Düsseldorf Von All Inclusive bis Balkonien

Düsseldorf · "Früher war ich der übelste Chiller", sagt Kevin Besser über sich selbst. Und früher ist noch gar nicht so lange her. Bis vor vier Jahren bevorzugte Besser das Urlaubsmodell All Inclusive.

Die verschiedenen Urlaubs-Typen
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Das hat in erster Linie mit dem Laufen zu tun. 2011 hat Besser damit begonnen, irgendwann stieg auch seine Freundin Janine mit ein. In diesem Jahr haben die beiden ihren ersten Marathon absolviert. Auch im Urlaub legen sie mittlerweile nicht mehr wie früher die Füße hoch. "Im vergangenen Jahr waren wir acht Tage wandern auf Madeira", erzählt der 32-Jährige. Jeden Tag ein anderes Hotel, jeden Tag eine andere Wandertour. Manche führten fünf, sechs Stunden lang über Stock und Stein, starke Anstiege inklusive. "Einmal sind uns abends beim Essen einfach die Augen zugefallen", erinnert sich der Düsseldorfer. In diesem Jahr geht es nach New York. "Traum eines jeden Läufers ist es ja, einmal durch den Central Park zu laufen", so Besser. Eine Runde durch die grüne Lunge Manhattans entspricht in etwa zehn Kilometern. Von ihrem Hotel auf Long Island ist der Park, das haben die Läufer schon geprüft, gerade einmal 15 Minuten mit der U-Bahn entfernt. "Drei, vier Mal werden wir während unseres Aufenthalts dort bestimmt laufen", schätzt Besser. Wohl wissend, dass die Beine gerade in den ersten Tagen noch schwer sein dürften. Kurz vor dem Abflug starten seine Freundin und er nämlich noch beim Berlin-Marathon.

Sandra Kügler bevorzugt eine wesentlich bewegungsärmere Art der Erholung. "Wir sind überzeugte Strandurlauber", sagt sie und meint ihren Mann, Tochter Chiara (13) und sich. Lange Jahre zog es die Bibliothekarin regelmäßig nach Formentera. "Das ist mittlerweile aber einfach zu teuer", sagt sie, eine Fernreise sei da oft günstiger. In den vergangenen Jahren testeten die Küglers unter anderem die Strände in Mexiko oder auf den Malediven. Dieses Jahr reisen sie für zwei Wochen nach Kuba, genauer gesagt auf die Landzunge Varadero, deren 20 Kilometer langer Sandstrand seit der Öffnung des Landes viele Touristen anzieht. Im August ist es so weit. Zehn Stunden dauert der Flug in die Karibik.

Wie schon in den vergangenen Jahren hat die dreiköpfige Familie auch 2017 ein All-Inclusive-Angebot gebucht. Das heißt: Neben Flug und Unterkunft sind auch Essen und sämtliche Getränke im Reisepreis bereits enthalten. "Getränke und Snacks gehen sonst sehr ins Geld", weiß Kügler aus Erfahrung, vor allem dann, wenn man mit Kindern reise. "Kinder brauchen Eis", sagt sie und lacht. Was Aktivitäten angeht, sind die Küglers im Urlaub genügsam. Ein bisschen Schwimmen und Schnorcheln, ansonsten wird in erster Linie gelesen. "Mein Mann nimmt noch echte Bücher mit, Chiara und ich haben jeweils eBook-Reader", so die Bibliothekarin. Einen Tagesausflug nach Havanna hat die Familie trotz reichlich Lesestoff fest eingeplant. Man könne sich mit einem Oldtimer abholen und in die Hauptstadt fahren lassen, das würden sie gerne machen, so Kügler. Die restlichen 13 Tage aber soll das dolce far niente regieren. "Ein Ausflug reicht. Da machen wir uns keinen Stress."

Silke Nolden reist in diesem Sommer nur gedanklich in die Ferne. Mit dem Wohnmobil durch Europa, da hätte sie richtig Lust drauf. "Aber das kann ich momentan leider finanziell nicht stemmen", sagt die 48-Jährige. Der alternative Masterplan: Urlaub auf Balkonien. Noldens Pempelforter Wohnung verfügt praktischerweise über gleich zwei Balkone. "Nach vorne raus machen die Zimmerpflanzen Urlaub", sagt die Inhaberin einer Künstler-Agentur. Hinten hat Nolden es sich schöngemacht. Auf ihrem geschätzt drei mal 1,50 Meter messenden Balkon gibt es sogar eine Palme, die sie vor Jahren vom Lago Maggiore mitgebracht hat. "Die ist aber leider seitdem nicht mehr gewachsen." Zur Liliputaner-Palme gesellen sich überwiegend essbare Pflanzen - Minze, Himbeeren und Tomaten. Was man als ambitionierte Hobbyköchin halt so verwerten kann!

Zentrum des Pempelforter Paradieses ist aber ein aufblasbarer pinker Pool. Der war ursprünglich für Noldens Hund Leo gedacht. Da der Schnauzer-Mops-Mix aber nicht schwimmen mag, garantiert der pinke Pool nunmehr Frauchen eine regelmäßige Kühlung von unten: "Füße im Pool und ein kaltes Glas Weißwein, das ist eine gute Mischung", findet Nolden. Dazu lauscht sie gerne Elektro à la Strandpiraten oder altem Dub-Reggae und genießt den urbanen Ausblick auf Flachdächer und in Häuserschluchten, abends auch gerne gemeinsam mit Freunden. Auf einen klassischen Pauschal-Urlaub hätte die 48-Jährige ohnehin keine Lust: "Mich kannste nicht ins Hotel stecken. Vier Wochen All Inclusive, das wär' nichts für mich."

Frank Hildebrand würde sich da anschließen. Der 26-Jährige ist von einigen Wochen von einem größeren Trip mit seinem Wohnmobil zurückgekommen. Sechs Wochen war er unterwegs in Frankreich und Spanien. Immer auf der Suche nach einer steifen Brise. Hildebrand ist Windsurfer, ein Hobby, das sich prima mit Wohnmobil-Reisen kombinieren lässt. Sein Gefährt: Ein weißer Renault Master, Baujahr 2003. "Eigentlich ein Transporter", erklärt Hildebrand. "Den habe ich mir, als ich ihn vor sieben Jahren gekauft habe, selbst ausgebaut." Das Bett hinten bietet Platz für zwei, meistens reist Hildebrand mit seiner Freundin. Unter der Schlafgelegenheit werden die Surfsachen verstaut. Vorne gibt es eine kleine Küche. "Ich habe alles dabei, was ich brauche. Und ich brauche nicht viel", sagt Hildebrand. An der Art des Reisens schätze er vor allem, dass man frei entscheiden kann, wo man hinfährt. Und das jeden Tag. Die Windvorhersage spielt dabei eine wichtige Rolle, aber die lasse sich via Smartphone ja ermitteln.

Als Camper komme man leicht mit den Menschen vor Ort in Kontakt, so Hildebrands Erfahrung: "In Griechenland zum Beispiel funktioniert das wunderbar." In Spanien und Frankreich sei es im Vergleich schon schwieriger, "aber da ist es natürlich auch ziemlich touristisch." Hat das Reisen im Wohnmobil denn auch Nachteile? "Man muss halt immer schauen, dass nichts mit dem Wagen ist", sagt Hildebrand. Aber toi toi toi, bisher sei ihm noch nie was Schlimmeres passiert. "Mir ist mal auf der Autobahn ein Reifen geplatzt, auf dem Weg nach Ancona." Aber derlei Kleinigkeiten kann einer wie er natürlich selbst beheben.

(RP)
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