Düsseldorf Wenn Worte für Gefühle fehlen

Düsseldorf · Zwei Menschen begegnen sich, einer lächelt. Und der andere? Lächelt ganz automatisch zurück. "Wir reagieren unbewusst und fast ohne Verzögerung auf die Mimik anderer", sagt Matthias Franz, Professor am Klinischen Institut für Psychosomatische Medizin der Uni. So wie wir als Babys gelernt haben, unsere Gefühle auszudrücken und die der Eltern zu erkennen. Doch bei vielen Menschen ist diese Fähigkeit gestört. In einer Studie hat das Team von Matthias Franz festgestellt, dass jeder Zehnte die Empfindungen von anderen nicht sicher erkennen kann. "Und selbst keine Worte für Gefühle haben."

Düsseldorf: Wenn Worte für Gefühle fehlen
Foto: Prof Matthias Franz

Ganz am Anfang des Lebens, bevor Kinder lernen zu sprechen, drücken sie alle Regungen durch Körpersprache und Mimik aus. Vor allem die angeborenen Empfindungen wie Angst, Ekel, Freude, Trauer und Wut. "Und die Mutter spiegelt mit ihrem Gesichtsausdruck zeitgleich diese Affekte", so Franz. Aber wenn dieser wortlose Dialog gestört ist, wenn die Eltern zu dieser ersten Kommunikation - aus welchen Gründen auch immer - nicht in der Lage sind, "lernt das Kind nicht, die Signale anderer zu erkennen, zu deuten und schließlich selbst seine Gefühle auszudrücken." Das kann später dazu führen, dass diese Menschen auch als Erwachsene nicht unterscheiden können, ob sie gerade wütend, traurig oder ängstlich sind.

Mit weitreichenden Folgen. "Im Umgang mit anderen stehen sie aufgrund ihrer Unsicherheit unter Dauerstress - und der macht krank." In der Psychotherapie sei dieses Thema lange vernachlässigt worden. Nun hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft dem Wissenschaftler 130.000 Euro für eine neue Studie bewilligt, die zum Ziel hat, die Erkenntnisse künftig für die Entwicklung neuer Therapien zu nutzen. Wer an der Studie teilnehmen mag, kann sich über die Internetseite anmelden: www.soscisurvey.de/Gesichtserkennung.

(ur)
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