eller: Trainerin Dagmar Ringes-Faßbender greift der vierjährigen Lavinia unter die Arme, Christian Valenzyk filmt.

Filmdreh im Hallenbad Eller: Trainerin Dagmar Ringes-Faßbender greift der vierjährigen Lavinia unter die Arme, Christian Valenzyk filmt.

Foto: Andreas Endermann

Mit einem Kurzfilm wird die Bädergesellschaft in Kooperation mit dem Verein der Lebenshilfe "Sport macht Spaß - SMS02" Ende dieses Jahres ein Inklusionsprojekt für Behinderte vorstellen. Da Kinder und Jugendliche mit einer geistigen oder körperlichen Beeinträchtigung einer speziellen Förderung im Schwimmunterricht bedürfen, will die Bädergesellschaft ihre Bäder und Schwimmtrainer für individuellen Einzelunterricht zur Verfügung stellen. Die Trainer sollen dafür eine spezielle Ausbildung erhalten, die in enger Zusammenarbeit mit den Schwimmtrainern des SMS02 ausgearbeitet werden soll.

"Für viele Behinderte kommt nur der Einzelunterricht in Frage", sagt Romina Walterowicz von der Bädergesellschaft. "Die Kinder bräuchten im Gruppenunterricht länger, um Schwimmen zu lernen. Außerdem ist das auch gefährlicher", sagt die Sportwissenschaftlerin. Gemeinsam mit Anke Hedrich vom SMS02 will sie eine Ausbildungsanleitung für die zukünftigen Einzeltrainer ausarbeiten. Zielstellung sei es, den Behinderten das Wasser als Bewegungsraum zu erschließen. "Den Kindern das Schwimmen beizubringen, ist ein wichtiger Schritt zur Inklusion", sagt Walterowicz. Ein Beispiel aus dem Alltag soll das verdeutlichen: "Wenn ein behindertes Kind auf den Geburtstag eines Freundes eingeladen ist, und es geht zur Feier des Tages ins Spaßbad, dann wäre das Kind als Nichtschwimmer ausgeschlossen." Der individuelle Schwimmkurs ermögliche es auch, dass die Kinder später am regulären Schwimmunterricht der Schulen teilnehmen könnten und dadurch besser integriert seien.

Für Hannah Rennecke ist das schon jetzt Realität. Vor sechs Jahren begann die mittlerweile 12-Jährige ihren Einzelunterricht bei Michaela Brinkmann von der Bädergesellschaft. Für den Projektfilm lässt sie sich filmen, während sie vom Dreimeterbrett springt und tauchend oder schwimmend ihre Bahnen zieht. Für eine Unterwasseraufnahme nimmt sie sogar selbst die wasserdichte Kamera des Filmteams von Nicolai Stein in die Hand. Für Hannahs Mutter Christin Gunia bedeuten die Schwimmkünste ihrer Tochter mit Down-Syndrom vor allem eines: Normalität. "Es muss möglich sein, dass auch behinderte Kinder schwimmen lernen können. Dazu braucht es jemanden, der sich darauf einlässt und es ihnen beibringt", sagt Gunia.

Der individuelle Einzelunterricht für Behinderte soll durch das Projekt kein Privileg mehr sein, sondern zur Normalität werden. Die Eltern von Lea Rieder, die trotz Down-Syndroms viel Spaß im Wasser hat, suchen schon lange nach einer Möglichkeit für ihre Tochter, professionellen Schwimmunterricht zu bekommen. "Sowas geht bisher nur über Zuruf und Mundpropaganda", sagt Vater Michael Rieder. Lea kann sich mittlerweile zwar über Wasser halten, ohne Schwimmflügel jedoch noch nicht schwimmen.

"Behinderte Kinder brauchen, je nach Grad der körperlichen oder geistigen Beeinträchtigung, länger zum Lernen. Diese Zeit bekommen sie nur im Einzelunterricht", sagt Walterowicz. Die nötige Kompetenz im Umgang mit behinderten Menschen bringen die zwei Übungsleiter des SMS02 schon jetzt mit. Da der personalintensive Unterricht allerdings für viele Menschen möglich sein soll, müssen weitere Trainer akquiriert werden. "Die Nachfrage nach Trainern steigt auch durch die immer populäreren Special Olympics", sagt Walterowicz.

Anfang nächsten Jahres sollen die ersten Kurse gegeben werden, bis dahin sei das Projekt allerdings auf Spenden angewiesen. "Weder die Bädergesellschaft noch der SMS02 werden daran verdienen", sagt Anke Hedrich. "Der Unterricht soll zu einem Preis angeboten werden, den auch Familien mit mehreren Kindern bezahlen können", sagt Hedrich.

Zudem müssen die Ausbildung der Übungsleiter, die Spiel- und Schwimmmaterialien für den Unterricht und nicht zuletzt auch die Kampagne und der Projektfilm finanziert werden. "Das sind Dinge, die nicht von den Eltern getragen werden sollen", sagt Walterowicz.

(bur)
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