Düsseldorf Verdi will bessere Ausbildungsbedingungen

Düsseldorf · In einer Aktionswoche nimmt die Gewerkschaft schlechte oder fehlende Bezahlung und Leistungs- und Zeitdruck ins Visier.

 DGB-Regionsgeschäftsführerin Sigrid Wolf setzt sich für bessere Rahmenbedingungen im Ausbildungsbereich ein (Archiv).

DGB-Regionsgeschäftsführerin Sigrid Wolf setzt sich für bessere Rahmenbedingungen im Ausbildungsbereich ein (Archiv).

Foto: Bretz, Andreas

Unbezahlte Ausbildungsstellen und mangelnde Betreuung der Azubis? Mit der Aktionswoche "Gute Arbeit - Gute Ausbildung" legt die Gewerkschaft Verdi ihren Fokus auf die aktuellen Probleme bei Ausbildungen im Dienstleistungssektor. Dafür wird gezielt der Diskurs mit Auszubildenden und Beschäftigen gesucht, denn das bringt ungeahnte Missstände ans Tageslicht.

Eine 38,5-stündige Arbeitswoche, nebenbei Berufsschule, Mietzahlungen für eine Wohnung in Düsseldorf, dazu das benötigte Geld für Lehrbücher, ein Bahnticket und den Lebensunterhalt - und dies ohne vom auszubildenden Arbeitgeber einen einzigen Cent zu erhalten. Was nach einem Scherz aus vergangenen Tagen klingt, ist bittere Realität für 130 Azubis an der Düsseldorfer Uniklinik. Sie absolvieren im Gesundheitswesen Ausbildungsberufe zum Physiotherapeuten, Logopäden, Medizinisch-Technischem Assistenten oder sogar Notfallsanitäter und werden nicht vergütet. "Das ist ein Skandal", poltert es aus Uwe Foullong, stellvertretender Geschäftsführer des Verdi-Bezirks Düsseldorf, heraus. Zwar sind die Tarifverhandlungen für diesen Bereich auf einem guten Weg, beschlossen ist bislang aber noch nichts. Ein Einzelfall? Mitnichten: Auch in anderen, vor allem dienstleistungsorientierten Berufen, sind die Rahmenbedingungen der Ausbildung zum Teil katastrophal.

"Das Ausbildungsplatzangebot in Düsseldorf ist eigentlich sehr gut", sagt Foullong. Auf 4673 freie Stellen kamen im vergangenen Jahr 3753 Bewerber. Probleme macht aber die Qualität der Ausbildungen. "Die Azubis klagen häufig über zu viel Leistungs- und Zeitdruck in ihren Betrieben. Viele Stellen bleiben unbesetzt, weil sie schlichtweg nicht attraktiv genug sind." Das musste Julian Winter, inzwischen ausgelernter Gesundheits- und Krankenpfleger an der Uniklinik, selbst erfahren. Auch er war mit der Qualität seiner Ausbildung unzufrieden: "Im Dienstplan war ich nicht als geschützter Auszubildender eingetragen, sondern musste Personalengpässe ausgleichen. Das festangestellte Personal hatte kaum Zeit für mich, da es durch normale Aufgaben schon zeitlich überfordert war." Winter legt den Finger in die Wunde, die zuletzt auch im Zuge der Bundestagswahl durch Streiks im Pflegebereich offen gelegt wurde. "Es geht nicht um mehr Geld oder mehr Urlaub. Wir wollen bessere Arbeitsbedingungen durch mehr Personal, das sich ausreichend um die Azubis kümmert."

Wie wirksam Aktionen der Gewerkschaft sein können, zeigt der Protest "Besser abschneiden" aus dem vergangenen Jahr. Damals stellten Auszubildende aus dem Friseurbereich eine medienwirksame Kampagne auf die Beine und erreichten eine Erhöhung ihrer Vergütung von bis zu 16 Prozent, die nun ab dem 1. Dezember greift. Dennoch ist in diesem Berufsfeld weiterhin Luft nach oben, wie Verdi-Frisörexperte Karsten Braun weiß: "Es bleibt der schlechtbezahlteste handwerkliche Beruf, in dem man neben harten Arbeitsbedingungen auch teilweise seine Scheren selber zahlen muss. Dementsprechend hoch ist die Abbrecherquote. Viele wünschen sich einfach eine Aufwertung des Berufsbildes."

Auch DGB-Regionsgeschäftsführerin Sigrid Wolf setzt sich für bessere Rahmenbedingungen im Ausbildungsbereich ein. Nach einem Beispiel aus Hamburg möchte sie in Düsseldorf ein Auszubildendenwohnheim errichten lassen. "Als erstes Vorzeigeprojekt. Was für Studenten gilt, muss auch für Azubis möglich sein. In Düsseldorf ist bezahlbarer Wohnraum knapp, damit wollen wir eine Lösung schaffen." Ihre Idee ist zwei Jahre alt, aktuell wird nach einem passenden Grundstück gesucht. Auch die Rahmenrichtlinien auf Landesebene müssen hinsichtlich der Finanzierung noch angepasst werden.

(RP)
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