In Parkhaus überrollter Obdachloser Trauer um toten Fiftyfifty-Verkäufer

Düsseldorf · Ein Auto hat in einem Parkhaus den 71 Jahre alten Josif erdrückt. Er wird als ein hilfsbereiter und freundlicher Mensch beschrieben. Die Staatsanwaltschaft hat nun ein technisches Gutachten zum Fahrzeug veranlasst.

 Nikolai kannte den verstorbenen Josif.

Nikolai kannte den verstorbenen Josif.

Foto: Bretz, Andreas

Josif war kein Unbekannter. Der 71 Jahre alte Verkäufer der Obdachlosenzeitung Fiftyfifty gehörte für Gerhard Morstadt im Heerdter Real-Markt schon zum Inventar. "Er hat nicht nur die Zeitungen verkauft, sondern war für Kunden und Mitarbeiter des Marktes zur Stelle. Er wechselte das Kleingeld für den Einkaufswagen oder half, die Wagen wieder zurückzustellen", erzählt Morstadt und schaut auf zwei Kerzen und Blumen, die am Eingang aufgestellt wurden. Morstadt ist Kunde von Real und mag es kaum glauben, dass Josif tödlich verunglückte: "Er war oft da, ein freundlicher und hilfsbereiter Mensch."

Die Frau, deren Auto am Mittwochnachmittag in der Tiefgarage des Markts den Fiftyfifty-Verkäufer erdrückt hat, wird weiter medizinisch betreut. "Es geht ihr schlecht", sagt Polizeisprecherin Susanna Heusgen. Kein Wunder: Was geschehen ist, sei "eine Horrorvorstellung für jeden". Der Nissan Qashqai der 47-Jährigen hatte sich auf dem zweiten Parkdeck der Tiefgarage selbstständig gemacht, war eine Rampe hinuntergerollt und hatte dort Josif gegen eine Wand gedrückt. Für ihn war jede Hilfe zu spät gekommen. Die Staatsanwaltschaft hat gestern ein technisches Gutachten zum Fahrzeug veranlasst. Denn warum das Fahrzeug losgerollt war, ist bisher nicht erklärlich. Auch die Obduktion des Leichnams ist von der Staatsanwaltschaft angeordnet worden.

Der tote Fiftyfifty-Verkäufer lebte seit sechs Jahren in Düsseldorf. Er kam als Trauernder hierher. "Seine Frau war gestorben, er hatte in seiner Heimat niemanden mehr. Und er konnte nach dem Verlust seine alte Umgebung nicht mehr ertragen, er wollte einfach weg", sagt sein Freund Nicolae (46). Vielleicht auch in der Hoffnung, dass man als alter und armer Mensch in Deutschland immer noch besser lebe als im rumänischen Konstanza am Schwarzen Meer. Doch die hatte sich für den einsamen Mann nicht erfüllt. "Vor drei Wochen kam er zu mir und weinte, ein Antrag auf Grundsicherung war wieder abgelehnt worden", erinnert sich Nicolae.

Schon lange lebte Josif auf der Straße, stand sehr häufig an dem Real-Markt, in dessen Parkhaus er umkam. Geschlafen hat er zuletzt in einer Notunterkunft an der Harkortstraße. Über den tragischen Tod sagt sein Freund Nicolae: "Ich gebe niemandem die Schuld - aber natürlich habe ich nach der Todesnachricht gedacht, dass er, wenn er finanziell unterstützt worden wäre, dort gar nicht hätte stehen müssen."

Oliver Ongaro, der als Streetworker den Kontakt zu den Fiftyfifty-Verkäufern hält, kennt das Thema Sozialleistungen aus nächster Nähe. Wer in Deutschland nicht oder nur sporadisch gearbeitet habe, könne nicht auf staatliche Unterstützung hoffen. Die Debatte nennt Ongaro "schwierig". "Natürlich kann nicht jeder, der einreist, sofort Sozialleistungen erhalten. Aber für Menschen, die alt sind und mehrere Jahre in Düsseldorf leben, muss es tragfähige Lösungen geben", sagt er.

Viele Heerdter hat die Todesnachricht berührt. Von einer "absoluten Tragödie" spricht Schützenchef Andreas Bahners. Tatsächlich seien die Rampen in dem Parkhaus sehr steil. "Wenn dort ein Auto ins Rutschen kommt, dann gibt's kein Halten mehr." Und Herbert Rozynski, Vizechef des Bürgervereins, ergänzt: "Ich würde es nicht zulassen, dass oberhalb der Rampen geparkt wird. Leider muss immer etwas passieren, bevor sich etwas ändert."

(jj)
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