Norbert Wesseler "Über Objektschutz kann man nachdenken"

Düsseldorf · Bei einer Privatisierung des Wachdienstes dürften der Polizei die zurzeit 150 Stellen aber nicht verlorengehen, sagt der Polizeichef. Sorgen bereiten ihm anstehende Personalwechsel in den Führungsetagen: "Wir verlieren viel Erfahrung."

 Norbert Wesseler ist seit Februar 2014 Polizeipräsident in Düsseldorf, war vorher im Dortmunder Präsidium Chef,

Norbert Wesseler ist seit Februar 2014 Polizeipräsident in Düsseldorf, war vorher im Dortmunder Präsidium Chef,

Foto: Hans-Jürgen Bauer

Bei Ihnen ist das Wasser abgestellt, vor Ihrem Fenster dröhnen die Baumaschinen - wie läuft's denn so?

Norbert Wesseler Es stört natürlich. Aber ich bin beeindruckt, weil sich die Proteste gegen den Baulärm im Haus in Grenzen halten. Alle haben dafür Verständnis und liefern trotzdem Top-Arbeit ab. Das ist eine tolle Leistung.

Die Polizei soll ja nun doch noch ins leerstehende ehemalige Innenministerium ziehen.

Wesseler Die Entscheidung soll wohl im September fallen. Ich hoffe, dass das schon früher klappt als bisher angedacht. Wenn wir Mitte 2016 die Leitung der Direktionen neu besetzen, möchte ich mit den neuen Kollegen schon gern unter einem Dach sein - und nicht über die Stadt verteilt.

Weil so viele Direktionsleiter auf einmal in den Ruhestand gehen?

Wesseler Ja. Der Erste geht nächsten Monat in den Ruhestand, die anderen Direktoren folgen nächstes Jahr. Damit verlieren wir auf einen Schlag sehr viel Erfahrung in der Führungsebene. Auch in den Polizeiinspektionen stehen Wechsel an - das ist ein echter Aderlass an Wissen und Erfahrung.

Die Direktion Verkehr wird ja schon seit anderthalb Jahren kommissarisch geleitet.

Wesseler Das ist ein Sonderfall. Ein Bewerber klagt gegen seine Beurteilung. Da muss der Gerichtsentscheid abgewartet werden. Das dauert für meinen Geschmack schon ein bisschen zu lang. Ich hoffe aber, dass das Ministerium zumindest die anderen Stellen sehr zügig besetzt.

Wie sieht es denn mit der Personalsituation auf den anderen Ebenen aus?

Wesseler Die ist stabil, wir bekommen am 1. September auch ein paar Kolleginnen und Kollegen mehr als wir im Lauf des Jahres abgeben. Aber wir sind in der Landeshauptstadt auch sehr belastet. Allein durch die Demonstrationen - jeder Konflikt dieser Welt kommt irgendwann in Form einer Demo in Düsseldorf an. Im Bereich der Kriminalitätsbekämpfung haben wir mit dem Projekt Anstiegsdelikte gezeigt, dass es funktioniert, wenn man genug Personal investiert: Die Zahl der Gepäckdiebstähle am Flughafen ist deutlich zurückgegangen, seit wir da mehr Beamte einsetzen.

Dafür sind zur gleichen Zeit die Einbruch-Zahlen drastisch gestiegen.

Wesseler Das ist ein großes Problem, nicht nur bei uns. Wir werden da jetzt wieder mehr Fahnder einsetzen, auch mit Hilfe der neuen Kollegen, die nächsten Monat kommen. Und wir arbeiten an einem neuen Konzept, das den Streifendienst mehr einbindet. Auch über engere Zusammenarbeit mit den Behörden in Belgien und den Niederlanden muss man nachdenken, ebenso über die Einbindung der Autobahnpolizei. Wir haben es überwiegend mit reisenden Tätern zu tun, da werden wir auch deren Reisewege mehr in den Fokus nehmen.

Eine Expertenkommission hat unlängst vorgeschlagen, Teile der Polizeiarbeit zu privatisieren, beispielsweise den Objektschutz. Was halten Sie davon?

Wesseler Das ist ein interessanter Vorschlag. Allerdings nur, wenn uns die 150 Stellen, die wir zurzeit ausschließlich für den Objektschutz haben, dann nicht gestrichen würden. Daran sind ähnliche Überlegungen früher gescheitert. Es wäre auch für unseren Nachwuchs gut. Viele motivierte, gut ausgebildete junge Kollegen wollen nicht nach Düsseldorf, weil sie hier das erste Jahr in den Objektschutz müssen. Und man muss bedenken, dass die Schutzmaßnahmen nicht weniger werden.

