Gladbacher Salafistenprediger Verteidiger fordert Freispruch für Sven Lau

Im Prozess gegen Salafistenprediger Sven Lau fordert dessen Verteidiger Mutlu Günal einen Freispruch für seinen Mandanten. Die Bundesstaatsanwaltschaft plädiert dagegen auf eine Haftstrafe von sechseinhalb Jahren.

 Der Bundesanwalt fordert 6,5 Jahre Haft für Sven Lau.

Der Bundesanwalt fordert 6,5 Jahre Haft für Sven Lau.

Foto: dpa, fg pil

Die Bundesanwaltschaft macht es spannend am Mittwoch. Zwei Stunden müssen die Zuhörer warten, bis sie ihr gefordertes Strafmaß verkündet: Für sechs Jahre und sechs Monate soll Sven Lau hinter Gitter. Zuvor hatte Staatsanwalt am Bundesgerichtshof Malte Merz ausgeführt, warum er Lau für schuldig hält.

Dem Salafistenprediger aus Mönchengladbach wird seit September 2016 der Prozess gemacht, festgenommen wurde er bereits im Dezember 2015. Seit 20 Monaten sitzt er in U-Haft unter erhöhten Sicherheitsbedingungen. Er wird von seinen Mitgefangenen in der JVA Aachen getrennt, Besucher dürfen nur durch eine Trennscheibe mit ihm sprechen. Im Gericht wirkte der 36-Jährige stets aufgeräumt. Zu Wort gemeldet hat er sich während des Prozesses kaum.

Auch nachdem sein Verteidiger am Mittwochnachmittag plädiert hat, möchte er nichts mehr sagen außer: "Ich schließe mich der Verteidigung an." Jetzt ist es am Senat um den Vorsitzenden Richter Frank Schreiber zu entscheiden, welche Strafe, den Salafistenprediger treffen wird.

Verteidiger Mutlu Günal fordert am Mittwochnachmittag einen Freispruch für seinen Mandanten. Sein Plädoyer leitet er mit den Worten ein: "Im Fußball würde man sagen: Die haben ein anderes Spiel gesehen als wir." Für den Bundesanwalt sei offenbar der "Tag der Abrechnung mit Herrn Lau" gekommen. Er wirft dem Bundesanwalt vor, einen Rachefeldzug gegen Lau zu führen. "Aber weder Rache noch Feldzüge stehen dem Rechtsstaat gut zu Gesicht."

Die Bundesanwaltschaft beschuldigt Lau, zwei Kämpfer für die Terrororganisation "Jamwa” in Syrien angeworben zu haben — darunter Ismail I. (26), der im Prozess als Kronzeuge ausgesagt hat. Des Weiteren soll Lau zwei militärische Nachtsichtgeräte und etwas Bargeld für den Kampf in Syrien besorgt haben. In allen vier Anklagepunkten sieht die Bundesanwaltschaft die Schuld des Angeklagten als erwiesen an.

Doch gerade den Hauptbelastungszeugen Ismail I. bezeichnet Verteidiger Günal als "notorischen Lügner". "Dazu stehe ich." I. habe seinen Mandanten allein aus Eigennutz belastet. I. war in Stuttgart zu einer Haftstrafe verurteilt worden, weil er sich der Terrororganisation "Jamwa" in Syrien angeschlossen hatte. Noch während des Prozesses in Düsseldorf gegen Lau wurde I. nach zwei Dritteln seiner Haftstrafe entlassen. Für Günal Grund genug, dem Zeugen nicht zu glauben.

Der andere Mann, Zoubir L., der wegen Lau in Syrien gekämpft haben soll, sei eigenständig nach Syrien ausgereist. Lau habe sogar noch versucht, ihn davon abzuhalten. Über die Nachtsichtgeräte sagt Günal, es sei gar nicht erwiesen, dass diese nach Düsseldorf zu Laus Schwiegereltern geliefert worden seien. Das Geld, das Lau in Syrien übergab: Die 250 Euro seien nicht der Rede wert und seien nicht für Kampfgerät, sondern für Süßigkeiten ausgegeben worden. Als "lustig" bezeichnet er die beiden letzten Vorwürfe.

"Lau ist ein Überzeugungstäter”

Von Laus "radikal-islamistischer Gesinnung” ist jedoch der Bundesanwalt überzeugt. "Lau ist ein Überzeugungstäter”, heißt es im Plädoyer der Ankläger. Seine Unterstützung sei auf Dauer angelegt gewesen und habe auf einem gut organisierten Netzwerk basiert — alles unter dem Deckmantel der humanitären Hilfe für Syrien.

Nach Erkenntnissen des Islamwissenschaftlers Guido Steinberg, der im Prozess als Gutachter auftrat, ging die Terrororganisation "Jamwa” nach November 2013 im sogenannten Islamischen Staat auf. Zwar erkenne man, dass die Terrororganisation sich gegen das diktatorische Regime unter Machthaber Bashar Al-Assad richte. Es gehe aber längst nicht allein um die Bekämpfung des Regimes. Vielmehr sei "Jamwa” eine dschihadistisch-islamistische Gruppierung, deren Ziel die Errichtung eines Kalifats sei.

Für die Mitgliedschaft Laus in der terroristischen Vereinigung "Jamwa” sehen die Staatsanwälte indes keine Anhaltspunkte. Eine Mitgliedschaft setze eine "gewisse formale Eingliederung” in die Organisation voraus, führt Staatsanwalt Merz aus. Lau sei zwar in der zweiten Jahreshälfte 2013 selbst drei Mal im Kampfgebiet in Syrien gewesen. Aber die Zeugenaussage von Ismail I. habe ergeben, dass Lau sich in Syrien zwar gefällig verhalten, aber keine Befehle entgegen genommen habe.

Der Angeklagte hört am Mittwoch dem Bundesanwalt ohne sichtliche Regung zu, die meiste Zeit hält er seinen Kopf auf eine Hand gestützt, gelegentlich notiert er etwas. Als der Bundesanwalt die geforderte Strafe verkündet, bleibt er augenscheinlich ruhig, atmet nur einmal tief ein und aus. Als sein Verteidiger plädiert, lehnt er sich in seinem Stuhl hinter der dicken Panzerglasscheibe zurück.

Kommende Woche Mittwoch könnte nun das Urteil fallen.

(heif)
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