Düsseldorf Weniger Flüchtlinge: Stadt baut dennoch

Düsseldorf · Düsseldorf braucht nach Einschätzung seiner Flüchtlingsbeauftragten die geplanten Plätze - weil viele der bestehenden wegfallen.

 Die Verträge für Traglufthallen wie diese an der Sankt-Franziskus-Straße laufen im Herbst aus. "Stadtweit verlieren wir 2000 Plätze", sagt Miriam Koch.

Die Verträge für Traglufthallen wie diese an der Sankt-Franziskus-Straße laufen im Herbst aus. "Stadtweit verlieren wir 2000 Plätze", sagt Miriam Koch.

Foto: Bretz

Die nach Abriegelung der Balkanroute deutlich sinkende Zahl neu ankommender Flüchtlinge soll vorerst keine Auswirkung auf bereits geplante Unterkünfte für Schutzsuchende in Düsseldorf haben. "Von den fast 6300 Plätzen für Flüchtlinge in kommunalen Einrichtungen werden bis Jahresende rund 2000 wegfallen, weil kurzfristig genutzte Unterbringungsoptionen auslaufen. Den verbleibenden Sockel von rund 4500 kommunalen Plätzen weiter abzuschmelzen, halte ich nicht für sinnvoll", sagt die städtische Flüchtlingsbeauftragte Miriam Koch.

Für die wegfallenden Plätze nennt sie konkrete Beispiele. Unter anderem laufe die übergangsweise Nutzung von alten, kurzzeitig leerstehenden Häusern der Rheinwohnungsbau am Kempgensweg in Lierenfeld aus. Auch die Turnhalle auf dem Universitäts-Gelände soll "in wenigen Wochen" wieder für Sport nutzbar sein. Hinzu kommt: Die Verträge für die Traglufthallen mit ihren 600 Plätzen enden laut Koch im Oktober und November. "Und an der Borbecker Straße, wo wir mehr als 200 Plätze vorhalten, weichen die Unterkünfte dem neuen Jüdischen Gymnasium."

Außerdem will die Flüchtlingsbeauftragte die nach wie vor genutzten 500 bis 600 Hotelplätze aus Kostengründen "so weit wie möglich abbauen". Nach ihren Angaben kostet die Unterbringung in einem langfristig genutzten Bestandsgebäude durchschnittlich um die 200 Euro, ein Hotelplatz schlage dagegen mit mehr als 1000 Euro pro Monat zu Buche.

Im Rathaus spielt die "Steuerungsgruppe Asyl" derzeit verschiedene Szenarien durch. Nach gestern bekanntgegebenen Zahlen wurden im ersten Quartal dieses Jahres 1785 Flüchtlinge und Asylbewerber Düsseldorf zugewiesen. Doch dieser Wert könnte hochgerechnet aufs Jahr ein falsches Bild ergeben.

Anwohner besuchen Traglufthalle in Garath
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Anwohner besuchen Traglufthalle in Garath

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Foto: G�nter von Ameln

Zumindest bundesweit fiel der Rückgang im März (bundesweit 20.000 Schutzsuchende) drastisch aus. Zwar ist das in Düsseldorf noch nicht angekommen. Weil die Stadt, wie andere Großstädte auch, ihre Aufnahmequote nach Einschätzung des Landes nicht erfüllt hatte, muss sie vorübergehend überproportional viele Asylbewerber aufnehmen. Alleine im März waren das 744 Menschen. Doch das kann sich bald ändern. "Deshalb gibt es bei uns auch ein Rechenmodell, bei dem wir für den weiteren Jahresverlauf die bundesweit niedrigen Märzzahlen zugrundelegen und auf Düsseldorf umrechnen", sagt Koch. Dieses Modell gehe von bundesweit rund 350.000 Asylbewerbern in 2016 aus. Aber selbst dann gibt es nach Einschätzung der Stadt "eine Unterdeckung von 500 Plätzen".

Freilich seien alle Vorhersagen spekulativ. "Wir wissen nicht, ob der Weg über Libyen und Italien die Balkanroute ersetzt, ob das EU-Türkei-Abkommen greift oder scheitert, oder ob es ganz neue Wege nach Europa geben wird", sagt Koch. Deshalb macht sie auch den Bürgern in Lichtenbroich und Wersten/Himmelgeist, die sich gegen zu hohe Zuweisungen für ihre Stadtteile wehren, keine Hoffnungen, auf einige der sechs in einer Sondersitzung des Finanzausschusses bewilligten neuen Modul-Anlagen zu verzichten. "Vielleicht müssen wir die 496 Plätze an der Nießdonk in Lichtenbroich nicht komplett ausschöpfen, aber von vorneherein nur die Hälfte davon zu schaffen, lehne ich ab."

Dagegen hatte die CDU nicht zuletzt mit Blick auf die Kosten von 69 Millionen Euro beantragt, nur vier statt sechs Modulanlagen zu kaufen und über die städtische Wohnungsgesellschaft 1000 Plätze bereitzustellen, die auch anderweitig als Wohnraum nutzbar sind.

(jj)
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