Zum Beispiel im Zusammenhang mit den Notaufnahmen für Flüchtlinge?

Wesseler Wenn es in Düsseldorf größere Unterkünfte gibt, wird die Polizei ganz sicher mehr gefordert, zum Schutz der Flüchtlinge, aber auch, um unter den Flüchtlingen Auseinandersetzungen zu schlichten. Die können schnell entstehen, wenn so viele Menschen auf engstem Raum zusammenleben. Objektschutz brauchen wir bislang bei den Unterkünften nicht. Ich hoffe, dass unsere Willkommenskultur in Düsseldorf so bleibt, wie sie ist. Ich habe den Eindruck, dass die Hilfsbereitschaft heute viel größer ist als in den frühen 1990er Jahren.

Trotz "Dügida"?

Wesseler Eher deswegen. Denn gerade der Rückzug von "Dügida" hat doch gezeigt, dass es hier kein Potenzial gibt, das sich in diese Richtung mobilisieren lässt. Der starke Protest gegen diese Aufmärsche hat das bewiesen.

Noch einmal zur Aufgabenumverteilung: Was halten Sie davon, dass das Präsidium Duisburg die Düsseldorfer Wache der Wasserschutzpolizei schließen will?

Wesseler Ich gehe davon aus, dass die Wasserschutzpolizei da ist, wenn wir sie benötigen. Sollte uns das personell belasten, wäre ich mit der Entscheidung nicht einverstanden. Das ist genauso wie mit der Reiterstaffel, die wir nach Bochum abgeben. Grundsätzlich finde ich bedauerlich, wenn ein Polizist, egal von welcher Dienststelle, aus der Landeshauptstadt abgezogen wird. Das ist kein gutes Signal.

Sie sind jetzt seit anderthalb Jahren im Amt. Was von dem, was Sie sich vorgenommen hatten, haben Sie denn schon erledigt?

Wesseler Ich denke, es ist gut gelungen, die Zusammenarbeit mit der Justiz weiter zu verbessern. Das kommt auch in meiner Behörde gut an, denn die Beamten sehen, dass sich etwas tut und dass wir tatsächlich mehr gefasste Straftäter auch in Haft bekommen.

Sie meinen jetzt das beschleunigte Strafverfahren bei eindeutiger Beweislage und die Möglichkeit der Hauptverhandlungshaft, damit sich Täter nicht vorm Prozess absetzen können?

Wesseler Ja. Das beeindruckt auch die Täter, wie ich aus der Justizvollzugsanstalt höre. Das wäre auch gut bei Einbrechern anwendbar.

Sie waren auch beteiligt am Kuttenverbot für Rocker. Das ist ja nun wieder aufgehoben worden,

Wesseler Ich finde, es war trotzdem erst einmal ein gutes Signal an die Rockergruppen, zu zeigen, dass wir etwas gegen Sie tun. Und dass Polizei und Justiz auf Entwicklungen gemeinsam reagieren.

Gibt es da noch mehr Bereiche?

Wesseler Bei den Gepäckdieben am Flughafen hatten wir auch deshalb so großen Erfolg, weil die Staatsanwaltschaft dafür eigens einen Dezernenten abgestellt hat. Eine ähnliche Kooperation haben wir für Fußball-Straftäter vorgesehen, die muss sich in der neuen Saison beweisen.

Und was ist das nächste Projekt?

Wesseler In Zusammenarbeit mit der Stadt und der Justiz ein Haus des Jugendrechts einzurichten. Die Stadt sucht schon eine Immobilie, in der alle Behörden, die zur Bekämpfung der Jugendkriminalität schon jetzt erfolgreich zusammenarbeiten, gemeinsam arbeiten. Das hat sich in anderen Städten bereits bewährt.

Haben Sie in der Zwischenzeit mal bereut, nach Düsseldorf gekommen zu sein?

Wesseler Nein. Es ist genau die spannende Herausforderung, die ich erwartet habe. Ich sag's aber mal so: Die Baustelle nervt. Nicht nur wegen des Lärms, sondern weil ich mich da viel mehr drum kümmern musste, als ich gedacht hatte. Aber andererseits bin ich sicher, dass sich 2019 das Gefühl einstellen wird, dass es sich gelohnt hat, den Umbau anzupacken.

Sie glauben wirklich, dass der Neu- und Umbau dann fertig ist?

Wesseler (lacht) Zumindest fast.

STEFANI GEILHAUSEN FÜHRTE DAS INTERVIEW.

(RP)
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