Analyse U3-Plätze in Kitas bleiben knapp

Düsseldorf · Die Stadt will demnächst 17 neue Kindertagesstätten in Betrieb nehmen. Trotzdem wird das Platzangebot nicht reichen. Mit Klagen rechnet das Rathaus nicht. Für Entlastung sorgen Tagesmütter. Doch viele von ihnen sind verunsichert.

 Ursula Langen fordert ein Konzept der Stadt für Tageseltern. Derzeit betreut sie (v.l.): Charlotte, Moritz, June und Aaron.

Ursula Langen fordert ein Konzept der Stadt für Tageseltern. Derzeit betreut sie (v.l.): Charlotte, Moritz, June und Aaron.

Foto: Hans-Jürgen Bauer

Die Betreuung von Kindern vor dem Schuleintritt stellt die Stadt vor Probleme. Die wichtigsten Fakten und Hintergründe im Überblick.

Haben Kinder ab drei Jahren schlechtere Chancen auf einen Platz? Zumindest gibt es Engpässe. Die Stadt will bei der Schaffung zusätzlicher Kita-Plätze Jungen und Mädchen ab drei Jahren wieder stärker in den Blick nehmen. Es gebe hier "Nachsteuerungsbedarf", sagt Jugendamtsleiter Johannes Horn. Das dürfte viele Eltern aufhorchen lassen. Denn "gefühlt" war es nach Einschätzung vieler schon lange so, dass derjenige die besseren Chancen hatte, der bereit war, seinen Nachwuchs bereits mit einem oder zwei Jahren in die Tagesstätte zu bringen. Immer wieder berichten Eltern von Ansagen aus Kitas, sie sollten das bloß so machen, sonst hätten sie "kaum eine Chance". Grotesker Nebeneffekt: Viele, die ihr Kind gerne länger selbst betreut hätten, geben es früher als geplant ab. Zur Jahreswende soll es für 17.234 Kinder von drei bis sechs Jahren 17.576 Ü3-Plätze geben. Entspricht einer Versorgungsquote von 102 Prozent. Ob Eltern im eigenen Wohnviertel oder in ihrer Wunsch-Kita Erfolg haben, steht freilich auf einem anderen Blatt.

Werden U3-Plätze fehlen? Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit. Nach großen Steigerungsraten geht - wegen des Nachsteuerungsbedarfs bei den über Dreijährigen - die Zahl der U3-Plätze in den Kindertagesstätten erstmals von 5274 auf 5259 zurück. Dank der Tagesmütter und -väter steigt die Gesamtzahl dennoch. Allerdings nur sehr moderat von 8251 auf 8383 im kommenden Kita-Jahr. Dass damit die Nachfrage gedeckt wird, scheint ausgeschlossen. Zumal Flüchtlingskinder in den Prognosen nur zum Teil enthalten sind. "Das Jugendamt geht im laufenden Kindergartenjahr von einer Deckungslücke von 1000 Plätzen aus", sagt Amtsleiter Horn. Prognosen für 2016/17 lehnen er und Jugenddezernent Burkhard Hintzsche ab. Das Vergabeverfahren, das die Vormerkungen aus dem Kita-Navigator zugrunde lege, beginne erst in der zweiten Märzhälfte.

Wird es Klagen auf Erfüllung des Rechtsanspruchs geben? Die Stadt rechnet nicht damit, auszuschließen ist es aber nicht. Eltern haben für Kinder ab einem Jahr einen Anspruch auf außerfamiliäre Betreuung. Der ist für Kinder bis drei freilich auch erfüllt, wenn Tagesmütter die Betreuung übernehmen. Entsprechend baut die Stadt diese Angebote aus. "Das boomt, der Ausbau klappt sehr gut", sagte Jugendamtsmitarbeiter Thomas Klein bei der Präsentation der Kita-Pläne.

Sehen das die Tagesmütter genauso? Bei weitem nicht alle. Beispiel Ursula Langen: In ihrer Düsseltaler Wohnung betreut die 47-Jährige vier Kinder. Ihre Beobachtung: Wegen des Drucks, den Nachwuchs möglichst früh in der Kita anzumelden, verliert sie ihre Zweijährigen. "Mein Konzept lebt aber von der Altersmischung. Die Jüngeren lernen von den Älteren und sind später stolz, nun selbst etwas zeigen zu können." Von der Stadt fordert sie, "endlich zu klären, für welche Kinder wir nun eigentlich zuständig sein sollen". Ein Konzept könne sie nicht erkennen. Auch fehle nach wie vor der angekündigte Navigator für Tageseltern. Hinzu komme, dass Eltern oft ungeplant abspringen. "Oft fühlt man sich nur noch als ausführendes Organ ohne Einfluss."

Ist die aktuelle Kita-Bedarfsplanung nachvollziehbar? Nicht in allen Punkten. Im Jugendhilfeausschuss war von insgesamt 1200 zusätzlichen Kita-Plätzen die Rede. Aktuell seien es 21.100, am 1. März 2017 liege diese Zahl bei 22.300. Wer jedoch die Steigerungen für U3 und Ü3 zusammenzählt, kommt nur auf ein Plus von 340 Plätzen. Hintzsche begründet dies so: 1200 sei eine Planzahl, die neu geplante Einrichtungen mit abbilde. "Aber nicht alle diese Plätze kommen fristgerecht. Es kommt immer wieder zu Verzögerungen. Daher der Unterschied."

Tut die Stadt genug? Sie gibt bei diesem Thema Gas. Laut Horn hat Düsseldorf von 2008 bis 2015 im Investitionsbereich 56,37 Millionen Euro verbaut. Davon seien fast 21 Millionen Euro eigene kommunale Mittel. 17 neue Kitas sollen bis Sommer 2017 in Betrieb gehen. Von 2008 bis 2016 stieg der kommunale Anteil an den Betriebskosten im Betreuungsbereich (einschließlich Mieten) von 76,6 auf 153,9 Millionen Euro.

(jj)
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