Analyse Uni zieht Konsequenzen aus Fall Schavan

Düsseldorf · Im Streit um den Titelentzug von Ex-Bundesbildungsministerin Annette Schavan bekam die Heine-Uni vor Gericht recht. Dennoch hat die Hochschule Lehren aus dem Plagiatsfall gezogen. Und das muss sie auch: Denn er hat Schwächen bei der Doktorandenbetreuung gezeigt.

 Bei der Eröffnung des Akademischen Jahres im Oktober 2012 sprach Rektor Hans Michel Piper erstmals über den Fall Schavan.

Bei der Eröffnung des Akademischen Jahres im Oktober 2012 sprach Rektor Hans Michel Piper erstmals über den Fall Schavan.

Foto: Endermann

Als sich das Verwaltungsgericht Düsseldorf am Donnerstagnachmittag dem Beschluss der Heinrich-Heine-Universität anschloss, der ehemaligen Bundesforschungsministerin Annette Schavan den Doktortitel zu entziehen, löste das bei der Hochschule große Erleichterung aus. Doch auch wenn das Gericht Schavans Klage gegen das Prüfverfahren und den Titelentzug durch die Uni abwies, hat das Urteil einen bitteren Beigeschmack.

Denn der Fall hat Defizite der Hochschule in der Doktorandenbetreuung gezeigt. Wie sonst lässt es sich erklären, dass zwei Gutachter der Uni Schavans Arbeit mit der Bestnote "Magna cum Laude" bewerteten, wenn es sich doch dabei, wie vor Gericht jetzt bestätigt wurde, um einen so schwerwiegenden Fall von Plagiat handelt? Auch wenn dieser Umstand in der juristischen Bewertung der Causa Schavan keine Rolle spielte — die Vorsitzende Richterin sprach bei der Urteilsverkündung aber immerhin von einer "eventuell nachlässigen Betreuung" der Arbeit — hat man an der Hochschule Lehren aus den prominenten Plagiatsfällen der vergangenen Jahre gezogen.

Und das sollte sie auch. Denn nicht nur Professoren müssen sich darauf verlassen können, dass ihre Doktoranden wissenschaftlich redlich arbeiten. Auch die Doktoranden haben einen Anspruch auf Betreuer, die sie nach den Regeln guter wissenschaftlicher Praxis betreuen. Und dazu gehört es, dass Professoren sich Zeit für ihre Doktoranden nehmen, sich regelmäßig mit ihnen austauschen, sie bei Problemen rechtzeitig darauf aufmerksam machen und am Ende die Dissertation nach den Maßstäben guter wissenschaftlicher Praxis bewerten.

Um das zu erreichen, verlässt man sich an der Hochschule nicht mehr nur auf die Erklärung des Doktoranden, dass "die vorliegende wissenschaftliche Arbeit selbstständig verfasst und keine anderen als die angegebenen Hilfsmittel benutzt" und "Stellen der Arbeit, die dem Wortlaut oder dem Sinn nach anderen Werken entnommen sind, unter Angabe der Quelle kenntlich gemacht" wurden. Ein wichtiger Baustein in der modernen Betreuung der Doktoranden sind inzwischen die Graduiertenschulen bzw. -akademien, die die Uni in den vergangenen Jahren in einigen Fächern aufgebaut hat. Dort werden Nachwuchswissenschaftler auf das Entwickeln und Schreiben einer Dissertation Schritt für Schritt vorbereitet. In der Regel besteht das Betreuungsverhältnis in dieser Zeit aus mehreren Wissenschaftlern — und gerade nicht wie früher nur aus einem Doktorvater. Kurse und Beratungen sollen den Doktoranden während der gesamten Phase fachlich und auch mental helfen.

Um wissenschaftliche Täuschungsversuche aufzudecken, setzt man in einigen Fachbereichen inzwischen eine Plagiatssoftware ein. So hat die Philosophische Fakultät — dort hatte Schavan 1980 ihre Dissertation "Person und Gewissen" eingereicht — im Sommer 2012 (und damit nach Bekanntwerden der Plagiatsvorwürfe gegen Schavan) eine Plagiatssoftware angeschafft. Dafür wurde auch die digitale Abgabe von Abschlussarbeiten in die Prüfungsordnungen aufgenommen.

Auch wenn man Täuschungen nie ganz verhindern können wird, ist es ein gutes Signal, dass die Heine-Uni und andere Hochschulen die Doktorandenbetreuung verbessern und Plagiate verhindern wollen. Nur so kann sichergestellt werden, dass der Doktortitel wieder einen Stellenwert hat.

(semi)
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