Verwaltungsgericht Düsseldorf Immer mehr Syrer klagen gegen Asylbescheide

Düsseldorf · Beim Verwaltungsgericht Düsseldorf landen die Klagen von abgelehnten Asylbewerbern. 2015 häuften sich die Klagen von Albanern und Kosovaren. Seit Beginn des Jahres klagen immer mehr Syrer. Mittlerweile müssen alle Richter auch Asylklagen bearbeiten.

 Richterin Franziska Hötte entscheidet am Verwaltungsgericht über Asylanträge.

Richterin Franziska Hötte entscheidet am Verwaltungsgericht über Asylanträge.

Foto: Christoph Reichwein

Das Asylrecht beschäftigt zunehmend auch die deutschen Verwaltungsgerichte. Der Blick auf das Düsseldorfer Verwaltungsgericht zeigt: Jedes neue Gesetz bringt auch neue Arbeit für die Richter. Das Gesetz über sichere Herkunftsstaaten auf dem Westbalkan, das Asylpaket 2 oder das Rückführungsabkommen mit Afghanistan. Jeder Flüchtling hat das Recht, gegen seinen Asylbescheid zu klagen.

Im vergangenen Jahr waren es vor allem Asylbewerber vom Westbalkan, die das Gericht beschäftigten. Albaner und Kosovaren klagten gegen abgelehnte Asylanträge oder versuchten, in einem Klageeilverfahren der Abschiebung zu entgehen. Die Kläger vom Westbalkan hatten selten eine Chance, ihr Anliegen durchzubringen. 99 Prozent der Eilverfahren wurden 2015 abgelehnt, dasselbe gilt für die übrigen Klagen.

Bei den Eilverfahren liegen Kläger aus Albanien, dem Kosovo, Mazedonien oder Serbien nach wie vor vorne. Die Politik will konsequenter abschieben — und die Menschen vom Westbalkan stehen ganz oben auf der Liste. "Zwei Drittel der Eilverfahren kommen von Menschen des Westbalkans, denen die Abschiebung droht", sagt Nicola Haderlein, Sprecherin des Verwaltungsgerichts Düsseldorf.

Und die Verfahren werden immer mehr. Insgesamt sind in diesem Jahr bis zum Stichtag 30. September 9745 Asylklagen beim Verwaltungsgericht Düsseldorf eingegangen, das sind schon jetzt über 4000 Klagen mehr als 2015 (5689), teilt die Gerichtssprecherin mit. Davon sind 7684 Klagen gegen Asylbescheide und 2061 Eilverfahren, die vor allem den Westbalkan betreffen. Das Gericht kümmert sich nicht nur um Düsseldorf, sondern auch um den gesamten Niederrhein, die Stadt Duisburg und Teile des Bergischen Landes.

Mit Abstand den größten Anteil der Arbeit nehmen aber in diesem Jahr Klagen von Syrern ein. 4100 Verfahren sind seit Jahresbeginn beim Gericht eingegangen. Zunächst waren es vor allem Untätigkeitsklagen, die das Gericht beschäftigen.

Asylbewerber können gegen das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) klagen, wenn sie zu lange auf ihren Bescheid warten müssen. Und beim Bamf liegen immer noch zahlreiche Altverfahren. Erst im nächsten Frühjahr sollen dort alle Verfahren abgearbeitet sein.

Viele Syrer wollen ihren Asylstatus verbessern

Ein neues Gesetz macht den deutschen Verwaltungsgerichten nun vor allem zu schaffen. Im Asylpaket 2, das dieses Jahr verabschiedet und in Kraft getreten ist, ist festgelegt, dass der Familiennachzug für Syrer ausgesetzt wird. Bislang war es so, dass viele Syrer einen Flüchtlingsstatus nach der Genfer Flüchtlingskonvention erhalten haben.

Mittlerweile bekommen viele Syrer wegen des Bürgerkriegs den sogenannten subsidiären Schutz. Das ist ein abgespeckter Flüchtlingsstatus, die Betroffenen bekommen eine Aufenthaltserlaubnis für ein Jahr, dürfen aber ihre Familien nicht nachholen. Und dagegen klagen viele. Nicola Haderlein spricht daher von "Verbesserungsklagen".

Das Verwaltungsgericht wartet auf Auskünfte des Auswärtigen Amts

Die Verfahren ruhen derzeit, weil die Kammern des Gerichts Auskünfte beim Auswärtigen Amt und beim UN-Flüchtlingshilfswerk eingeholt haben. Sie wollen wissen, wie die Situation der Syrer ist, insbesondere ob Rückkehrer vom Assad-Regime zur Rechenschaft gezogen würden, sagt Haderlein. Tatsächlich bedeutet das, dass das Verwaltungsgericht häufig noch einmal nach dem Bamf als zweite Behörde auf die Einzelsituation eines Klägers schaut. Das findet Haderlein aber "in Ordnung". "Das ist nunmal der Rechtsstaat", sagt die Richterin.

Seit dem 1. Oktober kümmern sich zwei weitere Kammern ausschließlich um die Klagen von Syrern. Das Gericht hat 28 Spruchkörpger und beschäftigt etwa 100 Richter. "Mittlerweile macht jede Kammer Asylrecht", sagt Harderlein. Bislang hätten zwölf Kammern den Westbalkan betreut. Dort sind die Verfahren nun aber rückläufig. Womöglich brauche man aber noch mehr Richter, die sich mit Klagen von Syrern beschäftigen. Das Gericht hat außerdem sechs neue Kollegen eingestellt.

Andere Sachen drohen angesichts der hohen Zahl der Asylklagen zu kurz zu kommen. Klar sei, dass es zunehmend schwieriger werde, Klagen wegen zu hohen Kita-Gebühren oder wegen Baugenehmigungen zügig zu bearbeiten. "Allmählich werden solche Verfahren etwas älter. Wir müssen gewichten, schauen, was wichtig ist", sagt Haderlein. Bei Asyleilverfahren etwa hat das Gericht nur eine Woche Zeit zu entscheiden. Im Schnitt dauere die richterliche Entscheidung aber noch weniger als ein Jahr. So soll es auch bleiben.

(heif)
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