Prozesse vor Gericht Tierquäler immer brutaler

Düsseldorf · Eine Katze wird vom Dach geschubst, ein geknebelter Hund erstickt in einem Müllcontainer – und demnächst muss eine junge Tierhalterin vor Gericht, die ihren heimischen Mini-Zoo tagelang unversorgt allein gelassen hatte.

 Tierheim-Leiterin Katrin Porysiak mit Kaninchen Benjamin, das von seinem Besitzer ausgesetzt und völlig verwahrlost aufgefunden worden war.

Tierheim-Leiterin Katrin Porysiak mit Kaninchen Benjamin, das von seinem Besitzer ausgesetzt und völlig verwahrlost aufgefunden worden war.

Foto: RP, Thomas Bußkamp

Eine Katze wird vom Dach geschubst, ein geknebelter Hund erstickt in einem Müllcontainer — und demnächst muss eine junge Tierhalterin vor Gericht, die ihren heimischen Mini-Zoo tagelang unversorgt allein gelassen hatte.

Prozesse um Tierquälerei werden immer seltener — aber dafür geht es in diesen Fällen um immer brutalere Misshandlungen. Einen Trend zu immer mehr und immer härterer Gewalt gegen Haustiere liest Amtsrichter Dirk Kruse an den Fällen ab, über die er bisher zu urteilen hatte. So stieß ein Mann eine Katze mit einem Besenstiel vom Dach eines mehrstöckigen Wohnhauses in den Tod.

In Bahnhofsnähe trampelte ein frustrierter 23-Jähriger eine Taube grundlos zu Tode. In Rath hatte ein Hundebesitzer seinen Mischlingsrüden gefesselt und mit Klebeband um die Schnauze in den Müllcontainer geworfen und qualvoll sterben lassen. Und demnächst muss sich das Amtsgericht wieder mit einem krassen Fall von Tierquälerei befassen.

Auf der Anklagebank bei einer Strafrichterin wird dann eine 20-jährige Tierhalterin aus Unterrath sitzen. Mindestens vier Tage und Nächte soll die Frau ihre Pudelhündin im Mai ohne Wasser, Futter und ohne Möglichkeit zum Gassigehen in ihrer Wohnung eingesperrt und allein gelassen haben. Dursten und hungern mussten in diesem Mini-Zoo auch mehrere Meerschweinchen, eine Maus, eine Ratte, ein Teddyhamster, zwei Ziervögel und etliche Spinnen. Zwei Meerschweinchen und eine Spinne haben die Tortur nicht überlebt.

Nach Ursachen solcher Grausamkeit gefragt, muss Amtsrichter Dirk Kruse, der den Unterrather Fall nicht bearbeitet, allerdings passen: "Das lässt sich schwer festmachen, liegt aber vermutlich auch an der relativ geringen Strafandrohung." Zwar wurde der Strafrahmen für Tierquälerei zuletzt von zwei auf drei Jahre Haft angehoben. "Aber das sind doch eigentlich Peanuts", so der Richter, der selbst Hundehalter ist.

Er fordert, durch noch höhere Strafmöglichkeiten "zu einer Abschreckung zu kommen". Harte Strafen begrüßt auch der Deutsche Tierschutzbund. Dessen Sprecher Steffen Beuys hält es aber für erforderlich, dass solche Strafen in der Praxis von den Gerichten dann auch verhängt werden.

Zumal Beuys vermutet, dass sich neben den spektakulären und besonders krassen Fällen alltäglich noch "zigtausendfaches Tierleid" in deutschen Wohnstuben ereignet — und zwar überwiegend ungestraft. Diese Kleinkriminalität der Tierquäler füllt dem Tierheim permanent die Käfige und Gehege. Aktuellstes Beispiel ist Benjamin.

Das Schlappohrkaninchen (ein "Kleinwidder") war Ende Oktober in üblem Zustand in Urdenbach aufgefunden worden — ausgesetzt von einem bisher noch Unbekannten, der für das kranke Tier vermutlich die Tierarztkosten sparen wollte. Inzwischen konnte sich Benjamin im Tierheim wieder erholen — und ist obendrein in Sicherheit.

Unbekannt sind auch die Motive der 20-Jährigen aus Unterrath. Die Staatsanwaltschaft forderte, die Frau per Strafbefehl wegen Tierquälerei zu 3000 Euro Strafe zu verurteilen, entsprechend 100 Tagessätzen. Darüber soll nun aber in öffentlichem Prozess verhandelt werden. Als Termin dafür hat die Strafrichterin den 12. Januar festgesetzt.

(RP)
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