Düsseldorf Urlaub für den Wahlkampf

Düsseldorf · Zwei der vier SPD-Kandidaten für die Landtagswahl am 9. Mai arbeiten im öffentlichen Dienst: Dirk Jehle ist Angestellter der Stadt, Jürgen Büssow als Regierungspräsident politischer Beamter im Dienst des Landes. Weil für beide besondere Regeln gelten, nehmen sie sich im Wahlkampf frei.

Das Ladenlokal an der Aachener Straße 22 fällt auf: "Wir stoppen die Kopfpauschale" und "Bildung ohne Bankeinzug" klebt in roter Schrift auf der Schaufensterscheibe. Auf der Fensterbank dekorative Töpfchen mit roten Tulpen, drinnen ein rotes Sofa. Für die nächsten knapp zwei Monate sind diese 30 Quadratmeter das Wahlkampfbüro von Dirk Jehle. Der 41-Jährige tritt für die SPD im Düsseldorfer Landtagswahlkreis 42 an — und will bis zur Wahl am 9. Mai den Bürgern mit dem Laden im Herzen von Bilk werktags von 15 bis 18 Uhr und samstags von 11 bis 14 Uhr offene Tür und offenes Ohr bieten.

Damit er das möglichst oft kann, hat Jehle sich bis zur Wahl frei genommen — zum Teil durch Urlaub, zum Teil durch Abbau von Überstunden. Doch mehr Zeit zu haben, um im Wahlkampfbüro niedrigschwellig um potenzielle Wähler zu werben, ist nur ein Grund. Der andere ist, dass Jehle sich so im Wahlkampf freier bewegen kann. Denn der Diplom-Sozialarbeiter ist Angestellter der Stadt, arbeitet in der Drogenambulanz des Gesundheitsamts.

Beschäftigte des öffentlichen Dienstes haben wie jeder andere Arbeitnehmer das Recht, sich politisch zu engagieren — sofern das öffentliche Vertrauen und die Amtsführung keinen Schaden nehmen, steht in einem Schreiben, das die Stadtspitze wie vor jeder Abstimmung auch drei Monate vor der Landtagswahl an ihre Mitarbeiter verschickt hat. "Ungeachtet dessen sollen die städtischen Bediensteten in den Monaten vor Wahlen die Neutralität der Verwaltung wahren, indem sie im parteipolitischen Bereich besondere Zurückhaltung üben", heißt es weiter. Deshalb dürfe kein Vertreter der Verwaltung in dieser Funktion an politischen Veranstaltungen teilnehmen, die der Ratsfraktionen ausgenommen. Jehle kann nun in seiner Freizeit ungehindert an Diskussionen zu "seinen Themen" Bildung, Arbeit, Gesundheit, Soziales und Gleichstellung teilnehmen und um Stimmen werben.

So will es auch Jürgen Büssow halten. Der 63-Jährige ist seit 1995 Regierungspräsident im Bezirk Düsseldorf und tritt nun im Wahlkreis 43 im Süden der Stadt als SPD-Kandidat für den Landtag an. Als Regierungspräsident ist Büssow politischer Beamter im Dienst des Landes. Laut Innenministerium muss er sich in dieser Position neutral verhalten und loyal zu den Zielen der Landesregierung stehen. Das Ministerium verweist auf die Grundpflichten, die sich aus dem Beamtenstatusgesetz ergeben und zeigt sich zuversichtlich: "Wir gehen davon aus, dass Herr Büssow sich seiner Pflichten bewusst ist und sich loyal zu seinem Arbeitgeber verhält."

Büssow bestätigt das. "Ich trete nicht gegen die Landesregierung auf, sondern für mich." Zudem mache er noch keinen aktiven Wahlkampf, lege Termine im Zweifel in seine Freizeit. Sein Wahlkampfbüro im Haus der NRW-SPD an der Kavalleriestraße 16 wird nächste Woche dennoch öffnen. Bereits jetzt frei zu nehmen, sei schwierig, sagt Büssow. Im Regierungspräsidium sei es zurzeit "personell sehr eng". Für die heiße Wahlkampfphase hat er aber Jahresurlaub beantragt. Am 22. März spricht Büssow vor der SPD-Arbeitsgemeinschaft der Juristen zum Thema ",Bad Bank' für Gemeinden?" — in seiner Rolle als für verschuldete Kommunen zuständiger Regierungspräsident.

(RP)
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