Düsseldorf Verhärtete Fronten im Sparkassen-Streit

Düsseldorf · Im Verwaltungsrat haben Oberbürgermeister Geisel und Sparkassenchef Hallmann juristische Gutachten vortragen lassen. Beide bewegen sich nicht - nun sollen sie in einem Extra-Treffen einen Kompromiss finden.

 Oberbürgermeister Thomas Geisel (l.) und Sparkassenchef Arndt Hallmann messen derzeit ihre Kräfte.

Oberbürgermeister Thomas Geisel (l.) und Sparkassenchef Arndt Hallmann messen derzeit ihre Kräfte.

Foto: Jacques Tilly

Die Sitzung Die Atmosphäre in der 19. Etage der Stadtsparkasse war gestern Vormittag eisig. Dort trafen sich die 15 Mitglieder des Verwaltungsrates mit dem Vorstand. Auch Vertreter der Sparkassenaufsicht - das ist in NRW das Finanzministerium - saßen mit am Tisch. Einziges Thema auf der Tagesordnung: die Bilanz 2014 und damit die Frage, wie viel Gewinn ausgewiesen und an die Stadt ausgeschüttet wird. Oberbürgermeister Thomas Geisel als Verwaltungsratsvorsitzender will eine Ausschüttung von 26 Millionen Euro. Sparkassenchef Arndt Hallmann will dagegen den Großteil des Gewinns einbehalten und damit das Eigenkapital stärken.

Die Gutachten Beide Seiten hatten ihre juristischen Geschütze aufgefahren. Geisel hatte Vertreter der Wirtschaftskanzlei Freshfields aus Köln mitgebracht. Der Kern ihrer Aussagen: Eine teilweise Ausschüttung des Gewinns ist möglich, da die Stadtsparkasse Düsseldorf bereits heute die hohen neuen Eigenkapital-Anforderungen nach der Richtlinie "Basel III" erfülle. Eine Ausschüttung wäre also zumindest legal und verstößt laut den Experten nicht gegen Auflagen. Dann sprachen die Anwälte des Sparkassenvorstands und erklärten, dass ein Einbehalten des Gewinns notwendig ist. Die Argumente sind die Hallmanns: Die Eigenkapital-Anforderungen sind gestiegen. Es ist besser, mehr Eigenkapital zu bilden, um für schlechte Zeiten gerüstet zu sein.

Nach zwei Stunden waren die Positionen ausgetauscht. Es soll, trotz allen Streits, sachlich zugegangen sein. Niemand wurde laut. Die Antagonisten begrüßten und verabschiedeten sich gesittet.

Die Entscheidung Ein Beschluss soll vom Aufsichtsrat Ende Juni gefällt werden. Nach Informationen der Rheinischen Post hat Hallmann zum jetzigen Zeitpunkt eine Mehrheit im Verwaltungsrat hinter sich. Die fünf Arbeitnehmervertreter, die drei abgesandten CDU-Ratsherren so wie der Vertreter der Linken sind wie Hallmann der Meinung, der Gewinn sollte ins Eigenkapital eingestellt werden. Das sind neun von 15 Stimmen und damit eine absolute Mehrheit.

Die Beanstandung Selbst dann ist die Einigung noch nicht in trockenen Tüchern. Wie aus dem Umfeld des OB zu erfahren war, will Geisel in dem wahrscheinlichen Fall, dass der Verwaltungsrat die Zuführung zu den Rücklagen beschließt, den gesamten Jahresabschluss beanstanden. Experten zufolge ist das zwar rechtlich möglich, aber ungewöhnlich. Eine Beanstandung der Bilanz hätte eine erneute Prüfung zur Folge. Der Jahresabschluss war von den Prüfern des Rheinischen Sparkassen- und Giroverbandes (RSGV) aufgestellt worden. Die zuständige Abteilung ist eine unabhängige Wirtschaftsprüfung innerhalb des Verbandes.

Der Präzedenzfall Innerhalb des RSGV, in dem Sparkassen und Kommunen organisiert sind, blicken viele sorgenvoll nach Düsseldorf. Der Streit zwischen Verwaltungschef und Sparkassenvorstand ist einmalig und könnte zum Präzedenzfall werden. Bislang war es im Rheinland nur sehr selten zur öffentlichen Auseinandersetzung zwischen Sparkassenchefs und Stadt- oder Kreisoberhäuptern gekommen. Meistens einigte man sich hinter verschlossenen Türen oder fand Lösungen, etwa die Gründung einer Stiftung anstelle einer direkten Ausschüttung an die Kommune. Auch die Vertreter der Sparkassenaufsicht sollen beide Parteien aufgefordert haben, sich zu einigen. In Kürze soll es ein Treffen der Stadträte im Verwaltungsrat mit Geisel und Hallmann geben, um einen Kompromiss zu finden.

Die Ausschüttungspraxis variiert in Deutschland je nach Region. Während in NRW Sparkassen in der Regel zumindest einen geringen Teil des Gewinns an ihre Kommunen ausschütten, kennt man in Baden-Württemberg diese Praxis nicht.

Der Experte Wolfgang Gerke, Professor für Bankwesen, verteidigt die Strategie Hallmanns. "Die Sparkasse muss sich heute ein Polster anlegen, um künftige Auflagen etwa der EZB zu erfüllen", sagt Gerke. Für eine Ausschüttung sei es der falsche Zeitpunkt. "Die Sparkasse braucht einen Speckgürtel für schlechte Zeiten. Eine gesunde Sparkasse ist im Sinne der Stadt und der heimischen Wirtschaft. Die Stadt Düsseldorf sollte die Sparkasse heute stärken und nicht schwächen."

(RP)
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