23-Jähriger geht in Berufung Unfall mit drei Toten: Geisterfahrer schuldunfähig?

Düsseldorf/Hilden · Drei Menschen hat er unter Alkoholeinfluss getötet. Dafür wurde ein 23-jähriger Kfz-Mechaniker aus Hilden zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt. Doch diese Haftstraße will der Unfallverursacher nicht akzeptieren. Am Montag zog er per Berufung vor das Landgericht.

 Der Angeklagte am Montag vor dem Düsseldorfer Landgericht.

Der Angeklagte am Montag vor dem Düsseldorfer Landgericht.

Foto: wuk

Nach einem Streit bei einer Party in Leverkusen war er spätnachts im Juni 2009 losgefahren, hatte einen Unfall auf der A59 verursacht, war danach als Geisterfahrer noch sechs Kilometer weitergefahren, bis es zum Frontalzusammenstoß mit dem Auto einer Düsseldorfer Kleinfamilie kam. Drei Insassen des anderen Wagens starben.

Auf eine mildere Strafe könne er nicht hoffen, so die Richter. Weil sein Anwalt trotzdem noch einen Gutachter hören will, wurde der Prozess abgebrochen.

In erster Instanz beim Amtsgericht hatte der Mann die Alkoholfahrt gestanden und die schrecklichen Folgen bedauert. Dafür habe er eine "Strafe am unteren Rand" erhalten, fand gestern das Landgericht. Dennoch dagegen Berufung einzulegen und trotz der schlimmen Tatfolgen auf eine Bewährungschance zu hoffen, fand Staatsanwalt Dirk Mücke "unvorstellbar".

Er nannte das erste Urteil "mehr als milde" und will nun dafür eintreten, dass die Strafe aufgestockt wird — auf drei Jahre und neun Monate Haft. "Ich habe einen Großteil meiner Familie verloren", erklärte Ilaz Vokrri (43) am Rande des Verfahrens. Der Familienvater hatte in jener Nacht den Wagen gelenkt, den der Angeklagte (bei 2,16 Promille) frontal gerammt hat. Vokrris Frau (32), deren Mutter (78) und die einjährige Tochter des Ehepaares kamen ums Leben. "Ich habe noch zwei Kinder, nur deshalb mache ich weiter", so Vokrri am Montag. Dass der Schuldige jetzt auf Bewährung hofft, fand der Staatsanwalt "absolut unmöglich".

Doch der Verteidiger will klären, ob der Angeklagte in der Unfallnacht aufgrund des Alkohols womöglich schuldunfähig war. Dazu soll beim nächsten Prozesstermin Ende August ein Sachverständiger befragt werden. Der 23-Jährige war in der Tatnacht nach zehn Kilometern auf der Autobahn Richtung Düsseldorf zunächst gegen die Mittelleitplanke geprallt. Einen Augenzeugen, der ihn zum Aussteigen bewegen wollte, ignorierte er. Stattdessen fuhr er weiter — aber in verkehrter Richtung.

Das Amtsgericht hatte das Urteil wegen dreifacher fahrlässiger Tötung auch damit begründet, dass der Angeklagte nach dem ersten Unfall noch mit einem Kumpel telefoniert hat. Und trotz Alkoholeinfluss fast zwanzig Kilometer zurücklegen konnte. Wer so "zweck- und zielgerichtet" handelt, könne nicht schuldunfähig, sondern allenfalls in seiner Verantwortung eingeschränkt gewesen sein.

(RP)
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