Serie Der Mai Verehrung in Versen

Düsseldorf · Die Liebe ist das Feuer des Lebens, findet Lyrikerin Johanna Hansen. Deshalb schreibt sie gern Liebesgedichte. Sie kann aber auch anders.

 Die Malerin und Lyrikerin Johanna Hansen ist Mitglied des Vereins der Düsseldorfer Künstler von 1844 und hat viele Gedichte über die Liebe geschrieben.

Die Malerin und Lyrikerin Johanna Hansen ist Mitglied des Vereins der Düsseldorfer Künstler von 1844 und hat viele Gedichte über die Liebe geschrieben.

Foto: Hans-Jürgen Bauer

Sie kommt gerade aus Paris zurück. Wir lassen jetzt mal das Klischee von der "Stadt der Liebe" beiseite. Obwohl: Liebesgedichte hat sie auch dort geschrieben - wie überall, ob sie nun auf Reisen ist oder zuhause in Unterbilk. "Dieses Schimmern der Lust" (so ein Titel) ist nicht an einen Ort gebunden. Johanna Hansen, Malerin und Lyrikerin, vollbringt etwas Seltenes: Sie verbindet die Künste, verdoppelt die Poesie - in Wort und Bild.

"Ich will mir die Augen verderben

in sämtlichen Aprilschauern deine Augen blaupausen Das auftauende Alphabet in mir anschneiden wie Delikatessen..."

Diese Zeilen schrieb Johanna Hansen als Antwort auf das Heine-Gedicht "Wenn ich in deine Augen sehe..." Heinrich Heine und sie - das ist wohl die älteste Liebesgeschichte in ihrem Leben. Und vielleicht die stärkste Inspiration. "Ich habe jede Zeile gelesen, die er je geschrieben hat", sagt sie. Schon damals in ihrer Schulzeit - in der "mit Kopfschmerzen verknoteten Sprachlosigkeit der Nachkriegsjahre" - und später während des Studiums der Germanistik und Philosophie. Einen Job als Lehrerin bekam sie danach, in Zeiten der knappen Stellen, nicht. Was sich noch als Glücksfall erweisen sollte.

Denn eines Tages fand sie beim Aufräumen den Aquarellkasten ihres Mannes, ein Arzt, der in seiner Freizeit gern malte. Sie wollte den Kasten säubern, ließ Wasser darüber laufen. Und hielt inne. "Es sah wunderschön aus, wie die Farben sich mit dem Wasser auflösten." Sie holte ein Stück Papier, ließ die Farben darauf fließen, malte ihr erstes Bild. Und hörte nicht wieder auf. Heute stellt sie, die als Autodidaktin begonnen hat, regelmäßig bei der "Großen Kunstausstellung" im Ehrenhof aus, hat einen treuen Sammlerkreis und ist Mitglied des Vereins der Düsseldorfer Künstler von 1844. Über ihre Anfänge sagt sie: "Ich kannte keinen Ehrgeiz, das hat mir die größte Freiheit gegeben."

Diesem Verein hat sie es zu verdanken, dass sie nun zum zweiten Mal in Paris war: zwei Monate in einem Atelier der "Cité des Arts", wo 320 Künstler aus aller Welt für eine Weile leben und arbeiten. Entstanden sind in diesen zwei Monaten zwei Künstlerbücher, in denen Johanna Hansen ihre Talente mit nur einem Stift vereinte: in Tusche malte sie und schrieb Gedichte, nicht mehr säuberlich getrennt wie in früheren Arbeiten, sondern auf einer Seite, oft wird die Schrift vom Bild verwischt - und umgekehrt.

Als sie das erste Mal auf dieser Künstlerinsel war, ist ihre Hommage an Heinrich Heine entstanden. "Ich hatte die Idee, dem Dichter einen Brief zu schreiben, denn unsere Wege haben sich immer wieder gekreuzt." Die Fotografin Elena Hill hat Orte dieser Wegkreuzungen am Seineufer, auf dem Friedhof von Montmartre und auch in Düsseldorf mit der Video-Kamera in Szene gesetzt. Das Ergebnis ist ein 13-Minuten-Film, in dem Johanna Hansen ihre Verehrung formuliert und sich vorstellt, sie würde mit ihm durch die Düsseldorfer Altstadt flanieren und über dem Rhein den Mond aufgehen lassen - auch ein Liebesgedicht:

"...Die Nacht würde die schwarzen Daumen drehen. Ich streifte mir Handschuhe aus Mondschein über und legte Ihre Gedichte als Pfand zwischen uns. Sie würden mich sorglos singen mit Ihren Liedern. Mich einfach zerkrümeln mit raschen Fingern..."

Nein, sie hat nicht nur über die Liebe Gedichte geschrieben. Aber oft. "Denn die Liebe ist schließlich das Feuer des Lebens", sagt sie und wenn sie lächelt, dann blitzt das Mädchen auf, das sie mal war. Ihre Poesie aber blüht an jedem Ort, der sie gerade inspiriert. In Venedig schrieb sie das Gedicht: "Verführung - für Casanova". Es beginnt mit den Zeilen:

"Die Nacht ist ein schwarzer Stock

mit dem der Gondoliere aufs Wasser schlägt"

Neulich ist sie in der Straßenbahn mit einer ehemaligen Opernsängerin ins Gespräch gekommen und klagte ihr, dass sie ihre Texte nur unzureichend vorlesen könne. Die hörte sich ein paar Tage später das Casanova-Gedicht an, meinte, "das liest du wie einen Sachtext" und bot ihr Gesangsunterricht, "dann wirst du anders vortragen". Nun bekommt Casanova, was ihm gebührt: Leidenschaft.

(RP)
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