Kolumne Rund Ums Rathaus Was die CDU von der Linken lernen kann

Düsseldorf · Mit dem Stadtrat endete nun das erste Sitzungsjahr mit neuen politischen Mehrheitsverhältnissen. Die Bilanz: Die CDU tut sich noch erkennbar schwer mit der Herausforderung der Regierenden, die stärkste Opposition ist derzeit die Linke.

 Die Abteilung Attacke der CDU: Fraktionschef Rüdiger Gutt (rechts) und sein Stellvertreter Andreas Hartnigk

Die Abteilung Attacke der CDU: Fraktionschef Rüdiger Gutt (rechts) und sein Stellvertreter Andreas Hartnigk

Foto: Andreas Endermann

Die Macht ist hinterhältig und gemein. Sie ist leicht zu verlieren, lässt einen dann aber nicht los. Mit der Macht ist es wie mit einer Wohnung, in der man viele Jahre gelebt hat und aus der man dann in eine kleinere wechselt. Viele Dinge erinnern in der neuen Wohnung noch an die alte, schnell läuft man aus Gewohnheit mal ins Bad statt in die Küche oder wundert sich, warum man plötzlich über sich die Schritte der Nachbarn hört.

All diese Erfahrungen mit der Macht sammelt gerade die CDU. 15 Jahre lang war das Büro des Oberbürgermeisters Arbeitszimmer ihrer Repräsentanten, 15 Jahre lang war der große Saal im Rathaus ihr Wohnzimmer oder ihr Küchentisch, in oder an dem sie die wichtige Entscheidungen traf. Seitdem feststand, dass Thomas Geisel das OB-Büro für die SPD erobert, mit der FDP keine Mehrheit mehr zustande kommt und die Grünen eine Ampel-Kooperation vorziehen, musste sich die CDU an eine neue politische Umgebung gewöhnen. Am Ende des ersten Sitzungsjahrs steht als Zwischenergebnis: So richtig eingelebt hat sie sich noch nicht.

Damit sind wir wieder bei der fiesen Macht. Wer sich so an sie gewöhnt hat, der ist anfällig für alles, was an sie erinnert: kleine Macht, vermeintliche Macht, häusliche Macht. Der CDU-Parteitag in der vergangenen Woche bot viele Beispiele dafür. 36 der Delegierten waren Ortsverbandsvorsitzende, zehn Stadtbezirksverbandsvorsitzende, 27 Mitglieder gehören nun dem erweiterten Vorstand an. Zudem gibt es eine Handvoll CDU-Bezirksbürgermeister, neun Ausschussvorsitzende und einen ehrenamtlichen Bürgermeister. Das sind unter dem Strich weit mehr als 50 Christdemokraten, die mehr oder minder mächtig sind.

Viele von ihnen sitzen auch im Stadtrat und haben daher nachvollziehbare Schwierigkeiten, in die Rolle derer zu finden, die die neuen Mächtigen kontrollieren, attackieren und öffentlichkeitswirksam in Fallen locken müssen. Die Abteilung Attacke, der Fraktionsvorsitzende Rüdiger Gutt und sein Stellvertreter Andreas Hartnigk, machten in der ersten Ratssitzung noch den Eindruck, als hätten sie einen Intensivkurs "Oppositionsarbeit leicht gemacht" besucht. Sie überreichten dem neuen Oberbürgermeister Thomas Geisel ein Sparschwein, in dem sich symbolische 300 Millionen Euro befanden, auf die der neue Verwaltungschef gut aufpassen sollte. Die beiden hatten sich einen sehr geschickten Termin für ihre Rechnung ausgesucht, weil ihr Stichtag einer war, zu dem die Stadt gerade sehr viel eingenommen hatte und kurz vor den nächsten großen Zahlungen stand.

Seitdem kämpft die CDU mehr mit ihrer Selbstwahrnehmung als mit der Ampel-Kooperation. Wie man als Opposition agiert, zeigt eine andere Fraktion: die Linke. Sie stellt zur höchst umstrittenen Frage des Ruhegelds für Ex-Oberbürgermeister Dirk Elbers den Antrag, die Debatte im öffentlichen Teil zu führen. Das Linken-Mitglied im Personalausschuss fragt nach dem Krankenstand in der Verwaltung und erhält das Ergebnis, dass die Zahlen steigen. Der Sprecher der Fraktion kritisiert, dass Mietern in Hassels-Nord nicht geholfen wird. Kritik und Forderungen mögen nicht immer realistisch sein, sie bringen aber den Standpunkt einer Wählerschaft zum Ausdruck und die Regierenden in Verlegenheit.

Die CDU spielt in solchen Debatten eine seltsame Rolle. Ihre Repräsentanten machen abwinkende Handbewegungen und beschimpfen die Linke als naiv. Genauso machen es auch die Repräsentanten von SPD, FDP und Grünen - mit dem entscheidenden Unterschied, dass sie die Macht haben und solche Gesten zum Geschäft gehören.

Höhepunkt des ersten Jahres der neuen Opposition war eine Debatte um Lärmschutz. CDU und Ampel hatten dazu Anträge gestellt. Die CDU-Ratsleute hörten dann einen Redner, der ihren Antrag "den besseren" nannte und ankündigte, dass seine Fraktion für diesen stimmen werde. Der Redner war Lutz Pfundner, Fraktionschef der Linken.

(RP)
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